Punktlandung!

Vollbedienungs-Fuzz: Kernom Moho Fuzz im Test

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(Bild: Kernom)

Wie wäre es, wenn ein einziges Pedal nahezu alle Wünsche an das Klanguniversum Fuzz erfüllen würde? Mit dem Moho stellt sich der Pariser Hersteller Kernom dieser Aufgabe. Gibt es eine Chance auf ein kleineres Pedalboard?

Fuzz-Sounds sind schwer in Mode. Mancher Musiker strebt nach Vintage-Klängen, mancher nach endlosem Sustain und wieder andere nach ungewöhnlichen Verzerrungen, die sich mit Overdrive und Distortion so nicht umsetzen lassen. Mit welchen Zutaten der jeweilige Hersteller seine Elektronik würzt, ist mitunter eine Geheimwissenschaft.

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Kernom geht das Thema mit einem eigenen modernen Ansatz an. Das Moho will nicht nur Fuzz-Sounds in erstklassiger Qualität liefern, sondern mit einer patentierten Schaltung namens „Analog Morphing Core“ auch eine unerreichte Klangvielfalt bieten. Dahinter steckt eine Elektronik, die die non-linearen Elemente der Zerrstufe in ihrer Charakteristik veränderbar macht. Resultierend lassen sich unterschiedliche Arten der Verzerrung (etwa symmetrisches oder asymmetrisches, Soft- oder Hard-Clipping) und der Grad der Kompression variabel und vor allem auf rein analoger Ebene steuern, für die man ansonsten abweichende Schaltungen oder gar mehrere Pedale benötigen würde.

SCHMUCKSTÜCK

Die Elektronik ist in einem hochwertigen, massiven Alu-Gehäuse im minimalistischen Tech-Industrie-Design untergebracht. Der Look entspricht dem hauseigenen Ridge Overdrive, nur dass für die matte Lackierung ein gelbliches Orange gewählt wurde. Platzsparend ist das Gehäuse nicht gerade, dafür aber ein echter Hingucker! Es ist neben Ein- und Ausgängen mit MIDI-Schnittstellen (3,5 mm, Typ A), zwei Fußtastern, sechs Reglern und einem Expression-Pedaleingang üppig bestückt. Die Stromversorgung erfolgt über ein optionales Standardnetzteil.

REGLER, PRESETS, CONTROLLER

Die zentrale Schaltung besteht aus mehreren interaktiven Parametern. Hinter Mood steckt der Kern der analogen Morphing-Schaltung. Stufenlos überblendet man dabei zwischen den Bereichen Early Fuzz, Vintage Psychedelic, Grunge, Edge Modern und Ring Modulator – anders formuliert von oldschool zu modernen zu bizarren Klängen. Weiter regelbar sind die Intensität der Verzerrung (Fuzz), die Ausgangslautstärke und die Klangfarbe: Mit Pre Tone justiert man den Anteil tiefer Frequenzen in der Zerrerschaltung und beeinflusst damit nicht nur den Bassanteil, sondern auch den Charakter der Verzerrung sowie das Spielgefühl. Der Höhenanteil wiederum ist hinter der Verzerrung (Tone) regelbar. Schließlich gibt es den Parameter Electricity, der einen regelbaren Oktaveffekt ergänzt (auf- oder abwärts) beziehungsweise die Frequenz des internen Oszillators für die Ringmodulation in der entsprechenden Mood-Position justiert.

PRAXIS

Das Moho ist ein ausgesprochen leistungsfähiges Fuzz-Pedal. Man kann sich an den Reglern austoben, bis der Klang stimmt und jederzeit über den rechten Fußschalter in den True-Bypass-Modus wechseln. Jeder der sechs Regler hat dabei eine fest zugewiesene Funktion. Wem das nicht geradlinig genug ist, der wird dieses Pedal vermutlich nicht staunend begutachten.

Durch Drücken des linken Fußschalters kann man ganz einfach seine favorisierte Einstellung jederzeit ablegen und wieder aufrufen. Über MIDI lassen sich sogar 128 Speicher befüllen, die sich über Programmwechselbefehle aufrufen lassen. Das eröffnet eine erheblich höhere Klangausbeute als mit nahezu jedem Mitbewerber. Wen kümmert es da, dass die Regler nach einen Wechsel des Speicherplatzes nicht mehr richtig stehen? Immerhin lässt sich jederzeit auf die aktuelle Reglereinstellung wechseln. Da es dem Moho an einem Display mangelt, ist eine Namensgebung am MIDI-Sender zur Orientierung empfehlenswert. Ferner lässt sich in der aktuellen Version der Bypass-Status leider nicht speichern. Hier sollte der Hersteller nachbessern.

Ergänzend ist es möglich, sämtliche Parameter über Controller-Befehle zu adressieren und diese beispielsweise über einen Computer zu automatisieren.

Über ein Expression-Pedal lässt sich schließlich zwischen der aktuellen Reglereinstellung und dem Favorite-Speicherplatz überblenden. Alternativ lässt sich ein solches Morphing aber auch über MIDI realisieren. Ein Expression-Pedal sollte man also gegebenenfalls zum Kaufpreis hinzurechnen, denn es wertet die Möglichkeiten der Klangformung nochmals mächtig auf und erlaubt es, Dynamik in die Klangfarbe Fuzz zu bringen.

Klang und Resümee auf Seite 2

Das Moho bietet einen Expressionpedal-Eingang und MIDI-Schnittstellen (Bild: Kernom)

KLANG

Das Klanguniversum von Fuzz-Pedalen fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Tatsächlich lässt sich „Fuzz“ eigentlich gar nicht klar charakterisieren, weil er so unterschiedliche Schattierungen aufweist. Es reicht von Muff-artigem Crunch über triefend fette Sounds mit Vintage-Patina bis hin zu völligem Zerrchaos, das durch Oktaveffekte oder Ringmodulation nochmals überprägt wird. Abhängig vom Zusammenspiel der Gain-Intensität und der beiden Klangregelungen gelangt man zu variablen dichten Verzerrungen und Gated-Sounds und sogar in Bereiche, die nicht mehr vollständig kontrollierbar sind, weil die Schaltung selbst zu oszillieren beginnt. In aller Regel tönt es dabei nicht „natürlich“ oder gar nach einem realen Verstärker, sondern eher intensiv, ungewöhnlich und „anders“. Genau das macht diese Effektkategorie aus! Und selbst wenn ich einräume, dass der wenig straffe Fuzz-Grundton eher nicht meine Präferenz trifft, so gehört wenigstens ein Pedal dieser Sparte in jede Sammlung!

Die meisten Fuzz-Pedale weisen ganz spezifische Stärken auf. Darunter finden sich jede Menge Spezialisten, die sich auf Klassiker beziehen oder eigene Ansätze verfolgen. Daneben gibt es Universalisten mit größerem Klangspektrum. In allen Fällen sind die Regler dabei exakt in Position zu bringen.

Das Moho ist ein klarer Universalist mit herrlich flexiblem, umfassend formbarem Klangcharakter, der durch seine Speicher- und Steuerbarkeit auf dem Pedalboard eben nicht nur auf einen Sound festgelegt ist. Ich kenne kein Fuzz, das diese Funktionen in einem analogen Pedal vereint.

Das Klangspektrum reicht von leicht geboosteten Klängen über kräftige, satte Verzerrungen, die sich flexibel im Bass- und Höhenanteil kontrollieren lassen, bis hin zu gestört kaputten Signalen. Dank Mood-Regler hat man innerhalb dieses Bereichs eine breite Palette von Klängen. Durch die ergänzend zumischbaren Sub- oder Oberoktaven lassen sich etliche abgefahrene Klangfarben finden und zudem charakteristische Sounds nachbilden, die man beispielsweise von Jimi Hendrix kennt. Noch abgedrehter wird es mit dem regelbaren Ringmodulator, der Nutzsignal und Hilfsoszillator miteinander multipliziert und so in eine eigenständige disharmonische Richtung führt.

Zusammenfassend ist das Klangspektrum sensationell vielfältig. Ich stelle die These auf, dass man dank der zahlreichen Regler zu etlichen stimmigen Ergebnissen gelangen wird und damit tatsächlich mehrere andere Fuzz-Pedale ersetzen kann. Was mich stört? Bei extremen Klängen hätte ich mir eine regelbare Mischung mit dem Originalsignal vorstellen können – so könnte man auch den Anteil der Ringmodulation per Expression-Pedal dazumischen.

RESÜMEE

Punktlandung! Es dürfte kaum ein flexibleres Fuzz-Pedal als das Kernom Moho derzeit auf dem Markt geben. Dazu ist auch die Klangqualität großartig. Das Moho avanciert somit direkt zu meinem Fuzz-Favoriten. Der Preis von etwa 350 Euro ist sicherlich kein Schnäppchen, man sollte aber bedenken, dass man dafür ein analoges Pedal mit Speicherplätzen erhält, das gleich mehrere andere Fuzz-Pedale ersetzen kann. Und da man ohnehin nie genug Zerrer besitzen kann, darf man sich das Moho auf jeden Fall auf die persönliche Wunschliste setzen!

PLUS

  • sehr flexibles Fuzz-Pedal
  • Speicherplätze
  • Octave Up/Down, Ringmodulator integriert
  • steuerbar über Expression-Pedal

MINUS

  • Bypass-Status nicht speicherbar


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2024)

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