(Bild: Franz Holtmann)
Der Wert eines Vintage-Instruments wird gemeinhin durch seinen möglichst originalen Zustand definiert. Zwischen einem modifizierten Player und der Mint Case Queen liegen gelegentlich Welten, wobei die optisch perfekte Gitarre nicht unbedingt die bestklingende sein muss.
Natürlich hat jeder Bassist sofort gesehen, dass da was nicht stimmt. Ein Precision hat keinen Bridge-Pickup. Das Anpassen von Instrumenten an die individuellen Bedürfnisse des Spielers – in den heutigen Zeiten des allseits verfügbaren Custom-Gitarrenbaus selbstverständlich – ist vor allem dann ein heikles Thema, wenn damit alte Instrumente verschandelt und um ihren Wert gebracht werden, bzw. wurden. Aber ist das auch wirklich so? Verliert ein Instrument durch Eingriffe tatsächlich immer?
Bei dieser Frage darf man natürlich den Spieler nicht mit dem Sammler verwechseln. Für den Sammler sind Originalzustände von höchster Priorität. Da geht es um Schrauben und Federn, wehe es wurde ein Poti getauscht oder gar der Body refinished. Der feuchteste aller Sammlerträume: In Japan soll es einen nie geöffneten Karton aus den 50er-Jahren geben, darin eine demgemäß vollkommen unberührte Stratocaster im Koffer, deren Existenz nur durch Röntgenbilder belegt ist. Jungfräulichkeit pur sozusagen – fehlt nur noch die unbefleckte Empfängnis für diesen „untouched“-Fetischismus im Endstadium. In der Sammlerszene gibt es natürlich auch spielende Kenner, denen Handhabungs- und Tonqualitäten absolut wichtig sind, dennoch darf aber am Nimbus des unverfälschten Originals keinerlei Zweifel aufkommen.
Der Interessent teurer Vintage-Gitarren läuft aber heute Gefahr, einer Fälschung aufzusitzen. Wie immer, wenn viel Geld im Spiel ist, lässt der Böse Bube nicht lange auf sich warten, und so ist zu vermuten, dass inzwischen so viele Schein-Oldies auf dem Markt sind, wie Picasso-Fälschungen unerkannt in Museen hängen. Ganz zu schweigen von den vielen in Kirchen zur Anbetung bereitgestellten Holzsplitter-Reliquien vom Kreuz Christi. Da könnte glatt der Verdacht aufkommen, der Protagonist hätte die im Film ‚Das Leben des Brian‘ vor der Hinrichtung ausgegebene Parole: „Jeder nur ein Kreuz!“ nicht wirklich ernst genommen.
Dass nun ausgerechnet jene mit Maßgabe für möglichst einfache serielle Montage aus Parts gefertigten Gitarren heutzutage Höchstpreise erzielen, scheint den Betrug ja auch geradezu zu provozieren. Und die Jungs aus der Fälscherbranche werden immer besser. Ihre Fakes sind auch für Fachleute nur noch schwer zu erkennen.
Da hilft kein Schwarzlicht, kein Lack- und Geruchstest mehr. An Fälschungen arbeiten heute einfach besser ausgebildete Fachkräfte, als die frühen Fender-Hallen jemals gesehen haben. Mit Sicherheit aber verwenden sie deutlich mehr Zeit auf das einzelne Instrument, konterkarieren also das ursprüngliche Konzept.
Zurück zu unserem 65er-Precision Bass: Der mag im Zustand ja nicht mehr ganz original sein, aber vielleicht müssen wir ja gerade deshalb auch (noch) nicht mit Fälschung rechnen. Okay, der Sammler ist raus, aber der Spieler kann den Wert dieses konstruktiv immer noch originalen und aus den „richtigen“ Tonhölzern gefertigten Instruments doch durchaus zu schätzen wissen, und er kommt unter Umständen an ein noch erschwingliches Instrument aus einer bedeutsamen Ära.
Der vermeintliche Schaden hängt natürlich wesentlich davon ab, wie stark der Eingriff in die Funktionalität und in den klangbildenden Prozess eingreift. Holzarbeiten, wie zusätzliche oder erweiterte Pickup-Fräsungen, oder gar ausgebeitelte Kammern für ein Floyd-Rose-System, sind mit Blick auf die Originalität natürlich immer kritisch, können andererseits aber ein Instrument für den individuellen Gebrauch auch aufwerten.
Allan Holdsworth etwa war seinerzeit gezwungen, seine modifizierte alte Strat zu verkaufen, um das erste selbst produzierte Soloalbum zu finanzieren. Die Kunst verlangt Opfer, auch von den Besten). Kopfschüttelnd nahm er jedenfalls zur Kenntnis, dass der Käufer den Humbucker aus der Steg-Position wieder entfernte, auch die Fräsung wieder füllen ließ, um den Originalzustand wiederherzustellen. Allan: „Der hat nicht verstanden, worum es geht!“
Auch Steve Howe setzte seinerzeit gerne mal den Beitel an und modifizierte u.a. seine 1955er Telecaster mit einem Humbucker in Hals-Position und zusätzlichem Dreiwege-Toggle oben auf dem Horn. Anderen Instrumenten ging er noch offensiver an den Kragen. Natürlich hatte er Gründe für diese Anpassungen an seine Spieltechnik, bereute allerdings später diese Eingriffe in alte Originale angesichts des dadurch verursachten immensen Wertverlusts.
(Bild: Franz Holtmann)
MINT CONDITION VS. EXC. PLAYER GRADE
Der vorliegende 1965er Precision Bass in wunderbar patiniertem Olympic White mit Halsstempel 5 Nov 1965 C und Transition-Logo gehört zu den Modellen mit Perl Dots im Griffbrett, die ab Anfang 1965 den Clay Dots folgten. Das Griffbrettmaterial wechselte ebenfalls zu der Zeit von Rio zu Indischem Palisander. Bei diesem Modell ergänzte ein Vorbesitzer den regulären Grey-Bobbin-Split-Single-Coil-Pickup um einen Seymour-Duncan-Antiquity-Jazz-Bass-Pickup am Steg, um dem Bass mehr klangliche Beweglichkeit zu geben.
Eine Fräsung im hinteren Korpusbereich wurde durchgeführt, auf die superben Schwingungseigenschaften hatte das allerdings keine Auswirkungen. Folglich ist die hohe Klangkompetenz als Vintage-Precision-Bass durch die Maßnahme überhaupt nicht eingeschränkt. Lediglich auf das Tone-Poti muss verzichtet werden, anstelle dessen ein Blend-Poti den stufenlosen Übergang von einem PU zum anderen ermöglicht.
Wenn nun ein Fender Precision Bass Jahrgang 1965 zur Zeit etwa zwischen acht und zwölf Tausend US-Dollar gehandelt wird (in Sonderfarben noch deutlich teurer), wie abträglich ist der geschilderte Eingriff? Was ist an Wertverlust hinzunehmen? Das kommt natürlich auf den Interessenten und seine Intentionen an. Aber etwa ein Drittel des Werts im Vergleich zu einem Instrument im Originalzustand wird’s schon sein. In den letzten Jahren sind alte Precision Bässe in der generellen Wertschätzung von Spielern und Sammlern stark gestiegen. Precis nähern sich im Preisniveau den nur noch knapp vorn liegenden Jazz Bässen mehr und mehr an.
(erschienen in Gitarre & Bass 09/2021)
Hallo, ich habe einen Fender Precision Bass, Farbe Olympic White, geschätztes Baujahr 1968.Ich gedenke ihn zu verkaufen
da ich im fortgeschrittenen Alter so gut
wie garnicht mehr Spiele. Der Bass hat die
üblichen Abnutzung Zeichen ist aber sehr stabil und hat einen sehr guten Klang und Sustain, er verstimmt sich kaum. Welchen Verkaufs Wert hätte der Bass aktuell. Ich
freue mich auf jede Rückmeldung und Info
Mit freundlichen Grüßen Michaela Käsbauer