Der Name Epiphone hatte über Jahrzehnte einen exzellenten Ruf. Modellbezeichnungen wie Emperor, Royal, Triumph oder beim Topmodell Zephyr die Zusätze Deluxe, Deluxe Regent und Emperor Regent machten eine selbstbewusste Ansage. Das waren ohne Frage imposante Schlachtschiffe, die auch Gibson ernsthaft herausforderten.
Kurzer historischer Abriss: Die Epiphone Company geht auf den 1903 mit seiner Familie in die USA ausgewanderten griechischstämmigen Instrumentenbauer Anastasios Stathopoulo aus Smyrna (heute Izmir) zurück. Zunächst ging er im New Yorker Stadtteil Queens, dann ab 1907 in Downtown Manhattan seinem Handwerk nach, erweiterte das traditionell gebundene Angebot aber bald um die seinerzeit populären Mandolinen. Nach Anastasios Tod im Jahr 1915 übernahm sein ältester Sohn Epaminondas „Epi“ Stathopoulo zusammen mit der Mutter die Firma. Epi hatte die Columbia University besucht, auch mit Auszeichnung abgeschlossen und fügte sich problemlos in das amerikanische Leben ein. Er erweiterte das Programm nach dem Ersten Weltkrieg erfolgreich um Banjos und übernahm nach dem Tod der Mutter 1923 die alleinige Verantwortung für das Unternehmen, das nun ‚Epiphone Banjo Company‘ hieß. Epi liebte das Nachtleben, verbrachte viel Zeit in Clubs und Theatern und war deshalb bestens über musikalische Entwicklungen informiert.
Früh erkannte er den Trend und begann ab 1928 mit der Herstellung von Gitarren, die sich schon bald zum wesentlichen Produkt der Firma entwickeln sollten. Epiphones akustische Archtops erfreuten sich dank guter Qualität und bester Handhabung schnell großer Beliebtheit bei professionellen Musikern und bereits 1935 wurde der Name des Unternehmens in Epiphone Inc. gewandelt. Epiphone hatte sich mit Modellen wie Coronet, Century und Zephyr in recht kurer Zeit zum echten Rivalen des Marktführers Gibson aufgeschwungen. Es kam Mitte der 1930er-Jahre sogar zu einem Kampf um Korpusgrößen („size wars“), was bei Epiphone zu einem Korpusformat von 18 1/2 Zoll (etwa 47 cm) beim Topmodell Zephyr Emperor Regent führte.
Gibson konterte mit dem 1934 vorgestellten Archtop-Modell Super 400, das über einen 18-Zoll-Korpus verfügte. Die übergroßen Epiphone-Archtops mit herausfordernden Modellnamen wie Emperor oder Triumph wurden von vielen Gitarristen in den zu jener Zeit immer lauter werdenden Jazz-Big-Bands gespielt. Was wenig überraschend schon bald zu einem neuen Wettlauf führte, dem um die Elektrifizierung. Bereits in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre stellte Epiphone seine ersten elektrischen Gitarren mit Tonabnehmern vor, bald darauf auch noch eine Reihe von Electraphone-Gitarrenverstärkern.
1937 hatte der findige Epiphone-Entwickler Herb Sunshine mit dem TruBalance-Pickup einen Tonabnehmer mit einzeln justierbaren Polschrauben entwickelt, der fortan die zuvor verwendeten Horseshoe Pickups in Epiphone Modellen wie Century, Coronet oder Zephyr ersetzte. Gibson dagegen hatte schon im Frühjahr 1935 den Musiker Alvino Rey beauftragt, zusammen mit Ingenieuren der Firma Lyon & Healy in Chicago den Prototypen eines Tonabnehmers zu entwickeln. Im selben Jahr noch wurde die Forschung ins eigene Haus verlegt, wo der Gibson-Mitarbeiter Walter Fuller das Pickup-Design vollendete. Gibson führte das Ergebnis, den charakteristischen sechseckigen Tonabnehmer, erstmals Ende 1935 in einem Lap-Steel-Modell ein. Der Pickup wurde dann auch in die Archtop-Gitarre ES-150 eingebaut, wovon das erste Exemplar am 20. Mai 1936 vom Gibson-Werk in Kalamazoo ausgeliefert wurde.
Aber zurück zu Epiphone: Als „Epi“ Stathopoulo 1943 an Leukämie starb, übernahmen seine Brüder Orphie und Frixo das Unternehmen. Epiphone produzierte zwar weiterhin erfolgreich akustische und elektrische Gitarren, aber Epis Weitsicht und geschäftstüchtige Wendigkeit fehlten schmerzlich. Als dann im Jahr 1951 ein Streik die Produktion am Firmenstandort New York City für vier lange Monate lahmlegte, brachte das die Firma in arge finanzielle Not. Man sah sich gezwungen, New York zu verlassen und zog um nach Philadelphia. Ende der 50er-Jahre musste Gibsons großer alter Rivale aus der goldenen Zeit der Archtops endgültig die Waffen strecken und wurde von Gibson übernommen.
EPIPHONE MADE BY GIBSON
Gitarren der Zephyr-Reihe wurden von Epiphone von 1939 bis 1957 gebaut. In unterschiedlichen Abstufungen und Ausstattungen waren diese stattlichen Archtops unter Namen wie Deluxe (1941 – 1954), Deluxe Regent (1949 – 1958) oder Emperor Regent (1950 – 1958) zu haben. Es gab von Epiphone aber auch spanische Zephyr-Gitarren, die Zephyr-Mandoline, die Zephyr-Hawaii-Gitarre und einen Zephyr-Verstärker.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt handelte es sich bei dem Namen Zephyr dann um ein elektrisches und nicht um ein akustisches Instrument, und der Name Regent stand für einen Cutaway-Korpus. Gibson legte das überarbeitete Basismodell Zephyr mit schmalem 17,5“-Body noch einmal auf, blieb sogar bei der Modellbezeichnung E312, die allerdings in E312T geändert wurde, um die Thin-line-Korpusform zu unterstreichen. Ende 1958 erschien die Gibson-made Epiphone E312T Zephyr Archtop in Sunburst erstmals im Gibson-Katalog. Die Zephyr-Single-Cutaway-Hollowbody, auch bekannt als das „John-Lee-Hooker-Modell“, war die erste Epiphone Gitarre, die von Gibson in der alten Kalamazoo Fabrik gebaut wurde – allerdings nur für fünf Jahre. Von der alten Archtop-Herrlichkeit blieb ansonsten nur noch das Modell Broadway im Programm und die hielt sich dort sogar noch bis 1970.
Das vorliegende Exemplar gehört zu den frühen Ausführungen des Zephyr-Modells aus dem Jahre 1958. Es verfügt über einen in Wölbung gepressten hohlen Body aus laminiertem Ahorn, kombiniert mit einem zweiteilig über einen schmalen Ahornstreifen gefügten Hals aus Mahagoni, der noch aus dem alten Epiphone-Fundus stammt.
Bei diesen frühen Gitarren aus Gibson-Produktion finden sich auch noch die originalen New-York-made Epiphone-Parts, wie die charakteristischen Carrosel Knobs, das klassische Bikini-Kopfplattenlogo aus Metall auf der ikonischen Kopfplatte und schmale New-York-Style-Pickups, die noch bis 1960 von Gibson verbraucht wurden. An der Gitarre ist alles noch im originalen Zustand und die Sunburst-Farbe ist kaum verblasst. Sie verfügt über ein Bigsby-Vibrato, welches das frühere Frequensator Tailpiece ersetzte. Standard in der Neuauflage war ein Gibson-typisches Trapeze-Tailpiece.
Die vier Potentiometer zur individuellen Volume- und Tone-Kontrolle der Pickups wurden bei der Zephyr erstmals von Gibson eingeführt. Die originalen Kluson „Single-line“-Mechaniken funktionieren immer noch gut, halten die Stimmung. Allerdings wurden die 20 Bünde im gebundenen Griffbrett aus Rio-Palisander mit schönen MOP-Inlays offenbar erneuert. Zu nennen bleibt noch das braune Tortoise Pickguard, die justierbare Aufsatzbrücke mit Palisanderfuß und das originale braune Lifton-Case mit pinkfarbenem Interieur.
Nimmt man diese Archtop in die Hand, erschließt sich sofort ihre große Klasse. Der leicht V-förmige Hals fühlt sich hervorragend an, vermittelt ein souveränes Spielgefühl. Dann springen auch schon die ersten Akkorde lebhaft und ungemein transparent aufgelöst vor, zeigen Tiefgang mit bester Rundung und Farbe. Die schmalen New-York-Pickups wandeln die resonanzstarken akustischen Grundlagen in überraschend volltönende Sounds mit trockener Holznote. Diese Zephyr beeindruckt durch elegante harmonische Darstellung und eine besondere Federkraft mit markant betontem Anschlagsverhalten.
STATISTIK
In der kurzen Bauphase von 1958 bis 1964 wurden lediglich 415 Exemplare der Zephyr erstellt, davon über 85% in Epiphones Shaded Finish (Sunburst), der Rest in Natural. Sowieso selten zu finden, sind die frühen Ausführungen mit originalen Epiphone-Parts die begehrtesten. Ab 1960 findet man dann Mini-Humbucker und Gibson-Knöpfe auf der Gitarre. 1961 betrug der Katalogpreis der Zephyr 280 Dollar, heute werden für diese schönen Gitarren am Vintage-Markt um die 5.000 Euro aufgerufen.
(erschienen in Gitarre & Bass 08/2022)