(Bild: Dieter Stork)
Wie der Name Decade schon vermuten lässt, kam der originale Bass damals zum zehnjährigen Jubiläum der Firma raus. Damals – das war 2004, seitdem ist der originelle Tieftöner in unterschiedlichen Versionen immer im Programm gewesen. Mittlerweile sind seit der Firmengründung 1994 schon dreißig Jahre vergangen. Herzlichen Glückwunsch dazu von unserer Seite, und herzlich willkommen zum Test des aktuellen Decade!
In den zwanzig Jahren, die es den Decade schon gibt, gab es Modelle aus den USA und Fernost, mit langer und kurzer Mensur, mit passiver und aktiver Elektronik – hier haben wir den aktuellen Skyline, gefertigt in Indonesien und fertiggestellt und eingestellt in Chicago.
AUFBAU
Der Korpus aus Mahagoni hat seine ganz eigene Form bekommen, kompakter und knubbeliger als die sonst üblichen Lakland-Bodys. Neben der Optik soll auch das Gewicht reduziert werden, ein Leichtgewicht ist mein Test-Decade trotzdem nicht. Der vierfach mit separaten Metallunterlegern verschraubte Hals ist aus Ahorn mit liegenden Jahresringen, das Griffbrett aus schön gefärbtem und gemasertem Palisander. An Zierrat wurde nicht gespart: schicke große Blockinlays markieren die Lagen, ein weißes Binding fasst das Griffbrett ein. Da sollen die Bünde nicht nachstehen – 20 aus Neusilber wurden sauber eingesetzt, an den Enden abgerundet, und zwecks bester Bespielbarkeit noch vom Vertrieb mit der Plek-Maschine bearbeitet, einem automatischen, computergesteuerten Verfahren zur exakten Bundabrichtung.
Ein schönes Detail zeigt die typische Lakland-Kopfplatte, die eine der elegantesten Fender-Derivate darstellt. Für einen Matching Headstock wurde die Vorderseite im gleichen weiß lackiert, das schon perfekt den Korpus einhüllt, dabei wurde die Farbe bis fast an den Graph Tech Sattel aufgetragen, wo eigentlich schon Palisander zu sehen wäre. Schön gemacht! Um den Bass nicht kopflastig werden zu lassen, sind die bewährten US-Hipshot-Ultralite-Mechaniken verbaut. Die Brücke am anderen Ende lässt die Saitenführung durch die Bridge oder durch den Korpus zu; mit durch den Body geführten D‘Addario EXLs wird der Bass auch ausgeliefert.
(Bild: Dieter Stork)
Zwei Rillen für die äußersten Saitenreiterschrauben sollen selbige auch bei enthusiastischerem Spiel an Ort und Stelle halten. Die ovale Form der Brücke ist ein echter Geniestreich, reicht ihr Anblick alleine doch schon aus um klarzumachen, dass man es mit einem Lakland-Bass zu tun hat. Prägend am Decade sind auch das große dreischichtige Schlagbrett und die ebenfalls ziemlich großen Tonabnehmer. Die allerersten Decades hatten Darkstar-Pickups, Nachbauten von Hagströms Bi-Sonic-Abnehmern aus den 60ern, die ihren Weg auch in Guild Bässe fanden, und damit in die ersten Alembicierten Starfire Bässe. Aber ich schweife ab …
(Bild: Dieter Stork)
Die für ihren charakteristischen Sound gesuchten Pickups inspirierten Lakland dazu, eine eigene Version zu entwickeln. Im Soapbargehäuse steckt ein vergossener und gut abgeschirmter Singlecoil, der auf Chi-Sonic hört, ein schönes Wortspiel aus Bi-Sonic und Chi-Town, einem Spitznamen von Laklands Heimatstadt Chicago, wo die Pickups auch gebaut werden. Auffällig ist die Positionierung mit dem vorderen Abnehmer praktisch direkt am Halsende, während der andere sich an normalerer Stelle findet. Geregelt wird über zwei Volume-Regler und eine gemeinsame Tonblende. Einige Zentimeter Kabellängen mehr als unbedingt nötig zeigen sich im E-Fach, allerdings auch gute Alpha-Potis und saubere Lötarbeiten.
(Bild: Dieter Stork)
Praxistest und Resümee auf Seite 2 …
(Bild: Dieter Stork)
IMMER NOCH EIGEN
Am Gurt hängt der Decade ruhig und knapp über der Waagerechten, das mittlere Gewicht von 4 Kilo und die leichten Mechaniken passen optimal zusammen. Der Hals hat Jazz-Bass-ähnliche Maße bekommen und liegt entsprechend gut in der Hand. An der Einstellung aus dem Karton, in dem es leider kein Gigbag gibt, ist absolut nichts zu meckern, trotzdem drehe ich nochmal an allen Stellschrauben: Der Zugang zum 2-Wege-Stahlstab ist offen zugänglich, was ich immer begrüße, zumal wenn es so elegant gemacht wird wie hier. Es ist nur etwas Vorsicht geboten, den Lack nicht einzudrücken. Die Oktave passt perfekt, in Sachen Saitenlage lässt die sauber ausgeführte Geometrie aus Halswinkel und Brückenhöhe noch etwas Raum nach unten, was die saubere Bundabrichtung schnarrfrei zulässt.
Ungewohnter wird es für die rechte Hand. Die Saitenabstände sind normal, aber die Möglichkeiten, den Daumen auf den Pickups abzustützen sind zwar angenehm breit und dank der von unten gegendrückenden Federn auch sehr stabil, aber vor allem am Hals doch sehr anders gelegen als beim normalen Preci oder Jazz Bass. Wenn man sich drauf einlässt, ist der Gewöhnungsprozess aber ein kurzer. Der unverstärkte Ton ist schön breitbandig mit gutem Attack und Sustain. Deadspots sind Fehlanzeige, ebenso Unsauberkeiten in den hohen Lagen durch magnetischen Zug, was gerade bei Abnehmern so dicht am Griffbrettende gerne problematisch ist. Für sich gespielt fangen sich die Pickups singlecoil-typische Einstreuungen ein, durch die gute Abschirmung aber nicht mehr als nötig. Sind beide aufgedreht, ergänzen sie sich zum Humbucker.
Der laute Steg-Pickup gibt sich am Amp Jazz-Bass-ähnlich, mit mehr und tieferem Fundament und freundlichem Bellen. Mit der gleichmäßig arbeitenden Tonblende, die über den gesamten Regelweg nutzbare Ergebnisse bringt, wird es Jaco-esker, ohne die ganz knackige Mittennase zu bekommen, für die dann noch am Amp gedreht werden muss.
Der nicht minder laute Halspickup, der beim Decade seinem Namen alle Ehre macht, klingt fett, aber trocken, und mit schönem, seidigen Höhenbild, was dem Bass einen fast akustischen Touch gibt. Außerdem höre ich Anklänge an den an ähnlicher Stelle sitzenden Abnehmer beim Höfner Beatle Bass, aber deutlich erwachsener und fester. Wenn das Ganze noch mehr in die Sixties-Blues/Beat/ Jam-Band Richtung soll, hilft auch hier wieder die Höhenblende. Dank langer Mensur und Ahorn/Palisander-Schraubhals sind die Ergebnisse andere als beim berüchtigten Mudbucker, dennoch hat der Abnehmer so tonnenweise Retroattitüde.
Mit beiden Pickups voll aufgedreht kommt ein ordentlicher hohler Honk ins Spiel. Das klingt mit Fingern und Pick gespielt gleichermaßen originell und ist erstaunlich vielseitig einsetzbar, wenn mit den Volume-Reglern gearbeitet wird. Die agieren leider nicht so selbstverständlich gleichmäßig wie die Höhenblende. Zwar drehen sie mit sehr schönem, sahnigen Widerstand auf dem ganzen Weg, klanglich passiert aber nur auf den ersten Millimetern etwas. Diese Millimeter haben es aber in sich!
Bis zu dem Punkt, wo bei einem Volume-Poti noch ordentlich Regelweg vorhanden ist, es aber praktisch klingt wie der andere Pickup solo, tun sich sehr schöne Mischungen auf. Diese setzen die unterschiedlichen Grund-Sounds der Abnehmer zu immer neuen und immer nutzbaren Farben zusammen, was dann noch mit der nun schon oft genug gelobten Tonblende verfeinert werden kann. Diese viel Fingerspitzengefühl erfordernde Arbeit lohnt sich also unbedingt!
Apropos Fingerspitzengefühl: Das braucht man auch zum Slappen. Beim Saitenanreißen ist der Hals-PU praktisch zwangsläufig im Weg, aber der Ton ist wirklich interessant.
RESÜMEE
Auch nach zwanzig Jahren ist der Decade in seiner aktuellen Inkarnation ein spannendes Instrument. Ein eigenes Styling und ein sehr eigenes Layout der firmeneigenen Chi-Sonic-Pickups sorgen für Retro-Flair, die lange Mensur, die exzellente Bespielbarkeit und die gute Hardware geben Mainstream-Appeal dazu. Flexibler als man meinen könnte, ist der Decade ein klarer Anspieltipp für Individualistinnen und Individualisten, die abseits der drölfzigsten Kopie ein ebenso hochwertiges wie idiosynkratisches Arbeitsgerät suchen. Auf die nächsten Dekaden!
PLUS
- Sounds
- Bespielbarkeit
- Pickups
- Optik
- Verarbeitung
MINUS
- Regelweg Volume-Potis
- kein Gigbag
(erschienen in Gitarre & Bass 02/2024)