Wenn von der Banner-Era die Rede ist, sind Fans von Gibson-Vintage-Acoustics sofort ganz Ohr. Nicht ohne Grund gelten Modelle aus den 40er-Jahren mit dem Slogan „Only a Gibson is Good Enough“ auf der Kopfplatte als Goldstandard der Firma.
Von 1942 bis 1946 bekamen die Kopfplatten der Gibson-Gitarren den heute so berühmten Slogan „Only a Gibson is Good Enough“ in goldenem Banner aufgeprägt. Die Gitarren dieser Phase gelten vielen Spielern als die besten, die Gibson jemals produziert hat. Die Instrumente aus dem Zweiten Weltkrieg sind schon deshalb etwas Besonderes, da sie zu etwas anderen Bedingungen und auch unter Verzicht bestimmter Materialien gefertigt wurden.
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Vor allem aber war der Mitarbeiterstamm durch Einberufungen oder auch Abberufungen zur Produktion von Militärgütern stark geschrumpft und abgesehen von einigen verbliebenen älteren Arbeitern wurden viele Frauen für den Gitarrenbau bei Gibson engagiert, erst spät geehrt als „Kalamazoo Gals“. Das ist maßgeblich John Thomas zu danken, von Haus aus Juraprofessor, aber auch freiberuflicher Schriftsteller und passionierter Gitarrist „mit dem Streben nach Mittelmäßigkeit“. Der hatte nämlich ein Foto entdeckt, auf dem Mitte der 1940er-Jahre mehr als 70 Frauen zu einem Gruppenbild aufgereiht vor der Gibson-Fabrik in Kalamazoo zu sehen sind.
Nach Firmenüberlieferungen hatte Gibson die Gitarrenproduktion während des Zweiten Weltkriegs weitgehend eingestellt. Nur einige erfahrene Handwerker, zu alt für den Kriegsdienst, hätten noch Reparaturen ausgeführt und die wenigen bereits in Arbeit befindlichen Instrumente fertiggestellt. Was zum Teufel hatten dann diese vielen Frauen dort zu suchen? Thomas ließ das Thema nicht mehr los, machte sich auf die Suche nach ihnen und fand noch einige wenige Überlebende. Die bestätigten seine Vermutung, dass Gibson damals fast ausschließlich Frauen beschäftigte.
Diese Frauen also bauten Tausende von den heute so berühmten Golden Banner Guitars, denn das Banner erschien auf den Gitarren, als sie im Januar 1942 die Fabrik betraten, und verschwand nach Kriegsende dann wieder mit den Frauen. John Thomas verfasste ein verdienstvolles Buch und verschaffte den so lange totgeschwiegenen „Kalamazoo Gals“ eine späte Genugtuung und die verdiente Anerkennung.
Kriegsbedingte Restriktionen führten damals zu Engpässen an Material und das erzwang allerlei Improvisation. Für die geschätzt etwa gut 4.000 handgefertigten Gitarren, die in dieser Periode in der Gibson-Fabrik hergestellt wurden, kamen somit alle noch vorrätigen Parts und Hölzer zur Verwendung, die keinen Einschränkungen unterlagen. Das machte viele der Banner-Gibsons in irgendeiner Weise einzigartig.
Manche Gitarren bekamen eine Mahagonidecke, andere Boden und Zargen aus Ahorn, auch kam gelegentlich Pappelholz für Hals- und Endklötze zum Einsatz und manchmal wurde auch gestückelt, um eine Gitarre fertigzustellen – es gibt u.a. vierteilig gefügte Decken – und sehr viele haben keinen Halsstab, denn vor allem Metall war der Waffenproduktion vorbehalten.
Auch hinter der 1942 eingeführten LG kann man durchaus Sparzwänge vermuten, denn Fichte war während der Kriegsjahre in ausreichend großem Durchmesser für die Decken nur schwer zu beschaffen. Der Korpus der LG entspricht etwa der Größe einer Konzertgitarre. Allerdings hatte Gibson auch schon vor dem Krieg mit Student Models mehr als die Hälfte des Umsatzes an Flat Tops gemacht. Das LG-Modell kam mit Halsansatz am 14. Bund, der klassischen 628 mm Gibson-Mensur und Hals aus Mahagoni mit Griffbrett aus Rio-Palisander von zunächst 19 Bünden heraus.
KALAMAZOO GALS
Der amerikanische Singer-Songwriter John Hiatt sagt über seine LG-2 von 1947: „Das ist meine Lieblingsgitarre – die beste Akustikgitarre die ich jemals besessen habe. Nichts schlägt diese kleine LG-2. Sie klingt nach Holz, sie klingt wie ein Baum.“ Nun, dieses Instrument fällt aus dem Banner-Rahmen zwar heraus, versprüht aber offenbar noch dessen Charme.
Die vorliegende LG-2 von 1944 ist ein beispielhaftes Banner-Exemplar. Gebaut mit den Standardmaterialien: Mahagoni für Boden und Zargen, Fichte (Red Spruce) für die Decke und Mahagonihals mit Rio-Palisandergriffbrett, aber ohne Trussrod. Zur Halsstabilisierung hat man in der Regel ersatzweise einen Streifen Hartholz eingelegt. Bemerkenswert ist neben dem leichten Gewicht der Gitarre auch noch der konische Zuschnitt in der Kopfplattenstärke, ein Merkmal das sich bei Gibson Acoustics noch bis 1952 hielt.
Diese kleine Banner LG-2 korrespondiert anstandslos mit bereits zuvor gemachten Erfahrungen mit Gibsons dieser Periode. Ihrem leichten Gewicht entspricht die unschlagbar luftige Tonentfaltung, gefolgt von einer klangfarblichen Delikatesse, die ihresgleichen sucht. Das ist so eine Gitarre die mit dir atmet, die einen wunderbar diffizilen Obertonodem freisetzt.
Warm und doch fest zugleich, mit geschmeidig offenen Höhen und wunderbar gerundeten, sehr konkreten Mitten. Klänge von dreidimensionaler Tiefe rühren an, erscheinen leichtfüßig wie von innen angeblasen. Man möchte sich reinlegen – Stairway to Heaven! Kein Wunder, dass diese Gitarren so überaus begehrt sind. Im Übrigen besitzt diese LG des fehlenden Halsstabs wegen natürlich einen runden fetten Hals. Nicht jedermanns Sache, aber nach der Installation von angemessen schlanken neuen Bünden doch richtig gut zu spielen.
Bild: Holtmann
Bild: Holtmann
Bild: Holtmann
Bild: Holtmann
Bild: Holtmann
Bild: Holtmann
STATISTIK
Shipping Numbers, also veröffentlichte Zahlen über hergestellte Modelle, gibt es aus dieser Zeit offiziell nicht. Dennoch ergaben mühsame Recherchen – John Thomas sei Dank – eine Gesamtzahl von 4185 Banner-Exemplaren der LG-2, davon 1715 allein aus 1944. Preise für die selten angebotenen Banner-Gitarren variieren stark nach Zustand. 80 Jahre gehen an einer eher labilen Konstruktion wie der einer Gitarre nicht immer spurlos vorbei.
Eine leidlich gut erhaltene LG-2 Banner Gibson ist ab etwa € 6000 aufwärts zu finden. Im Bestzustand ohne Brüche, Oversprays o.ä. wird aber auch locker schon mal das Doppelte verlangt. Dank geht an den Autor John Thomas (Kalamazoo Gals/American History Press) und an Simon Gauf von Guitar Point in Frankfurt.
Lieber Franz, einen schönen Artikel hast du da geschrieben! Das Buch ist natürlich sehr empfehlenswert!
Beim genaueren Hinschauen hätte dir allerdings auffallen können, dass die Decke nicht Red Spruce ist sondern Sitka. Das Griffbrett ist soweit vom Foto erkennbar nicht bras. Palisander sondern Gumwood, ein Ersatz für bras. Palisander für Griffbrett und Steg, der ab spät 1943 bis 1944 bei einigen Banners verwendet wurde für. Die Mechaniken sollten Kluson Mechaniken sein mit genieteter Welle, diese hier sind moderne Ersatzmechaniken, die zufälliger Weise sogar von uns stammen.
Thank you for featuring my book and the Kalamazoo Gals! John Thomas
Lieber Franz, einen schönen Artikel hast du da geschrieben! Das Buch ist natürlich sehr empfehlenswert!
Beim genaueren Hinschauen hätte dir allerdings auffallen können, dass die Decke nicht Red Spruce ist sondern Sitka. Das Griffbrett ist soweit vom Foto erkennbar nicht bras. Palisander sondern Gumwood, ein Ersatz für bras. Palisander für Griffbrett und Steg, der ab spät 1943 bis 1944 bei einigen Banners verwendet wurde für. Die Mechaniken sollten Kluson Mechaniken sein mit genieteter Welle, diese hier sind moderne Ersatzmechaniken, die zufälliger Weise sogar von uns stammen.