„Die Leute beschweren sich immer, sie hätten zu wenig Zeit, sitzen aber täglich drei, vier Stunden lang vor der Glotze.“
Bass für Job For A Cowboy: Nick Schendzielos im Interview
von Andreas Schiffmann, Artikel aus dem Archiv
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Ryan Martinie allein dürfte dich aber nicht zu deinem vielseitigen Stil geführt haben.
Natürlich nicht, ich bin dann schnell zu Leuten wie Jaco Pastorius oder Victor Wooten übergegangen – einfach zu allem, wo ich Potenzial erkannte, um mich weiterzuentwickeln. Nachdem ich mich lange auf die rechte Hand versteift habe, ist momentan die linke dran, und da ist bei mir noch viel Luft nach oben.
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Technik ist eine Sache, aber wie hast du dir dein theoretisches Wissen angeeignet und vor allem auch gelernt, es anzuwenden?
Ganz klar von Gitarristen. Speziell Tony ist jemand mit einem außerordentlichen Geschmack, wenn man bedenkt, dass er Death Metal spielt. Er steht auf Blues-Gitarristen, Hybrid und Chicken Picking, Leute wie Danny Gatton und so. Tony hat mir viel beigebracht, obwohl ich nach wie vor gerne nach Gehör spiele und das in bestimmten Situationen auch muss.
Zuhören zu lernen ist eines der wichtigsten Dinge, wenn man eine eigene Stimme entwickeln will. Der nächste Schritt besteht dann darin, das Gehörte auch in einen theoretischen Zusammenhang stellen zu können. Jason Suecof ist atemberaubend gut darin, selbst komplexe Akkorde beim Hören zu benennen, wohingegen ich noch lerne. Währenddessen versuche ich einfach, etwas Originelles zu spielen, das einen Song aufwertet. Und nach all den Alben, die ich bis heute mit verschiedenen Bands aufgenommen habe, geht es mir umso mehr darum, mich nicht zu wiederholen. Mit diesem Anspruch an sich selbst erweitert man sein Vokabular automatisch.
Victor Wooten hat auch wiederholt betont, wie viel ein gutes Gehör ausmacht.
Ja, er brachte mich auch dazu, auf Gesangsstimmen zu achten oder sogar gesprochene Worte zu transkribieren. Dabei lernt man unheimlich viel über Phrasierung und natürliche Atempausen in Musikstücken. Ich liebe Whitney Houston, also übertrage ich das, was sie in ihren Liedern sing, auf den Bass.
Du warst lange Warwick-Endorser, mittlerweile sieht man dich auch andere Marken spielen.
Ich habe seit ein paar Jahren keinen Exklusivvertrag mehr mit ihnen. Mein Kumpel Evan Brewer, der bei Fallujah spielt und mich weit in den Schatten stellt, ist genauso besessen wie ich, wenn es um die optimale Saitenlage und den besten Slap-Sound geht. Der hängt davon ab, wo du die Saite anschlägst, und zwar idealerweise an der Übergangsstelle des Halses in den Korpus. Beim Herumprobieren verliebte sich Evan in meinen Warwick Thumb, als ich gerade zu ihrem Dolphin wechselte, und machte mir gleichzeitig die Nase mit den Bässen von Daniel und Michael Tobias lang, die er vorzugsweise spielte. Auf einer Musikmesse testete ich dann einen MTD und war begeistert. Sie wollten mir ein Modell bauen, doch darauf durfte ich mich aufgrund meines Vertrags nicht einlassen. Schließlich erklärte ich Warwick, dass ich gerne die Freiheit hätte, andere Bässe auszuprobieren, sei es von Carl Thompson oder Rickenbacker, wofür sie vollstes Verständnis hatten. Ich liebe Bässe einfach und will mich nicht einschränken. Das ist so, als müsse man für den Rest seines Lebens eine Sorte Müsli zum Frühstück essen. Ich bekam dann einen MTD 534 nach meinen Vorstellungen gefertigt, mit 32“-Mensur und aus sehr harten Hölzern, die ich wegen ihrer direkten Ansprache und natürlichen Kompression bevorzuge.“
Du hast auch schon mit verschiedenen anderen Mensuren experimentiert, nicht wahr?
Ja, doch letzten Endes hängt das Spielgefühl auch davon ab, wo die Brücke montiert ist. Mein Warwick Infinity Custom hat beispielsweise eine 34er Mensur, die sich aber wie eine 36er anfühlt. Ich mag meine Saiten nicht zu straff, und mit der 32er Mensur des MTD lässt sich sogar ein fünf Millimeter dickerer Satz aufziehen, und die Spannung hält sich immer noch im Rahmen, ohne dass die B-Saite an Druck einbüßt.
In Sachen Verstärker und Boxen setzt du weiterhin auf Aguilar?
Überwiegend, ja, ich bin aber nicht an sie gebunden. Ich habe ihre leichtgewichtigen Modelle ausprobiert und muss sagen, dass sie zwar ihren Zweck erfüllen, aber nicht mit der schweren DB-Linie mithalten können. mit ihnen ausprobiert. Ich würde es mögen, es erfüllt seinen Zweck. Es ist so cool. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass ein Element in der Signalkette schwer sein muss. Du kannst etwa Neodym-Lautsprecher haben, wenn du sie mit einem Vollröhrenverstärker kombinierst, oder eine Digitalendstufe mit Boxen in einem schweren Gehäuse.
Wie sieht’s mit Effekten aus?
Oh, ich liebe Darkglass-Pedale und habe neulich ein paar interessante MXR-Geräte bekommen, darunter das Sub Machine Octave Fuzz. Außerdem mag ich das Jim Dunlop Signature-Wah von Tool-Bassist Justin Chancellor, das einen echten Praxiswert hat, wohingegen man die meisten anderen Bass-Wah-Pedale gar nicht richtig in einem Bandkontext einsetzen kann. Ansonsten begeistern mich das Electro-Harmonix C9 Organ Machine und diverse Aguilar-Treter. Meine Signalkette ist generell recht einfach gehalten. Der Bass geht direkt in einen API TranZformer LX Preamp, und als Kompressor kommt ein ELA 8X Distressor zum Einsatz. Slipknot-Bassist Alex Venturella, ein totaler Effekt-Nerd, hat mir noch den Hersteller Origin Effects empfohlen, den werde ich auch mal testen.