Frischer Wind in der Shortscale-Bass-Welt
Vintage REVO Callan Bass im Test: Viva Revo!
von Jogi Sweers, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Dieter Stork)
ZWEI SEELEN
Direkt aus dem Karton überzeugt mich der REVO Callan nicht nur mit seiner perfekten Lackierung in wunderschönem transparenten Rot, sondern auch mit einer wirklich guten Werkseinstellung. So zierlich der Bass wirkt, so solide ist der Hals. 43,5 mm am Sattel sind schon ordentlich, dazu ein fettes C-Profil – da hat man was in der Hand. Solide ist aber auch der trocken gespielte, mit reichlich Sustain gesegnete Ton mit den ab Werk aufgezogenen Elixir-Saiten. Die gibt es nicht für Shortscale-Bässe, dank des zusätzlichen Weges durch den Korpus und der größeren Wickelachsen der Tuner funktioniert die Longscale-Variante.
Die Balance ist im Sitzen angenehm, und auch am Gurt stellt sich kaum Kopflastigkeit ein. Hier macht sich das propere Gewicht bezahlt! Ich habe kein Problem damit, dass der rechte Unterarm auf einer nur leicht abgerundeten Kante aufliegt, aber neben dem nicht gerade schlanken Hals ist auch der ungeshapte Korpus etwas, worauf man beim Anspielen achten sollte.
So, nun aber den Amp angeschmissen! Der Stegpickup drückt direkt los, vor allem in den Mitten, aber mit ausreichend Bässen und Höhen, um alleine bestehen zu können. Das lädt direkt ein, ‚All Right Now‘ von Free anzustimmen, und dabei gleich den ungehinderten Zugang zu den hohen Lagen zu genießen (und die überall schnarrfreie Bespielbarkeit), auch der ‚Radar Love‘-Ton von Golden Earrings Rinus Gerritsen ist perfekt reproduzierbar. In Mittelstellung des Wahlschalters ändert sich der Ton nicht dramatisch, die Mitten reduzieren sich etwas und es stellt sich eine leicht hohle Note ein. Aber dann …
Das Umlegen des Schalters in die vordere Position will wohlüberlegt sein, kann doch der resultierende Ton Seismographen zum Ausschlagen bringen und kleinere Nagetiere in der Nachbarschaft zum Auswandern bewegen. Mit anderen Worten: Es wird extrem bassig – und sehr, sehr viel lauter! Zum Glück hat der von Alan Entwistle getunte Pickup ausreichend Definition, um den Sound nicht komplett formlos werden zu lassen, bei allem tiefbassigen Content bleibt die Kontur erhalten. Wieviel Höhen der Pickup noch hat, zeigt die Höhenblende, die den Ton noch dubbiger macht, bis am Ende nur noch breiiges Futter für den Subwoofer überbleibt.
Das macht absolut Laune! Nur eine gute Balance will sich nicht einstellen … Drehe ich den Volume-Regler der Modderschleuder soweit zurück, dass sie dem Stegpickup in der Lautstärke angeglichen ist, ist der Ton solo matt und wenig überzeugend. Auch die Mittelstellung gewinnt dadurch nicht wirklich. Mechanisch ist auch nichts zu machen, am Hals ist der Abnehmer so weit runtergedreht wie möglich, am Steg so hoch wie es geht, ohne die Saiten zu touchieren. Es bleibt also dabei, dass ich zwei sehr unterschiedliche, sehr gute Sounds aus dem Callan bekomme, die mit einer jeweils eigenen Einstellung, mindestens beim Gain, am Amp kombiniert werden möchten für maximalen Effekt. Für noch mehr Vintage-Vibes könnte ich mir auch Flats auf dem Callan gut vorstellen …
RESÜMEE
Inspiriert von Peter Cooks originellen Designs aus den ausgehenden Swinging Sixties bringt der Vintage REVO Callan Bass frischen Wind in die Shortscale-Bass-Welt. Optisch eine willkommene Abwechslung zu gängigen Standards, ist der Callan überraschend gut zu bespielen, was ich bei dem sehr kompakten Korpus so nicht erwartet hätte. Da macht sich das höhere Gewicht des Testbasses tatsächlich positiv bemerkbar. Am Amp wollen die beiden Pickups nicht wirklich miteinander spielen, am wohlsten fühlen sie sich alleine, mit einer individuell eingestellten Lautstärke am Verstärker. Dann machen sie aber richtig Spaß – sowohl der supertiefe, aber konkrete Bass vom MUD4, als auch die mittige, aber nicht nervende Präsenz des Stegabnehmers, der legendäre Sounds locker aus den Wicklungen schüttelt. Und nicht nur die, beide sind flexibler als man denken sollte, und klingen deutlich besser, als ich das anhand von YouTube-Videos gedacht hätte. Was wieder zeigt: Es geht nichts über das persönliche Anspielen!
PLUS
- Optik
- Originalität
- Sounds (mit Einschränkungen)
- Balance am Gurt
- Bespielbarkeit
- Spielgefühl
- Werkseinstellung
MINUS
- Abstimmung der Pickups zueinander
(erschienen in Gitarre & Bass 11/2024)
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