Vintage Guitar Stories: 1968 Fender Pink Paisley Telecaster

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(Bild: Franz Holtmann)

Ende der 60er-Jahre lässt Fender sich, von der Hippie-Bewegung inspiriert, zu Gitarren mit floralem Dekor hinreißen. Ausgerechnet die gute alte Telecaster, lange Zeit Synonym für die Cowboy-Gitarre schlechthin, wird 1968 mit dem beliebten Paisley-Muster und alternativ dazu noch in einer Blue-Flower-Version vorgestellt.

Mit Einführung der Fender Telecaster, der ersten für die Massenproduktion konzipierten elektrischen Solidbody-Gitarre, revolutionierte Leo Fender 1951 bekanntlich den Gitarrenbau. Im Laufe der Jahre verkauften sich diese Telecaster-Gitarren so gut, dass sie kaum Veränderungen erfuhren und bis heute im Wesentlichen in der gleichen Form gefertigt werden.

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Aber im Sommer 1967, dem „Sommer der Liebe“, in dem die Farben bunt und die Ausrichtung psychedelisch war, da wagte man bei Fender etwas bis dahin Unvorstellbares und verpasste der durch und durch konservativen Tele ein Flower-Power-Outfit, das sicher manch schockstarrem Traditionalisten wie ein scharfes Messer ins blasse Fleisch fuhr.

Fender wollte etwas zeitgerecht Neues und Aufregendes auf den Markt bringen, auf den großen kulturellen Wandel der 60er-Jahre reagieren. Bei aller „Flower Power“ war das politische Klima aber eher düster, der Krieg in Vietnam provozierte neben politischer auch musikalische Rebellion. Dennoch – oder gerade deshalb – sehnten sich die Menschen auch nach etwas Fröhlichem und Hellem.

Im kalifornischen Zentrum der Hippiebewegung erlebte zu der Zeit das Paisley-Muster eine Renaissance, was den Fender-Strategen offenbar nicht verborgen blieb. Im Juli 1968 kündigte Fender in seiner Preisliste offiziell erstmals die ‚Blue Flower‘- und ‚Paisley Red‘-Telecaster und überdies ebensolche Tele-Bässe an. Auf den Vorder- und Rückseiten von Telecaster-Gitarren und Telecaster-Bässen dieser Reihen wurde eine glitzernde, selbstklebende Dekorfolie angebracht, bevor sie mit einer passenden „Sunburst“-Farbe lackiert und mit einem klaren Polyesterlack übersprüht wurden.

Der Name dieses eigentlich für die Verwendung auf Möbeln und Ähnlichem gedachten und von der Borden Chemical Company hergestellten Produkts war „Cling-Foil“. Fender beschränkte die Anwendung auch nur auf die Telecaster und den Telecaster-Bass, da diese Modelle aus massiven unkonturierten Holzbrettern bestanden, auf denen die Kontaktfolie gut zu halten versprach. Die Tapete wurde zwar mit einem dicken Klarlack überzogen, der aber einfach nicht gut alterte, schnell aufbrach und stark vergilbte. So erkennt man alte Paisley-Gitarren leicht an der Vergilbung des Klarlacks, unter dem das ursprüngliche Silber darunter zu Gold geworden ist, was heute durchaus als attraktiv empfunden wird.

Aufgrund dieser sich schnell offenbarenden Probleme wurde die Produktion der Gitarren nach nur etwa einem Jahr auch schon wieder eingestellt. Instrumente in einwandfreiem Zustand heute zu finden, ist aber auch deshalb schwer, da von jeder Telecaster-Farbe nur etwa 75 und von jedem Telecaster-Bass nur 25 Exemplare hergestellt wurden. Obwohl einige bekannte Spieler der damaligen Zeit – darunter James Burton – die auffälligen Instrumente spielten, war der Gesamterfolg dieser Lackierung dann doch deutlich geringer als von Fender erhofft.

Später hat Fender die Telecaster sowohl in der Paisley- als auch in der Blue-Flower-Ausführung mehrfach neu aufgelegt. Es gab einfach keinen Zweifel daran, dass sich diese besonderen Ausführungen auch in der heutigen Zeit erfolgreich vermarkten lassen. Umgehend entdeckten prominente Musiker wie Brad Paisley diese augenfälligen Instrumente für sich und präsentierten sie auch regelmäßig auf der Bühne.

VOM FLOWER POWER FLOP ZUM KULT

Früher Protagonist: James Burton ist wahrscheinlich der bekannteste Spieler einer Paisley-Tele. 1969 erhielt James einen Anruf von Fender. Angeblich hätten sie eine Gitarre für ihn, die förmlich nach seinem Namen schreien würde. Als er dann kurz darauf mit Elvis auftrat, zögerte James aber, die Pink-Paisley-Tele mit auf die Bühne zu nehmen. Er fand, dass sie zu auffällig aussah und vielleicht dadurch Elvis’ Missfallen erregen könnte, dem doch alle Aufmerksamkeit zu gelten hatte. Aber die Mitspieler drängten ihn, die Gitarre auf der Bühne zu spielen, also tat er es schließlich auch und Elvis soll es geliebt haben. Später spielte Emmylou Harris manchmal auf einer von James Paisleys Telecasters.

Das vorliegende Paisley-Modell ist Jahrgang 1968 und präsentiert sich nicht nur in wunderbar gealtertem Vintage-Look, sondern überrascht darüber hinaus auch als großartiges Instrument, ja sogar als glänzendes Meisterstück seiner Art. Ein toller rundlicher Hals, perfekt neu bundiert mit etwas nachbearbeiteten Griffbrettkanten, verschafft dieser Gitarre ein wunderbar geschmeidiges Spielgefühl.

Darüber hinaus ist sie auch noch elektrisch beeindruckend stark aufgestellt, denn sie verfügt über kraftvoll agierende Tonabnehmer: der Hals-Pickup wunderbar rund und kehlig, der Kollege in der Steg-Position herzhaft bissig zupackend. Die Singlecoils in dieser Gitarre lassen jedenfalls keinen Zweifel daran, warum der charaktervolle Trademark-Sound einer guten Telecaster einfach unschlagbar ist und bleibt.

Sammlerpreise: So einfach die Telecaster auch konstruiert sein mag, sie repräsentiert nun mal die E-Gitarre schlechthin, und die Preise für 50er- und 60er-Jahre-Modelle sind in den letzten Jahren förmlich explodiert, was nun auch früh-70er-Exemplare zunehmend teurer werden lässt. Was schon für die Standard-Ausführungen gilt, das gilt erst recht für rare Spezialitäten wie diese Paisley-Telecaster. Wenn denn überhaupt einmal ein Exemplar in gutem Zustand angeboten wird, ist längst mit Preisen oberhalb von $ 20.000 zu rechnen. Aber nun gut: selten macht eben gelten, aber klingt ja nicht unbedingt auch besser. Cheers!

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)

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