Stimmungsmacher

VGS Stage One Pro mit Evertune Bridge System im Test

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E-Gitarre von VGS. stehend
(Bild: Dieter Stork)

 

Das Evertune Bridge Auto Tuning System der beiden Amerikaner Cosmos Lyles und Paul Dowd ist ein feinmechanisches Kleinod, dass allein per Federspannung – also ohne Strom – konstante Gitarrenstimmung garantiert, was im Umkehrschluss natürlich die Verwendung von Vibratosystemen ausschließt. VGS bietet die Evertune Bridge exklusiv auf vier Modellen seiner Pro Series und sieben seiner Select Series an.

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Konstruktion der VGS Stage One Pro mit Evertune Bridge System

Hinsichtlich ihrer Bauweise bringt die Stage One Pro nichts grundlegend Neues mit, eher ungewöhnlich ist indes die Kombination der verwendeten Hölzer. So dient der dicken, gewölbten Ahorndecke – die bookmatched Flammung ist einem Furnier zu verdanken – amerikanische Erle als Basis, deren rückseitige Ergofräsung für Tragekomfort sorgt. Der nur leicht eingefärbte aber transparent belassene Rand der in Faded Tobacco lackierten Decke täuscht Binding vor. Body-Lackierung und -Politur wurden tadellos ausgeführt. Ein ovales Zargenblech gibt der Klinkenbuchse ebenso sicheren Halt wie die zuverlässig packende Buchse dem Klinkenstecker und die großen Knöpfe dem Gurt. Hinten decken Kunststoffplatten das per Graphitlack bzw. Alufolie abgeschirmte E-Fach und die große Federkammer der Evertune Bridge ab.

Der zweiteilige Ahornhals sitzt stramm in seiner Aufnahmefräsung, wo er von vier Schrauben und einem dem ergonomischen Zargenverlauf angepassten Konterblech gehalten wird. In Höhe der Bünde 2 und 3 hat man die Kopfplatte großflächig angeschäftet. Für das Griffbrett kommt Ebonol zum Einsatz, ein Material aus Papier und Phenolharz, das unter hohem Druck zu einer homogenen, sehr harten Masse verbacken wird und daher nicht nur haptisch sondern vor allem optisch kaum von Ebenholz zu unterscheiden ist. Es trägt 22 perfekt bearbeitete Jumbobünde, Punkte und kleine Side Dots markieren die Lagen, während das geschwungene V des VGS-Logos den 12. Bund ziert. Wo vorne ein selbstschmierender Kunststoffsattel die Saiten zu den präzise arbeitenden Locking Tunern führt, verstärkt hinten ein Kragen den Übergang zur Kopfplatte. Hinsichtlich der Saitenlage ließen sich die Sattelkerben noch um den einen oder anderen Zehntelmillimeter optimieren, wenngleich das dank Evertune Bridge der Stimmung beim Greifen keinen Abbruch tut. Auch der Kopfplatte hat man ein Riegelahornfurnier spendiert und dieses zudem elegant schwarz eingefasst.

Für die erweiterte Humbucker-Schaltung konnte VGS zwei Seymour-Duncan-Klassiker verpflichten, nämlich einen SH-1 für die Hals- und einen SH-4 für die Stegposition. Verwaltet werden sie per Dreiwegschalter, Master-Volume- und Master-Tone-Potis. Dank integrierter Pull/Push-Funktion lässt Letzteres die Halsspule des Hals- und die Stegspule des Steg-Pickups verstummen.

 

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Ergonomie für die ganz hohen Lagen (Bild: Dieter Stork)

 

Die VGS Stage One Pro mit Evertune Bridge System in der Praxis

Am Gurt und auf dem Bein zeigt die Stage One Pro optimale Balance, liegt angenehm am Körper und lässt sich dank des griffigen, seidenmatten Halses, der sorgfältig polierten Bünde und des abgeschrägten, verrundeten Halsübergangs bis in die höchsten Lagen komfortabel bespielen. Das Schwingverhalten ist nicht sonderlich intensiv, dafür jedoch sehr gleichförmig, homogen und ausdauernd, sprich Sustain-reich. Mit flinker, direkter Ansprache und vitaler Tonentfaltung zeigt die Gitarre sehr gute Dynamikwerte. Auch wenn sie ohne Strom nicht gerade die Kraftvollste unter der Sonne ist, liefert sie doch ein wunderbar ausgewogenes Klangbild mit straffem Bass, gehaltvollen, saftigen Mitten, seidig brillanten Höhen und achtbarem Obertongehalt.

Die Humbucker-Kombination von SH-1 (59 Model) und SH-4 (JB Model) zählt zu den beliebtesten aus dem Hause Duncan und hält eine Mixtur aus spät-50er Vintage- und modernem High-Gain-Sound bereit, obgleich der SH-4 JB mittlerweile auch schon 35 Jahre auf dem Buckel hat. Der Hals-Pickup tönt warm, rund und breit aufgefächert, luftig und sehr dynamisch, behält auch im Distortion-Betrieb seine Transparenz und lässt dort jeden einzelnen Ton singen. Seine festen, definierten Bässe geben Mulm keine Chance. Mit identischen Höhen-, etwas geringeren Bass- und deutlich höheren Mittenanteilen gibt sich der SH-4 wesentlich aggressiver, liefert knackige, drahtige Clean-Sounds und durchsetzungsstarke Crunch- und Lead-Sachen mit kompakten Bässen und bissigen Höhen. Die Kombi beider Pickups erzeugt glockenklar perlende, helle Clean-Sounds, kann aber auch im Zerrbetrieb überzeugen. Die Coil-Splits liefern deutlich ausgedünntere Klänge, bieten wenig Fender-Attitüde, dafür aber gefällige Eigenständigkeit und empfehlen sich für klares Rhythmus- und Arpeggio-Spiel. Unabhängig von der Pickup- bzw. Spulenkonstellation punkten die Duncans mit geringen Nebengeräuschen und exzellenter Dynamik und fördern somit ausdrucksstarkes Spiel. Der Evertune Bridge „anzulasten“ ist die stets präsente leichte Kompression, die ähnlich einem frei schwebenden Vibrato beim Saitenanschlag für leichtes Schmatzen sorgt.

Die vom Hersteller empfohlene und wahrscheinlich überwiegend zur Anwendung kommende Bend-Stop-Justierung erweist sich bei den gewohnten Verstimmungen sogenannter Lagerfeuerakkorde, die sich ja aus gegriffenen und leer schwingenden Saiten zusammensetzen, als überaus effizient. Hohe Jumbobünde gelten in diesem Fall erst recht als Stimmungskiller, und auch übermäßig hart angeschlagene Saiten gehören zum Thema. All das kompensiert die Evertune Bridge perfekt. Wer jedoch bei Bendings, Double Stops, Fingervibratos, Blue Notes o. ä. vom Instrument Präzision und auch unmittelbare Reaktion verlangt, dem wird die eher grobe Einstellempfehlung des Herstellers „Nach Überschreiten des Sweet-Spot drehe man die jeweilige Mechanik um eine Viertelumdrehung zurück“ nicht ausreichen. Auf diese Weise justiert, nimmt die Tonhöhe von Bendings nämlich erst mit spürbarer Verzögerung zu, und zwar dann, wenn der Saitenreiter seinen Anschlagpunkt erreicht hat, woraus ein verändertes Spielgefühl resultiert. Wer jedoch die Arbeit mit schwebend eingestellten Vibrato-Systemen gewohnt ist, wird auch mit dem Evertune keine Probleme haben.

 

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Zusätzliches Blech für Stabilität und gegen Eigenschwingungen (Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Die VGS Stage One Pro Evertune präsentiert sich als erstklassig klingende, vorbildlich verarbeitete und optisch ansprechende Gitarre. Angesichts ihres Preises erstaunt die Ausstattung mit exzellenter Hardware, namhaften Pickups und nicht zuletzt der Evertune Bridge. Unabhängig von Jahreszeit, wechselnder Witterung und Temperatur beeindruckt diese mit stets stabiler und perfekter Stimmung. Wer also auf ein Vibrato verzichten kann, des nervigen Stimmens müde ist und dennoch ein stets perfekt getuntes Instrument sucht – bitte schön. Und das alles zu einem überaus fairen Preis …

 

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Fine Tuning (Bild: Dieter Stork)

 

EXTRA: Evertune Bridge

Da wir das Auto-Tune-System bereits in Heft 10/2010 ausführlich besprochen haben, werde ich versuchen, mich kurz zu fassen: Im Prinzip arbeitet die Evertune Bridge wie ein schwebend (floating) eingestelltes Fender-Style-Vibrato. Unterschied: Hier werden die sechs einzelnen Saitenreiter von jeweils einer langen Zugfeder in Position gehalten, die hier Sweet-Spot genannt wird. Fingervibratos, -Bendings, übermäßig starken Druck auf die Saiten zwischen den Bünden oder harten Saitenanschlag interpretiert das System als Verstimmungen, die durch die nachgebenden Federn präzise ausgeglichen werden. Soll heißen, man kann die Saiten verziehen wie mal will, sie behalten stets konstante Stimmung, natürlich auch bei extremen Witterungs- und Temperaturschwankungen. Optimal also für Gitarristen, die ohne die erwähnten spielerischen Ausdrucksmöglichkeiten auskommen. Doch wer möchte das schon?! Für diesen (wahrscheinlicheren) Fall bietet das Evertune die Bend-Stop-Justierung, die Vibratos und Bendings gestattet, alle anderen Unwägbarkeiten indes eliminiert – quasi eine Mischung aus Fixed Bridge und Floating Vibrato. Zieht man jedoch bei einem schwebend eingestellten traditionellen Vibrato eine Saite, sinken die Tonhöhen aller anderen. Genau das hat das Evertune voll im Griff. Wer gar gänzlich auf die Auto-Tune-Funktion verzichten möchte, soll sich doch eine andere Gitarre kaufen. Scherz beiseite, für diesen (Not-)Fall bietet die Bridge die Back-Stop-Einstellung, die das System komplett außer Betrieb setzt, indem jeder einzelne Saitenreiter einen fixen Anschlagspunkt erhält. Für die ganz Ausgefuchsten sind natürlich auch Einstellungskombinationen möglich, da sich die Reiter ja individuell justieren lassen. Während per Kopfplatten-Tuner nach einem Saitenwechsel die Grobstimmung bzw. der Sweet-Spot oder Bend-Stop eingestellt werden, werden Fine Tuning, Oktave und Höhe einer jeden Saite per Inbusschlüssel an der Evertune Bridge justiert.

 

Übersicht

Fabrikat: VGS (Visions In Guitars)

Modell: Stage One Pro Faded Tobacco

Typ: Solidbody-E-Gitarre

Herkunftsland: Indonesien

Mechaniken: Locking, gekapselt, 18:1

Hals: Ahorn, zweiteilig, verschraubt

Sattel: Kunststoff, selbstschmierend

Griffbrett: Ebonol, Perloid Dot Inlays, V-Inlay im 11./12.Bund

Radius: 14″

Halsform: C, flach

Halsbreite: Sattel 43,08 mm; XII. 52,11 mm

Halsdicke: I. 21,10 mm; V. 21,36 mm; XII. 22,98 mm

Bünde: 22, Jumbo (2,70 × 1,40 mm)

Mensur: 648 mm

Korpus: Amerikanische Erle; Decke: Ahorn, 15 mm, gewölbt, ca. 1 mm Riegelahornfurnier

Oberflächen: Korpus: Faded Tobacco, hochglanzpoliert; Hals: Natural Satin

Schlagbrett:

Tonabnehmer: 2× Seymour Duncan Humbucker (Hals: SH-1 59, 7,21 kOhm; Steg: SH-4 JB, 15,55 kOhm)

Bedienfeld: 1× Master-Volume, 1× Master-Tone mit Coil Split (Pull/Push), 1× Dreiweg-Pickup-Schalter

Steg: Evertune Bridge System

Hardware: verchromt

Saitenlage: E-1st 1,15 mm; E-6th 1,30 mm

Gewicht: 4,12 kg

Lefthand-Option: nein

Vertrieb: GEWA Music GmbH

08626 Adorf

www.gewamusic.com

www.vgs-guitars.com

Zubehör: 2 Justierschlüssel, 6 Madenschrauben, Evertune Manual

Preis: ca. 920

 

Plus

  • Sounds
  • Sustain & Dynamik
  • Hardware
  • Stimmstabilität durch Evertune Bridge
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

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