VOX Virage Single Cutaway/Double Cutaway im Test

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Zwei VOX-Gitarren, halbakustisch, stehend, in weiß und rot
(Bild: Dieter Stork)

Vox-Amps kennt jeder, die sind untrennbar mit unserer elektrischen Musikgeschichte verbunden. In den Zeiten des Beat gab es zwar auch schon einmal Vox-Gitarren, aber die konnten sich nicht annähernd gut positionieren. Das mag sich nun ändern, denn bei den aktuell vorgestellten Vox- Electrics handelt es sich um hochinteressante Designs voller Neuerungen. Zum Test stehen die Flaggschiffe der ideenreichen neuen Produktlinien bereit, die Virage-Semi-Hollowbodys.

 

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„Introducing the missing link between playing ease and perfect sound … Vox Virage.“ Soll wohl heißen: wir Kleckern nicht, wir Klotzen! Nichts gegen gesundes Selbstbewusstsein, wenn etwas dahinter steckt und das ist hier tatsächlich der Fall. Die vorliegenden Virage-Versionen sind bis ins Detail souverän durchkonstruiert von einem Team um Rich Lasner, Kopf des R&D-Departments und Vox-Vizepräsident. Gefertigt wird mit modernsten Methoden in Japan auf der Grundlage hochwertiger Materialien, unter Einbezug der neu entwickelten originellen CoAxe-Pickups und eigenständiger Hardware. Da weiß man gleich: kein billiger Kram, sondern ernstzunehmendes Handwerkszeug von hoher Qualität und das hat natürlich mit Recht auch seinen Preis.

Konstruktion der VOX Virage Single Cutaway/Double Cutaway

Auf den ersten Blick wirken die Virage-Modelle eigentlich ziemlich konventionell. Dahinter verbirgt sich aber ein wohldurchdachtes Konzept mit manchen Neuerungen und vielen interessanten Details. Das grundlegende Bauprinzip fußt auf einem Korpusblock mit großzügig gefrästen Hohlräumen (Integral Tonebar Construction). Im Gegensatz zum sonst üblichen Centerblock reichen bei den Virage-Gitarren zwei parallel geführte Holzbarren bis unter die Brücke, um dort jeweils eine der Brückenschrauben aufzunehmen. Diese Konstruktion soll eine nach Bass- und Diskantsaiten getrennte, besonders resonant-transparente Schwingungsübertragung der unterschiedlichen Frequenzbereiche gewährleisten.

Eine massive Decke mit elegant gestylten f-Löchern (Single Cut eins/Double Cut zwei) komplettiert den Korpus. Besonders bemerkenswert ist dessen dreidimensional ausgeführte Konturierung zur besonders komfortablen Handhabung und Anlage – moderner CNC-Technologie sei Dank. Besonders beim größeren Double-Cut-Modell wirkt der gesamte Korpus wie gebogen, um sich dem Spieler bestmöglich anzupassen. Konturiert sind Decke und Boden, aber auch der Übergang zum Hals, um den Zugang zu den hohen Bünden zu optimieren. An Tonholz wird für den Korpus wahlweise Mahagoni, Esche, oder auch Eschendecke auf Mahagonibasis angeboten, abhängig von der Lackierung (und vom Kundenwunsch).

Der Hals aus Mahagoni ist bei beiden Modellvarianten mit dem sogenannten „Custom Carved Neck Joint/Long Tenon“ tief in den Korpus eingesetzt, um Tontransport und Spielkomfort zugleich zu fördern. Das eingebundene Griffbrett aus Palisander (Radius 12″) wurde mit 22 Medium Jumbo- Bünden und Mother-of-Pearl-Inlays ausgestattet. „Vox Super Smooth Custom Tuners“ mit speziell konturierten Drehknöpfen sind auf die leicht abgewinkelte Kopfplatte mit eingebundenem schwarzem Layer montiert, von der aus auch der eingelegte Halsstab zu erreichen ist. Die Saiten schwingen in einer Mensurlänge von 638 mm zwischen einem Knochensattel und der „Custom Vox Full Contact“-Aluminiumbrücke. Das ist ein sehr interessant konstruierter Einteiler mit individuell justierbaren Einzelreitern und ausladender Fädelaufhängung, von der aus die Saiten in gutem Winkel auf die Böckchen gebracht werden.

Die Elektrik der Virage wartet mit den höchst originellen „CoAxe“-Pickups auf, die von Eric Kirkland, Mitglied des G-Rok Teams (Vox Guitar R&D) und zuvor u. a. lange Jahre im Gibson Custom Shop tätig, entwickelt wurden und eine ungewohnte Beweglichkeit versprechen. Es handelt sich um Tonabnehmer mit zwei Spulen, die allerdings nicht Seite an Seite wie bei den üblichen Humbuckern positioniert wurden, sondern coaxial angelegt sind. Die innere Abnahmespule schließt die in der Mitte befindlichen ferromagnetischen Polepieces ein. Die außerhalb der Abnahmespule befindlichen Pole (Blades) sind von einer weiteren Spule eingeschlossen, welche der Unterdrückung von Nebengeräuschen dient. Mit zwei Dreiwegschaltern lassen sich bei diesem originellen Pickup-Design per Tap (Abgriff unterschiedlicher Wicklungen), bzw. Zusammenschaltung beider Spulen für jeden einzelnen Tonabnehmer getrennt drei Klangebenen abrufen: Singlecoil, P-90 und Humbucker. Der größere zusätzliche Dreiwegschalter unter den jeweils generell arbeitenden Volume- und Tone-Reglern mit griffigen schwarzen Knöpfen dient der Anwahl der Pickups im klassischen Sinn. Die Tonabnehmer zeigen im Übrigen in beiden Positionen identische Widerstandswerte von 7,7/5,8 kOhm (je nach Schaltstellung des Mode-Schalters).

Beide Gitarren-Versionen verfügen letztlich auch noch über ein schwarz/weiß geschichtetes Schlagbrettchen mit abgeschrägten Kanten und große Gurtpins. Die Anschlussbuchse befindet sich auf der Zarge unten hinten. Wie bereits erwähnt, ist die japanische Fertigung der Virage-Gitarren über jeden Zweifel erhaben, alle Details sind auf den Punkt gebracht, die hochglänzende Acryl-Lackierung und das finale Setup wurden in Perfektion ausgeführt.

VOX Virage Single Cutaway/Double Cutaway in der Praxis

Das Versprechen „Perfect Fit, Perfect Feel“ wird von den Vox-Virage-Gitarren uneingeschränkt eingelöst, wenngleich von jedem Modell auf eigene Art. Die Double-Cut- Ausführung punktet mit ihrem quasi auf den Spieler zugebogenen Korpusprofil, die Gitarre liegt perfekt an und richtet sich bestens aus. Bei dem Single-Cut-Modell sind es eher die kräftig an den Zargen abgerundeten Korpusränder der Rückseite, die für den hohen Spielkomfort sorgen. Beide Gitarren sind zudem ungemein leicht und verfügen über rundlich gestaltete, aber höchst griffige Halsprofile mit optimalem Zugang zu den hohen Lagen.

Auf die erste Plektrumattacke antworten die Schwestern mit lässig präzisem Respons. Der hohle Korpus bringt sich mit schönem akustischem Flair im kraftvoll und leicht drahtig artikulierenden Ton in Erinnerung. Transparent in der Stimmverteilung, stark in den Grundfarben, gutes Schwingverhalten – alles da.

Elektrisch bietet das Schaltkonzept in Verbindung mit den hochinteressanten Pickups eine ganze Reihe von potenten Sounds mit klar definierten Akzentuierungen. Dabei sind die Sprünge in den jeweils drei Schaltstufen (Clean, Crunch, Lead) pro Mode-Switch für jeden einzelnen Tonabnehmer weniger drastisch, als eher aufbauend gestaffelt angelegt. Die CoAxe-Pickups lassen die Virage demgemäß in einer Spannweite von samtig rund, über perlend breit, bis hell offen ertönen. Das wirkt fast wie drei sehr organisch angelegte Filterstufen, denn die inneren Frequenzbilder im Akkord wechseln partiell ihre Intensität und damit ihre farbliche Gewichtung. Stets aber bleibt als verbindende Ebene in diesen Abstufungen die harfenähnliche Auflösung der Akkorde in ihre Stimmen erhalten. Das Klangbild ist plastisch und transparent zugleich. Der CoAxe am Steg setzt die verschiedenen Farbebenen natürlich positionsbedingt stärker in Szene, als sein milder tönender Kollege am Hals.

Hervorzuheben ist auf jeden Fall die Kombinationsschaltung beider Pickups, welche eine ungewohnt variable Klanggestaltung zulässt. Hier lässt sich mit allen Schaltstellungen der beiden Mode-Switches auf den Sound zugreifen, was z. B. für rhythmisches Begleitspiel tolle klangfarbliche Differenzierungen ermöglicht. Zerrpositionen des Verstärkers eröffnen ebenfalls eine ganze Reihe von bestens definierten Tonabstufungen. Die CoAxe-Pickups übersetzen auch hier die semiakustisch geprägte Tonsubstanz in kräftig zupackende, dynamisch bestens zu steuernde Sounds. Saftig, offen und perkussiv schnalzend kommt der Hals-Pickup in Stellung, wiederum natürlich bestens abzustufen in seinem Frequenzbild ganz allgemein und seinem Hoch-, bzw. Obertonspektrum im Besonderen.

Der Steg-Pickup kommt mit präsent kompakten, bei Bedarf auch heißen und bissigen Sounds zum Ohr. Er lässt Powerchords luftig und konturstark zugleich aus den Speakern federn und glänzt bei Leads mit klar definiertem Ton. Die Plektrumaktion wird bestens herausgestellt, das Instrument reagiert agil und dynamisch auf den Anschlag. Die Bandbreite reicht bei gleicher Einstellung von fast klarer Wiedergabe bei sanfter Aktion bis zum bissigen Aufschrei bei harter Saitenattacke.

Die vielfachen Differenzierungsoptionen lassen sich an dieser Stelle gar nicht erschöpfend darstellen, das ist eine weite Spielwiese in Sachen Klang, die sich dem Spieler erst nach und nach erschließt. Schön ist, dass eigentlich jede Schaltposition etwas für sich hat. Das Instrument gibt seinem Spieler eine optimale Beweglichkeit zur Anpassung an verschiedenste musikalische Umgebungen. Die vorliegenden Modellvarianten unterscheiden sich natürlich allein schon von den eingesetzten Tonhölzern her. So ist die Mahagoni-Gitarre (Double Cutaway) im Vergleich etwas sanfter und wärmer in ihrem Timbre; die Eschen-Variante kommt dagegen vor allem in härteren Gangarten definierter und insgesamt bissiger rüber. Beide Gitarren bieten auf alle Fälle absolut hochklassige frische Sounds und stellen sich mit dieser leichten Akzentverschiebung den Spielern unterschiedlichster Stilrichtungen zur Wahl.

Resümee

Klasse, was Vox uns mit diesen spieltechnisch ungemein praxisorientiert und klanglich bemerkenswert flexibel ausgerichteten Designs an die Hand gibt. Die Virage-Modelle sind angenehm leicht, dank dreidimensionaler Korpuskonturierung und perfekt gestaltetem Halsprofil bestens zu spielen und bieten mit ihrer semiakustischen Konstruktion wunderbar leichtfüßig intonierende Klänge. Nimmt man die variable Schaltvielfalt der starken CoAxe-Pickups und die originelle funktionsstarke Hardware hinzu, so haben wir es mit einem überaus frisch gedachten Instrument zu tun, das überraschend starke Akzente setzt. Holzauswahl und Verarbeitung sind überdies von zweifelsfreier Güte. Da steckt also in so gut wie jeder Hinsicht große Ideenkraft in diesen Virage-Designs. Was Vox hier auf die Beine gestellt hat, ist einfach großartig. Die aufgerufenen Preise für diese hochmodernen Qualitätsinstrumente sind zwar nicht von Pappe, aber im Laden sollten die Gitarren dann etwa bei 2,5 T liegen und das sind sie unbedingt wert. Toller Wurf – Hut ab!

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