Vintage Guitar Stories: 1974 Gibson Les Paul Custom

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(Bild: Franz Holtmann)

Nach fast acht Jahren ohne eine echte Les Paul im Katalog stellte Gibson 1968 neue Versionen des berühmten Single-Cutaway-Modells vor. Vor allem die Reissue der etwas umgestalteten Les Paul Custom sollte bald zur ikonischen Metal-Machine werden.

Im Jahr 1966 verließ der verdienstvolle Präsident Ted McCarty zusammen mit seiner rechten Hand John Huis nach 18 Jahren die von ihm so stark geprägte und zu großem Erfolg geführte Firma Gibson. Nicht nur war er unzufrieden mit dem Management von Gibsons Mutterfirma CMI, auch gingen die Zahlen ausgelieferter Instrumente nach 1965 deutlich zurück. Gemeinsam mit Huis erwarb McCarty die Bigsby Company vom langjährigen Geschäftspartner Paul Bigsby, der sich zur Ruhe setzen und sein Unternehmen in seriösen Händen wissen wollte.

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Im Februar 1968 übernahm mit Stanley Rendell dann endlich wieder jemand die Firmenleitung, der sich auf Gibsons Stärken besann und umgehend die Wiedereinführung der Les-Paul-Modelle in Angriff nahm, darunter die Les Paul Custom. Die Nachfrage nach älteren Les-Paul-Modellen hatte infolge des Blues-Rock-Booms mit Protagonisten wie Eric Clapton, Peter Green, Jimmy Page und Mike Bloomfield auch unübersehbar stark zugenommen.

1968 kehrte also die Les Paul Custom zusammen mit der Les Paul Goldtop mit P-90 Pickups wieder zurück ins Gibson-Programm. Allerdings entsprach das Modell nicht mehr dem ursprünglichen Design. Hatte die letzte, Anfang 1961 ausgelieferte Custom-Version noch drei Humbucker, so kam die überarbeitete Version mit nur zweien davon heraus. Der Kopfplattenwinkel betrug nur noch 14 anstelle von 17 Grad und die frühere Voll-Mahagoni-Konstruktion verfügte nun über eine Ahorndecke.

Als 1969 der Multikonzern Norlin Industries die Gibson Company übernahm, führte das zu weiteren wesentlichen Veränderungen. Wurden die wiedereingeführten Les Pauls anfangs noch mit einteiligen Bodys und ebensolchen Hälsen gefertigt, wobei mutmaßlich auch noch Parts aus alten Beständen zum Einsatz kamen, verfügen alle Les Pauls ab etwa Mitte 1969 dann über einen „Pancake“-Body, bestehend aus zwei über ein dünnes Ahornfurnier gefügten Mahagoni-Platten, kombiniert mit einer gewölbten Ahorndecke. Der ebenfalls neu gestaltete Mahagoni-Hals, dreiteilig gefügt und ab 1970 mit einer Volute im Winkelübergang zur Kopfplatte ausgestattet, bekam bei der LP Custom immerhin das traditionelle Ebenholz-Griffbrett aufgesetzt. Als High-End-Insignien finden wir das Split-Diamond Inlay im Furnier der Kopfplatte (MADE IN U.S.A.-Prägung am Rücken), dazu Block Inlays aus Perlmutt im Griffbrett, mehrlagige Bindings an Decke, Boden und Kopfplatte und natürlich vergoldete Hardware.

Cherry Sunburst, als optionales Finish ab 1971 zu haben, kam in den frühen 1970er-Jahren recht häufig zur Anwendung. Obwohl nicht immer glücklich ausgeführt, ist es, dem Spottnamen Clown Burst zum Trotz, als Alternative zur Standardfarbe Black eine durchaus attraktive Lackierung für die Les Paul. Das findet offenbar auch Joe Bonamassa – siehe seine Joe Bonamassa Les Paul Tomato Soup Burst.

Les Pauls mit Pancake-Bodies wurden im Übrigen bis 1976 produziert. Damit ausgestattete Exemplare findet man aber gelegentlich noch bis 1979. Der Mahagoni-Hals wurde ab 1975 durch dreiteiliges Ahorn ersetzt. Eine weitere eher unbeliebte Maßnahme, aber auch dieses Konstruktionsdetail verschwand zusammen mit der Volute auf der Rückseite des Halses dann endgültig um 1982 herum wieder.

METAL MACHINE

Die Les Paul Customs der frühen bis mittleren 70er-Jahre wurden nicht ohne Grund zu Favoriten vieler prominenter Rocker. Die Skepsis, mit der die neue Bauweise zunächst betrachtet wurde, wie auch das oftmals hohe Gewicht dieser Gitarren verhinderten also keineswegs, dass die Les Paul Custom dieser Zeit für nicht wenige Spieler der Heavy-Szene zur ultimativen Solidbody wurde. Protagonisten: Der viel zu früh verstorbene Randy Rhoads ist einer der großen Gitarrenhelden jener Zeit. Mit seinem virtuosen Spiel im Stil des Neo-Classical-Metal beeinflusste er nachhaltig unzählige Spieler nach ihm. Bei Quiet Riot und Ozzy Osbourne zeigte er, welch starke Sounds einer 1974er-Les-Paul Custom abzutrotzen sind. Gibson brachte 2010 ein eng limitiertes Randy Rhoads Signature Model in Alpine White heraus.

John Sykes zelebrierte seine virtuose Kunst bei Whitesnake und Thin Lizzy auf einer LP Custom. Zu den Custom-Fans zählen aber auch James Hetfield, Zakk Wylde, Justin Hawkins, Jerry Cantrell oder vorher schon Mick Ronson, Sex Pistol Steve Jones und Mick Jones von The Clash, später dann The Edge, Noel Gallagher und Mastodons Bill Kelliher: „Ich kaufe alle LP Customs, die mir in die Finger kommen. Davon habe ich Dutzende und kriege nicht genug.“ Sie alle haben sich die schwere Les Paul Custom um den Hals gehängt und wussten offenbar auch genau, warum. Mitte der 1970er-Jahre trat auch noch Frank Zappa mit einer Les Paul Custom Sunburst in Erscheinung. Auf dem Cover des ‚Shut Up ‘n Play Yer Guitar‘-Albums ist er damit abgebildet, aber auch in vielen Videos von Live-Shows aus Ende der 70er- und Anfang der 80erJahre spielt er diese natürlich nach Zappa-Art stark modifizierte Les Paul Custom.

Das an dieser Stelle zu besichtigende Modell stammt aus Anfang 1974 (Pot Codes erste Woche 74). Übrigens: Seriennummern allein lassen eine Zuordnung für Instrumente aus der Bauphase der ersten Hälfte der 70er-Jahre leider nur bedingt zu. Eine sechsstellige Serial Number, die wie bei diesem Modell mit einer 1 beginnt, wurde z.B. zwischen 1970 und 1975 vergeben. Da helfen für eine genauere Datierung eigentlich nur die Pot Codes. Mit unter 4,5 kg ist die Gitarre eine der weniger schweren Exemplare, fast alle Customs dieser Zeit sind deutlich drüber. Sie verfügt über ein tolles Halsprofil, denn anstelle der schmalen 40-mm-Hälse aus den späten 60er-Jahren finden wir hier wieder die komfortable Sattelbreite von 43,5 mm vor. Schon akustisch macht die Gitarre mit straffem und sustainreichem Ton klar, warum diese Customs für die vorgenannten Musikgenres die genau richtigen sind. Da sie auch noch über die originalen Pat.-Nr.-Sticker-Humbucker verfügt, kratzt sie uns mit offensivem Sound das Schmalz aus den Ohren. Hände hoch: diese Gitarre schießt!

 

STATISTIK

Die Les Paul Customs der 70er-Jahre können wir nicht wirklich zu den seltenen Gitarren zählen. In 1974, dem Baujahr des nebenstehend gezeigten Modells, wurden von der Les Paul Custom immerhin 7563 Exemplare auf den Markt gebracht. Den Höhepunkt in den 70ern markierte dann das Jahr 1978 mit 10744 produzierten Custom-Modellen, aber die kamen auch schon aus dem 1975 neu eröffneten Gibson-Werk in Nashville, ausgelegt von Anfang an für kostensparende größere Auflagen der bestverkauften Modelle.

Die Kalamazoo Factory, in der zu besten Zeiten 1600 Menschen arbeiteten, lief noch einige Zeit mit schrumpfender Mannschaft für kleinere Modellreihen und Reparaturen weiter, 1982 waren es dann nur noch 44 Angestellte. Am 29. Juni 1984 schloss Gibson nach 82 Jahren Gitarrenproduktion dann endgültig die Tore am alten Standort in Michigan.

Eine Les Paul Custom kostete 1968 bei der Wiedereinführung 545 Dollar. Heute sind frühe Black-Beauty-Exemplare aus 1968 extrem selten zu finden und natürlich entsprechend teuer – nur 433 Exemplare wurden erstellt. Da liest man schon mal was von 30.000 Dollar. Die Modelle der frühen 70er-Jahre sind da schon deutlich erschwinglicher zu haben. So ab 5.000 Euro aufwärts wird der Interessent am Gebrauchtmarkt fündig. Wegen der zuvor beschriebenen Verbindung zur weiterhin ungebrochen lebendigen Metal-Szene geht der Trend für die nicht ganz so schweren Exemplare aus der Bauphase vor 1975 aber ausschließlich nach oben.

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2022)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich denke ich habe ein schwarze Custom aus 74. Allerdings steht bei meiner auf dem
    7.Inlay , bzw. 15. Bund ” TWENTIETH ANNIVERSARY”. Das lässt mich zweifeln. Die Seriennummer ist 394 509. Der Hinweis auf die Pancake – Bauweise hat mir klar gemacht, warum seitlich, trotz dickem Lack, ganz leicht 2 Schichten erkennbar sind.

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