4 x 5 = 75!

Vintage REVO VRS65 Surfmaster Thinline Squad im Test

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(Bild: JHS)

Warum denn nicht? Wo Platz für drei Pickups ist, da passt auch ein vierter hin! Genau das hat sich die englische Firma Vintage auch gedacht und in der brandneuen Surfmaster Thinline Squad aus der ebenso neuen REVO-Serie diese irre Idee umgesetzt.

Es ist schon erstaunlich, was Gitarrendesigner und Pickup-Entwickler Alan Entwistle und das Vintage-Designer-Team um Trevor Wilkinson immer wieder auf die Beine stellen. Mit der neuen REVO-Serie scheinen sie sich nun selbst übertroffen zu haben, nicht nur in der schieren Anzahl verschiedener Modelle, sondern – soviel schon vorab – auch in der Performance-Preis-Ratio!

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REVO

REVO steht für Retro Vintage Originals – und somit ist die Richtung schon einmal angedeutet. Die nächste Fahrt geht also rückwärts, zurück in das Goldene Zeitalter der E-Gitarre, mitten hinein in eine Ära, in der Aufbruchstimmung, Optimismus und Zuversicht vor allem die junge Generation prägten. E-Gitarren spielten damals eine zentrale Rolle in diesem kulturellen Wandel und die REVO-Serie knüpft genau dort an, auch – und das unterstelle ich den Designern jetzt einmal – um an diesen Geist von damals zu erinnern. Gottseidank haben sie sich verkniffen, die alte Klassiker einfach nur zu kopieren, sondern ließen sich von ihnen zu neuen, frischen und manchmal auch abenteuerlichen Designs inspirieren. Gut so!

Das aktuelle REVO-Programm umfasst derzeit 15 Gitarren- und zwei Bass-Modelle, und als Inspirationen dienten von Strat, über Tele bis hin zu Mustang, Jazzmaster und Höfner Thinline diverse klassische Designs, die von den Engländern in aller Frische gekonnt durch die Mangel gedreht wurden.

Vier Pickups plus 5-facher Klangschalter = 75 Sounds (Bild: JHS)

Nehmen wir uns doch mal die vorliegende Thinline Surfmaster Squad gleich als Beispiel für solch eine spezielle Reise in die Vergangenheit vor. Das Mindset der Brainstorming-Session bei Vintage war bestimmt: Lasst uns eine Offset-Gitarre mit den Fender-Ikonen Jaguar und Jazzmaster als Ausgangspunkt schaffen, die sich in folgenden Punkten vom Original unterscheiden soll:

  • vier Pickups statt zwei (à la Teisco, Hertiecaster & Co.)
  • vier Schiebeschalter (à la Fender Jaguar) zum individuellen Aktivieren der Pickups
  • ein Fünffach-Kondensator-Drehschalter (à la Gibson Varitone)
  • Free Floating Vibratosystem (à la Fender Jazzmaster/Jaguar), in Verbindung mit einer festen roller-bridge und staggered Mechaniken
  • eine Mensur mit 628 mm (à la Gibson)
  • ein mit 48 mm recht starker Korpus nach dem Thinline-Prinzip, also mit Hohlkammern und einem F-Loch, sowie einem schicken Double-Binding

So, oder so ähnlich, wird das Brainstorming bei Vintage wohl ausgesehen haben. Als Ergebnis dieser Sitzung läuft nun die Thinline Surfmaster Squad in China vom Band und will die Retro-Fans auf der ganzen Welt mit ihrem ganz besonderen Offset-Appeal in die Leichtigkeit des Seins entführen. Wird es ihr gelingen?

Das Offset-Floating-Vibratosystem sitzt etwas näher an der Brücke als gewohnt und erhöht damit den Saitendruck auf die Reiter. (Bild: JHS)

TWANGTONE

Die Surfmaster macht nicht nur ihrem Namen alle Ehre, sondern sie kommt trotz aller Anleihen an die kalifornische Gitarrendesign-Stilistik mit einem typisch-britischen, eigenen Charakter daher. Und dies fängt schon bei der Anzahl der Pickups an. Denn mal im Ernst: Wer braucht eigentlich vier Pickups? OK, mehr ist mehr, das stimmt. Ich verbuche die Entscheidung für dieses Quartett Singlecoils unter „erhöhter Spaßfaktor“. Denn dass diese Gitarre nicht weniger als 75 (!) verschiedene Sounds zu bieten hat, liegt natürlich auch an der Anzahl der Pickups. Wären da nur drei, würde sich die Gesamtzahl möglicher Sounds auf lächerliche 35 reduzieren, und eine ärmliche Bestückung mit zwei Pickups wie bei den Schwestermodellen Surfmaster 90 und Slimline Twin brächte lediglich indiskutable 15 Sounds in den Ring. Dann doch lieber vier Pickups und 75 Sounds, oder?

Der ATN5 Variator genannte Fünffach-Drehschalter sorgt als Multiplikator für die enorme klangliche Vielfalt dieser Gitarre, die neben der Null-Stellung, in der das Signal unbearbeitet bleibt, folgende vier Sounds bereitstellt:

  • Vintage / Surf
  • Country / Rock
  • Blues / Rock
  • Jazz

Da sollte also etwas für jeden dabei sein – vor allem, wenn man die Vorgaben des Variator mit den diversen Pickup-Kombinationen verknüpft. Denn dank der individuellen An-/Ausschalter pro Pickup sind alle denkbaren Kombinationen möglich.

Entwistle hat den ATN5 entwickelt, weil er, wie er sagt, der normalen Klangregelung einer E-Gitarre überdrüssig geworden war. Die würde ja nichts anderes bewirken als die Höhen zu bedämpfen. Recht hat er, und sein ATN5 Variator wirkt sich daher vor allem auf das Mittenspektrum aus und schiebt je nach Stellung einen anderen Mittenbereich nach vorne. Diese Klangveränderungen sind sehr breitbandig ausgelegt und erscheinen damit deutlich subtiler als z. B. ein Gibson-Varitone-Schalter, dessen Sounds sich engbandiger darstellen. Von daher sind die Bezeichnungen für die einzelnen Schaltpositionen der Surfmaster Squad wie Surf, Rock, Jazz etc. mit Vorsicht zu genießen, denn – das beweist der Praxistest – so groß sind die Unterschiede bei weitem nicht.

Diese Schaltung ist übrigens passiv und benötigt keine Spannungsversorgung. Außerdem ist der Variator so klein, dass er ohne weitere Fräsung in nahezu jede Gitarre eingebaut werden kann und ist auch separat erhältlich.

Praxistest, Alternativen und Resümee auf Seite 2

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Respekt,da tut sich endlich etwas Positives in Sachen genialer Ideen!
    Als Alternative gibt es diese schöne REVO Surfmaster Squad sogar in der Farbgebung Metallic White oder Boulevard Black mit Elixir-Saiten ab Werk zu einem wirklich fairen Preis! Alles richtig gemacht! Da muß faktisch also überhaupt gar kein Fender-oder Squier Markenlogo auf dem Headstock prangern! Das ist sehr gut. Ein passendes Gigbag oder einen Koffer kann man ja zusätzlich noch zukaufen,denn für den Preis von schlaffen 650,- € kann man nicht auch noch ein Case verlangen,dies wäre doch wohl vermessen.

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