‚Bonanza‘, die ‚Glorreichen Sieben‘ und mehr …

Vintage Guitar Stories: 1964 Epiphone ‚Al Caiola Custom‘

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Manchem Spieler mag der Name eines Gitarrenmodells geläufiger sein, als der namensgebende Musiker selbst. Dabei war etwa der von Epiphone mit einem Signature-Instrument geehrte Al Caiola eine durchaus große Nummer in den USA der 50er- und 60er-Jahre.

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Der amerikanische Gitarrist aus New Jersey, dem man vom Stil her eine gewisse Nähe zu Duane Eddy nachsagen kann, war ein gefragter Studiomusiker in den 50er-Jahren, brachte zu der Zeit aber auch schon wenig beachtete eigene Platten heraus.

In den 60er-Jahren avancierte unser Mann dann zum Recording-Star für das United Artists Label, machte sich einen Namen als Gitarrist, Komponist und Arrangeur, da er in Lage war, eine Vielzahl von Musikgenres von Jazz und Country bis hin zu Rock und Pop abzudecken. Er nahm über fünfzig Alben auf und arbeitete für Größen wie Elvis Presley, Woody Herman, Ray Conniff, Frank Sinatra, Mahalia Jackson, Paul Anka, Petulia Clark, Al Martino, Neil Sedaka, Barbara Streisand und Tony Bennett. Von seinen in den 60ern aufgenommen zahlreichen Singles und Alben ist (zumindest diesseitig des Atlantiks) wenig ins öffentliche Gedächtnis gelangt, aber er landete auch Hits wie etwa mit dem Titelsong des Films ‚Die glorreichen Sieben‘. Vor allem aber ist sein charakteristisches Gitarrenspiel mit dem trockenen Tremolo-Sound aus der Titelmelodie der Fernsehserie ‚Bonanza‘ vielen noch im Ohr. Al Caiola blieb der Gitarre zeitlebens treu und stand bis in seine letzten Jahre hinein noch auf der Bühne. Er starb Ende 2016 im stolzen Alter von 96 Jahren.

Nach seinen frühen Erfolgen – das ‚Bonanza Theme‘ kam 1961 heraus – widmete die von Gibson Ende der 50er-Jahre übernommene und inhaltlich neu aufgestellte Traditionsfirma Epiphone dem erfolgreichen Studiomusiker ein Signature-Instrument. Die in Kalamazoo hergestellte Epiphone Al Caiola wurde Ende 1963 vorgestellt. Die Double Cutaway Thinline erhielt einen Korpus aus laminiertem Ahorn und einen Mahagonihals mit Palisandergriffbrett, in dem 20 Bünde Platz fanden. Sie war mit zwei Mini-Humbuckern ausgestattet, die neben generellen Volume- und Tone-Reglern über einen „Tonexpressior Circuit“ mit fünf Tone Switches verfügte. Diese Schaltung ist etwa mit dem Varitone Switch bei ES-Modellen von Gibson vergleichbar. Die Gitarre bekam im Unter – schied zu ihren Schwestermodellen Sheraton und Riviera auf Caiolas Wunsch hin die längere 648mm-Mensur! Die Kopfplatte zierte ein Epiphone ‚i‘ als Einlage, dazu kamen Pearl Block Inlays im Griffbrett und ein Caiola Trapeze Tailpiece als weitere Ausstattungsdetails. Mit einem Einführungspreis von $ 525 war das Al Caiola-Modell preislich etwa in der Nähe von Epiphones Top-Modell Sheraton angesiedelt, für das seinerzeit ohne Vibrato $ 545 verlangt wurden.

Die Gitarre war zwischen 1963 und 1969 erhältlich, wurde aber in Al Caiola Custom umbenannt, als 1966 ein etwas einfacher ausgestattetes Modell, die Al Caiola Standard, auf den Markt kam. Die Standard hatte keine Kopfplatteneinlage mehr, lediglich Dot Inlays und P90-Pickups in Metallkappen. Der Preis für die Standard betrug $ 420 bei ihrer Einführung im Oktober 1966 – die Custom kostete zu diesem Zeitpunkt $ 585. Erhältliche Farben für die Caiola-Gitarren waren Royal Tan (two colour sunburst), Shaded (three colour sunburst), Cherry und Walnut. Das Custom-Modell wurde nie in der Farbe Cherry angeboten, was nicht unbedingt heißt, dass es sie als Ausnahme nicht gab (custom order).

‚BONANZA‘, DIE ‚GLORREICHEN SIEBEN‘ UND MEHR

Mit dem dargestellten Exemplar liegt uns ein ganz hervorragendes Instrument vor. Mit rund 3 kg Gewicht ist es zunächst einmal bemerkenswert leicht, es hat ja keinen durchgeführten Mittelblock im Korpus. Am Amp erweist sich diese Thinline später dann, den fehlenden f-Löchern sei Dank, aber dennoch als recht Feedback-resistent. Aber auch an akustischer Potenz fehlt es ihr keineswegs. Schwingfreudig und kraft – voll trumpft sie auf, verspricht also auch bevor sie gestöpselt ist schon so einiges. Die straffe und schnelle Tonentfaltung ist wohl nicht zuletzt auch dem festen, großartig geschnittenen Hals zu danken.

Mini-Humbucker geben natürlich immer ein vergleichsweise schlankes Signal heraus, transportieren aber dennoch die Vorteile des Humbuckers auch über die beabsichtigte Brummfreiheit hinaus. So lässt sich über den Hals-Pickup trefflich singen. Der Ton hat ausreichend Volumen und wegen der Hollowbody-Bauweise auch jede Menge Luft unter den Flügeln. Beim Steg-Pickup macht sich die schmale Bauweise dann deutlicher bemerkbar. Der Mini-Humbucker bringt in dieser Position einen mehr zugespitzten, aber keineswegs schrillen Ton hervor. Zu loben ist auf jeden Fall seine eigen – ständige klangfarbliche Umsetzung. Mit ihm ist ein kraftvoll drückender Twang zu haben, und der empfiehlt sich keineswegs nur für Lasso-schwingende Bonanza-Musik. Mit allen Crunch-Einstellungen geht der Mini-HB dank der guten Federkraft der Gitarre sowieso her – vorragend um. Dynamisch lässt sich der Ton formen und selbst in etwas schärferen Gangarten unterstützt er den Spieler mit perkussiv markant umgesetzter Plektrumaktion.

Über die fünf Tone Switches des „Tonexpressior“ sind darüber hinaus durchaus interessante Klangvarianten angelegt. Vor allem die ersten zwei Schieber geben sehr schöne Filterstufen frei, die den Twang-Faktor erhöhen aber auch klangfarblich wirklich Sinn machen. Grundsätzlich ein erfreulich breit angelegter Fundus für den Sound-Tüftler.

Zu einem Renner wurden die ursprünglich nicht gerade preisgünstigen Epiphone-Al-Caiola-Modelle allerdings nicht gerade. In Summe gingen lediglich 230 Exemplare der Caiola Custom und 166 Einheiten der Caiola Standard über den Ladentisch, die meisten davon für beide Versionen zusammen im Jahre 1967. Heute beginnen die verlangten Preise bei etwa € 6.500.


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2024)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Haltung der Anschlagshand

    Auf dem Katalogbild sieht man es wieder, wie so oft: Hatten die damals wirklich alle so eine ungesunde Handhaltung? Wie schafft man es, so die Finger einzeln zu bewegen?

    Oder ist das nur die Haltung für den Fototermin, und gespielt haben sie ganz anders?

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    1. Wie soll denn ein Bühnengitarrist eine vorschriftsmäßig optimale Handhaltung einnehmen? Dazu müsste man sich die Gitarre ja vor die Brustwarzen schnallen. Es gab halt Zeiten, in denen Gitarristen nicht überwiegend aus sitzenden Wohnzimmermusikanten bestanden. Wen interessiert die beste Handhaltung, entscheidend ist, was hinten rauskommt.

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  2. Das ist jetzt nicht spielentscheidend, aber das Originalthema der Bonanza TV Serie hat Tommie Tedesco gespielt, Al Caiola hat später einen Hit damit gehabt, ansonsten wie immer ein schöner Artikel.

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