Vintage-Gitarren: Interview mit Gregor Hilden & Dave Jordan
von Franz Holtmann,
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Gregor Hilden ist nicht nur allseits bekannt als eloquenter Blues-Gitarrist, sondern auch als Online-Händler (www.gregsguitars.de) ausgesuchter Gitarren mit großer YouTube-Präsenz. Natürlich ist er auch Sammler von Vintage-Gitarren, die er nötigenfalls instandsetzt und des Öfteren dann auch wieder weitergibt. Dave Jordan aka Sound-Ranger spielt Gitarre bei Long Distance Calling und unterhält in Münster unter einem gemeinsamen Dach mit Oliver Baron von Helliver Guitars seine eigene Werkstatt für die Optimierung, Modifizierung und Instandsetzung elektrischer Gitarren (www.soundranger.de). Gregor nimmt Daves Dienste gern und oft in Anspruch, wen also könnten wir besser fragen, als diese beiden Musiker, wenn es um das Thema „Vintage-Gitarren restaurieren, modifizieren & komplettieren“ geht?
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Gregor, durch deine Hände sind im Laufe der Zeit eine Menge von alten, aber modifizierten Gitarren gegangen. Wie gehst du mit solchen Oldies um?
Gregor: Dazu muss ich vorab was sagen: Also, da ist ein Wandel zu beobachten, hinsichtlich der Toleranzschwelle bezüglich Umbaumaßnahmen bei Gitarren. Während noch vor zehn, fünfzehn Jahren viel mehr von diesen Hardcore-Sammlern am Markt vertreten waren, denen eine völlig unberührte Gitarre hochnotwendig war, hat sich die Situation insofern geändert, als heute viel mehr praktizierende Musiker eben auch Vintage-Gitarren spielen. Die legen sogar Wert darauf, dass an entscheidenden Stellen auch schon mal sinnvolle Modifikationen stattfinden dürfen.
Welche Stellen sind das denn?
Gregor: Das sind vor allen Dingen erst einmal die Bünde. Während vor fünfzehn Jahren auch die Bünde an einer alten Gitarre noch ein Heiligtum waren, ist das heutzutage für praktizierende Gitarristen ein No Go, mit flachen abgespielten Frets auf die Bühne zu gehen. Eine Neubundierung führt auch heutzutage nicht mehr zu einem Wertverlust.
Also muss man da in Spieler und Sammler unterteilen?
Gregor: Diese puristischen Sammler, die ausschließlich Gitarren im Mint-Zustand sammeln, die gibt es eigentlich kaum noch. Praktizierende Gitarristen sind heute diejenigen, die alte Gitarren kaufen. Das kannst du sicher bestätigen, Dave, denn die kommen doch zu dir in die Werkstatt und wollen die ganz praktischen Dinge.
Dave: Ja total! Es gibt viele, die mit dem Instrument ihres Herzens kommen. Es war vielleicht das erste, aber damals halt schon gut. Nach all der Zeit sind da dann Mängel aufgetreten: das Vibrato funktioniert nicht mehr richtig, Sattel und Bünde sind runter, hier klappert was, die Potis krachen etc. – schon sehr individuell, was da angefragt wird. Ich versuche immer, extrem gut darauf einzugehen, nach dem Motto: Okay, was hab ich an Substanz, wo will der Typ hin und wie kann man das was er will erreichen?
Vielleicht müssen wir genauer definieren, wo Vintage ansetzt. Du meinst sicher nicht 50er-Jahre-Gitarren, oder?
Dave: Nee, in der Regel eher nicht. Aber man merkt schon, dass der Vintage-Vibe jetzt schon auf die nächstgünstigere Klasse überschwappt. Früher waren z.B. die Artist-Sachen von Ibanez nicht so interessant, das hat sich schon seit zehn Jahren gedreht.
Bei Ibanez will man auch schon Vintage-mäßige Restaurationen?
Dave: Ja, die Leute bringen Sachen rein und sagen: „Mach mal wieder original!“ Da besorgst du dann die alten Humbucker, wenn sie die nicht mehr haben.
Gregor: Substanzielle Parts wie die Pickups sind natürlich weiterhin ein wichtiges Thema. Gerade Pickups sollten immer original sein, wenn es um Vintage-Gitarren geht.
Wenn du jetzt eine alte Les Paul mit einem fremden Humbucker in der Stegposition bekommst, versetzt du die zurück in den Originalzustand?
Gregor: Ja, auf jeden Fall. Ich versuche generell, die Gitarre zurück in die Ausgangslage zu bringen, denn Modifikationen kann der künftige Besitzer dann ja immer noch selbst bestimmen. Die originale Ausstattung ist die beste Ausgangssituation und man kann eine E-Gitarre im Originalzustand auch immer besser verkaufen.
Sprichst du nicht eher von Restauration mit zeitgerechten Teilen? Das ist dann doch nicht wirklich die Originalausstattung des Instruments …
Gregor: Also, wenn ich eine Bridge von 1968 in meinem Fundus habe und die auf eine Gitarre des Jahrgangs montiere, kann man schon davon sprechen, dass das dann der Originalzustand ist.
Ist das belegbar? Kannst du Bridges denn tatsächlich so genau datieren?
Gregor: Es gibt eine Zeitspanne in der diese Bridges immer in der gleichen Machart konstruiert wurden. Deswegen ist es auch durchaus legitim, eine Austauschbrücke mit eben diesen Spezifikationen im Zuge der Restauration wieder zuzuführen.
Dave: Das meiste, was wir zusammen machen, betrifft aber die Pickups. Ich denk mal, bei 70 bis 80 Prozent unserer Aufträge geht es um die Zurückführung in den Originalzustand, durch korrekte Pickups. Was wir echt selten machen, ist den Originalzustand verlassen, also zu modifizieren …
Gregor: … das findet nur auf Kundenwunsch statt. Ja, meist sind es Gitarren mit ausgetauschten Pickups, die reinkommen. Die bekommt dann Dave auf den Tisch. Natürlich kann man mit Austausch-Pickups von Kloppmann, Amber, Häussel etc. die Gitarre in eine ganz bestimmte persönliche Richtung bringen. Mit guten Austausch-Parts kann man die Gitarre so steuern, dass sie den individuellen Wünschen noch mehr entspricht, als das vielleicht im Originalzustand der Fall ist. Das ist okay, solange die Original-Parts da sind, um die Ausgangslage wiederherzustellen. Wenn ein Kunde den Wunsch hat, etwa auf handgemachte High-End-Pickups upzugraden, weil er der Ansicht ist, das könnte was bringen, dann ist das absolut legitim. Er sollte aber auf jeden Fall die Originalteile behalten und sie nicht bei eBay verkaufen, nur weil die 150 € bringen.