(Bild: Franz Holtmann)
Alte Fender-Gitarren sind grundsätzlich schon horrend teuer, in Custom Colors erreichen sie auf dem Vintage-Markt jedoch geradezu fantastische Preise.
Klar, ob eine Gitarre gut klingt – bzw. wie sie klingt – hängt natürlich zu allerletzt von ihrer Farbe ab. Aber wer würde schon bestreiten wollen, dass im Rock’n’Roll der Look eine wesentliche Rolle spielt. Es gilt doch immer noch der alte Spruch: „You’re in Showbiz, Baby, wear shiny clothes!“
Fender revolutionierte in den 50er-Jahren den elektrischen Gitarrenbau mit seiner modularen Bauweise. Schlicht und funktional in der Konstruktion und leicht herzustellen in der Montage von Parts, war die Farbgebung erst einmal nachgeordnetes Thema. So wurde der Großteil aller Teles und auch Strats einfach in Variationen von Blond oder Sunburst ausgeliefert. Die Blond-Lackierungen der Blackguard- und Whiteguard-Telecasters etwa wurden, weil durchscheinend, immer über Esche lackiert.
Bei allen anderen Lackierungen (nach 1956) kam aus profan kommerziellen Erwägungen Erle zum Einsatz. Da Esche den zusätzlichen Schritt des Porenfüllens und damit mehr Zeit- und Arbeitsaufwand beim Lackieren erfordert, wechselte Fender Mitte 1956 zur Erle, die viel einfacher und billiger zu lackieren ist. Die meisten Strats aus den Fünfzigern wurden in Two Tone Sunburst lackiert, aber es gab auch schon vor 1960 Sonderfarben, die jedoch eher vom Kunden als von Fender ausgewählt wurden. Im Fender-Katalog von 1956 ist zu lesen:
„Stratocaster-Gitarren sind in DuPont-Duco-Farben nach Wahl des Spielers gegen einen Aufpreis von 5 % erhältlich.“ Fenders Custom Colors der 1950er-Jahre sind also noch echte Sonderfarben. Es ist allerdings wegen der umfangreichen Duco-Farbpalette unmöglich, genau zu bestimmen, welchen Farbton Fender in den 50er-Jahren im Einzelfall tatsächlich verwendete. Wir können also nur vermuten, dass es sich bei einer metallisch blauen 58er-Strat um Lake Placid Blue handelt.
Die Farbe einer roten Strat von 1956 sollte man auch nicht Dakota Red nennen, denn die Farbe Dakota Red kam frühestens 1958 zur Verwendung, dem Jahr, in dem sie bei Cadillacs eingeführt wurde. Ebenso kann die goldene 1958er-Strat nicht in Shoreline Gold lackiert sein, da GM diese Farbe erst 1959 eingeführt hat. Man sieht dabei schon, woher der Wind damals wehte: Die auffälligen Glamour-Farben der luxuriösen Straßenkreuzer wurden von den schlauen Fender-Managern als modische Lockstoffe auf die Gitarren übertragen.
Laut Leo Fenders langjährigem Weggefährten und Konstruktionspartner George Fullerton entstand die Idee, kundenspezifische Farben zu standardisieren, bereits 1958. Die erste Farbkarte war aber erst 1960 verfügbar. Instrumente von 1958 und 1959 sind manchmal in erkennbaren Farben zu finden (etwa Fiesta Red), aber wenn es sich um eine Fender aus dem Jahr 1957 oder früher handelt, kann man nicht sagen, welche Farbe die Gitarre wirklich hat.
Auch findet man auf Fender-Gitarren jener Zeit nicht immer DuPont-Farben. Zwar hat man immer die Farbcodes von DuPont verwendet, aber die Farbe selbst stammte aus verschiedenen Quellen und war nicht immer nur von DuPont. Das ist einer der Gründe, warum die gleiche Farbe auf zwei verschiedenen Fender-Gitarren unterschiedlich aussehen kann.
Ab 1960 wurden Fender-Gitarren dann offiziell mit insgesamt 21 optionalen Custom Finishes angeboten, darunter Candy Apple Red, Lake Placid Blue, Sonic Blue, Olympic White, Dakota Red, Black, Firemist Gold, Burgundy Mist, Fiesta Red, Inca Silver und Surf Green. Bei der sehr beliebten Fender-Farbe Candy Apple Red (CAR), die auch Leos Lieblingsfarbe gewesen sein soll, handelte es sich sogar um eine echte Custom-Farbe, da CAR nicht einfach eine auf Gitarren übertragene Autofarbe aus den 1960er-Jahren war. Auch war es sicher die in der Umsetzung aufwendigste Farbe, da sie zusätzliche Arbeitsschritte erforderte.
Bei allen anderen Metallic-Lackierungen von Fender sind Farbe und Metallic-Partikel zu einer einzigen Lackeinheit vermischt. Bei Candy Apple wird zuerst ein Metallic-Grundlack aufgetragen. Darauf folgt eine durch – scheinend rote Farbschicht und schließlich ein Klarlack. Dies verleiht dem Finish ein viel tieferes, metallisches Aussehen.
FENDER CUSTOM COLORS
Das hier dargestellte Instrument befindet sich im Besitz von Gregor Hilden und kam bereits auf der 2004 erschienenen CD ‚Blue Hour‘ ausgiebig zum Einsatz. Diese 1970 gebaute Fender Thin – line, vom Typ her leicht zu erkennen am großen einzelnen f-Loch, gehört zu den extrem seltenen, in Lake Placid Blue Metallic lackierten Telecaster-Modellen.
Die „Single Cutaway Semi-Hollowbody Electric Guitar“ entstammt der ersten, vom deutschen Gitarren-Designer Roger Rossmeisl für Fender entworfenen und im Sommer 1968 vorgestellten, Thinline-Serie. 1972 folgte noch das Thinline-II-Modell mit zwei von Seth Lover designten ‚Wide Range‘-Humbuckern. Die Produktion beider Linien wurde bereits 1978 wieder eingestellt.
Die vorliegende 1970er -Thinline verfügt noch über einen Ahornhals mit der guten alten 4-Punkt-Verschraubung, welche etwa 1972 der eher unbeliebten 3-Punkt-Befestigung mit dem sogenannten ‚Micro Tilt Neck Adjustment‘ weichen musste. Eher selten zu sehen bei den Fender Thinlines ist auch das Griffbrett aus Palisander.
Ansonsten finden wir die Tele-typische Elektronik vor: Singlecoil mit verchromter Kappe in Halsposition, hier auf ein weißes Pearloid-Pickguard geschraubt (das vielen Tele-Fans wegen seiner stumpfen Nase unten im Cutaway nicht wirklich gefällt), und Singlecoil in der Stegposition auf verchromter Hardtail-Bridge – hier noch die alte Variante mit den drei Stahlsätteln für jeweils doppelte Saitenauflage, die schon bald durch eine Brücke mit sechs individell justierbaren Einzelsätteln ersetzt wurde.
Die Gitarre spielt sich mit ihrem griffigen Hals und dem mittelstarken C-Profil höchst angenehm und bietet grundsätzlich natürlich schon die gewohnten Tele-Sounds. Der semiakustischen Bauweise wegen treten diese aber mit durchaus mehr Anschlagsperkussion und viel Luft unter den Flügeln auf. Ein attraktives Klangbild – keine Frage!
PREISE
Fender-Thinline-Teles führten lange Jahre ein eher stilles Schattendasein, hatten aber immer schon ihre Fans. Mehr und mehr wird realisiert, dass es sich in der Regel um richtig gute und auch sammelwürdige Instrumente handelt, was sich in stetig steigen – den Preisen spiegelt. Ein solches Instrument in Sonderfarbe auf dem Vintage-Markt zu finden, setzt Geduld und eine gute Portion Glück voraus, nicht zuletzt aber natürlich auch ein gut gefülltes Portemonnaie, denn fast immer treiben Sonderfarben den Preis in erstaunliche Höhen.
Die letzte End-60er-Thinline-Telecaster in Sonderfarbe sah ich zu einem Kurs von $ 15.000 angeboten, und das ist schon eine ganze Weile her. In der nächsten Folge widmen wir uns dann den Custom Colors von Gibson. Bis dahin – Cheers!
(erschienen in Gitarre & Bass 04/2022)