Retro-Sounds bis Zitteraal

Uni(versales) Vibe: J. Rockett Uni-Verb

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(Bild: Dieter Stork)

Schon wieder ein Klon des klassischen Shin-Ei-Uni-Vibe-Effekts? Nein! J. Rockett hat zwar grundsätzlich ein Pedal in der Tradition dieser Machart entworfen, das Ganze aber noch mit einem Reverb-Effekt aufgepeppt. Sinnvolle Ergänzung einer Pedal-Legende oder einfach Schnickschnack? Das gilt es zu klären!

Die Idee ist eigentlich ziemlich simpel und vielleicht genau deswegen auch so gut: Anstatt eine reine Uni-Vibe-Kopie zu bauen, hat J.Rockett mit ihrem Uni-Verb im Grunde zwei Effekte in ein Gehäuse gesteckt. Da wäre zunächst der Vibe-Effekt, der ja bekanntlich gerne ganz am Anfang einer Effektkette sitzt und so besonders gut mit den Tonabnehmern der Gitarre und der Dynamik der Anschlagshand interagieret. Der Federhall-Effekt dagegen, wird in der Regel ja eher an den hinteren Teil der Effektkette verbannt, um den Sound nicht in einem undefinierbaren Brei untergehen zu lassen.

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Damit beide Effektsektionen des Uni-Verbs nun an der „richtigen“ Stelle im Pedal-Routing sitzen, hat sich der Hersteller eine pfiffige Lösung einfallen lassen: Grundsätzlich wird das Uni-Verb als erstes Pedal in die Effektkette geschaltet. Nachfolgende Geräte können nun in den FX-Loop des Pedals geschaltet werden, dessen Return dann in die Reverb-Sektion führt. So hat jeder Effekt seinen korrekten Platz (was natürlich nicht bedeutet, dass man es nicht auch anders handhaben kann – hier bestimmt letztendlich der eigene Geschmack was richtig klingt).

ES GLÜHT DIE BIRNE

Bereits Design und Haptik des Uni-Verbs wissen zu überzeugen: Das Gehäuse aus beschichtetem Aluminium und die sehr gut lesbar bedruckte Metallplatte auf der Oberseite des Geräts machen einen ausgesprochen hochwertigen Eindruck. Vor allem der verwendete Font des Uni-Verb-Schriftzugs lässt Retro-Feeling aufkommen, da dieser sich deutlich am japanischen Original des Herstellers Shin-Ei orientiert. Der positive Eindruck setzt sich nahtlos fort, wenn man die vier Schrauben der Bodenplatte löst und einen Blick auf das Innenleben wirft.

(Bild: Dieter Stork)

Eine große Platine nimmt fast die gesamte Größe des Gehäuses ein und kann durch eine ausgesprochen saubere Verarbeitung punkten. Vor allem die kleine Fotozelle samt pulsierender Glühbirne sowie der große Accustronics-BTDR2H-Chip fallen hier positiv auf. Für eine Batterie ist leider kein Platz mehr geblieben.

(Bild: Dieter Stork)

Die Aufteilung der Bedienelemente ist eigentlich recht einfach gehalten: Auf der rechten Seite des Uni-Verbs befindet sich die Chorus/Vibe-Sektion, die neben den beiden kleineren Intensity- und Speed-Reglern ein Chickenhead-Poti aufweist, das den Anteil des Effektsignals bestimmt. Während der rechte Fußschalter ein reiner On/Off-Switch für den Modulationseffekt ist, lässt der mittlere Footswitch zwischen Chorus- und Vibrato-Effekt wählen. Etwas irreführend finde ich hier, dass die LED bei aktiviertem Chorus gar nicht leuchtet, sondern nur im Vibrato-Modus aktiv ist.

Auf der linken Seite befindet sich ein On/Off-Schalter für den Reverb-Effekt, der grundsätzlich vollkommen unabhängig vom Vibe arbeitet. Regelbar ist der Hall neben seiner Lautstärke noch mit einem Dwell-Poti, das die Länge der Hallfahne und den Anteil der Reflexionen im Effektsignal des Reverbs bestimmt. Zu guter Letzt gibt es noch ein Master-Volume-Poti für die Gesamtlautstärke des Uni-Verb. Die vier Klinkenbuchsen für In- und Output sowie den Einschleifweg, befinden sich, genau wie die Buchse für die Stromzufuhr, auf der Stirnseite des Pedals.

Soundcheck & Resümee auf Seite 2

RETRO-SOUND BIS ZITTERAAL

Für den Test habe ich das Uni-Verb vor einen vollkommen clean eingestellten Verstärker geschlossen und widme mich zunächst einmal der Vibrato/Chorus-Sektion. Alle Regler in Mittelstellung und schon ist er da: Der wunderbar warme, nicht zu sehr in das klangliche Geschehen eingreifende Modulationseffekt – einfach unverwechselbar. Der pulsierende Chorus-Effekt ist eben nicht einfach nur ein schnöder Chorus, sondern schafft im Falle des Testgerätes die feine Gratwanderung zwischen weicher Modulation der Tonhöhe und einem dezenten Tremolo.

Die beiden Potis für Intensity und Chorus-Mix bieten ein Maximum an Kontrolle über die Klangtiefe und die Lautstärke des Effekts, während der Speed-Regler eine beachtliche Bandbreite der Modulationsgeschwindigkeit ermöglicht. Von ganz langsamen Swell-Sounds bis hin zum leslieartigen Zitteraal ist hier alles möglich. Nimmt man nun den Reverb-Effekt hinzu, kommt die volle, klangliche Wucht des Uni-Verbs zum Tragen. Der Federhall, der sich laut Hersteller an den Hall-Tanks der 50er-Jahre orientieren soll, klingt so voll und warm, dass man ihn einfach nicht mehr deaktivieren will.

Am spannendsten ist hier das Dwell-Poti. Hier wird nicht einfach nur die Länge des Reverbs verändert – vielmehr greift der Regler tiefgreifend in den Charakter des Halls eins. Von dezentem Nachhall bis hin zu einem scheppernd-dreckigen Sound wird einem hier eine ganze Palette an Klängen geboten, die zu jederzeit geschmackvoll klingen. Nimmt man nun beispielsweise ein Delay- und/oder ein Overdrive-Pedal in den FX-Loop des Uni-Verbs, lassen sich interessante Kombinationen realisieren.

Vor allem mit einem Verzerrer im Einschleifweg macht das Pedal eine ausgesprochen gute Figur. Hier kommt der Vibe-Effekt noch ein wenig deutlicher zur Geltung, ohne dass der Gesamt-Sound in Verbindung mit dem Reverb zu matschig wird. Möchte man einen etwas präsenteren Modulationscharakter haben, macht ein Wechsel auf den Vibrato-Effekt Sinn. Hier ergibt sich vor allem bei höherer Effektgeschwindigkeit ein toller Retro-Leslie-Klang. Bei deaktiviertem Uni-Verb bleibt der Einschleifweg übrigens aktiv. Wenn also im FX-Loop ein Drive-Pedal sitzt, welches immer aktiviert bleiben soll (für den Grund-Sound beispielsweise), ist dies ohne Weiteres möglich.

Schön wäre jedoch ein global agierender Bypass-Switch, der beide Effektsektionen des Pedals gleichzeitig schaltet. Für einen bewusst etwas dreckigeren Klang kann man natürlich auch einen Verzerrer vor das Uni-Verb schalten: Dann bekommt der Sound einen deutlich „schmierigeren“, fast Phaser-ähnlichen Charakter, der aber viel Charme hat und je nach verwendetem Overdrive-Pedal sehr wandlungsfähig ist.

RESÜMEE

J.Rockett hat es mit dem Uni-Verb geschafft, einen Pedal-Klassiker mit einigen pfiffigen Features zu erweitern. Die Gefahr, eine solche Legende wie das Uni Vibe zu „verschlimmbessern“, ist natürlich durchaus gegeben. Dies ist hier aber keineswegs der Fall – ganz im Gegenteil: Das Uni-Verb mag zwar das Rad nicht neu erfunden haben, es aber zumindest doch ein bisschen runder gemacht.

Die Abstimmung der beiden Effekte, die unglaubliche klangliche Qualität, das extrem praxisnahe Konzept und die tolle Verarbeitung sind ziemlich großartig! Dieses Pedal macht richtig Spaß, vor allem in Verbindung mit anderen Effektgeräten im FX-Loop. Was nicht ganz so viel Spaß macht, ist der Preis. 529 Euro sorgen erstmal für Schnappatmung und es wird wieder einmal deutlich, dass Inflation und Dollarparität auch unser liebstes Hobby betreffen. Gerade bei Geräten, die vollständig in den USA gefertigt werden, tun diese Faktoren derzeit richtig weh. Ist man aber bereit, diese Summe in die Hand zu nehmen, wird man mit einem der besten Vibe-Pedale belohnt, die der Markt derzeit zu bieten hat.

PLUS

  • Verarbeitung
  • Bandbreite der Modulationsgeschwindigkeit
  • Klangcharakter
  • FX-Loop
  • Vibrato/Chorus-Switch

MINUS

  • kein globaler Bypass-Schalter
  • LED beim mittleren Fußschalter evtl. irreführend


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2022)

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