Feldrekorder erfreuen sich seit langer Zeit großer Beliebtheit und das zu Recht. Um Ideen spontan festzuhalten oder Gespräche aufzuzeichnen, sind die meist kompakten Geräte super geeignet. Zoom fahren allerdings deutlich schwerere Geschütze auf und präsentieren mit dem H8 einen mobilen Alleskönner mit vielen tollen Extras, aber auch ein paar Abzügen in der B-Note.
Bei Feldrekordern denken die meisten an die jackentaschenfreundlichen Geräte mit X/Y-Mikrofonen und im besten Fall einer Miniklinke als Eingang für externe Quellen. Dass das Zoom H8, welches nun vor mir auf dem Tisch liegt, eindeutig nicht mehr in diese Kategorie fällt, wird schnell klar. Wechselbare Mikrofone, sechs Eingangsbuchsen und ein Touchscreen lassen keine Zweifel daran aufkommen, dass dieses Gerät mehr kann, als bloß ein Interview aufzuzeichnen.
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ÜBERSICHT
Offiziell wird das H8 als „Handy Recorder“ geführt, also als ein handliches Aufnahmegerät. Sonderlich handlich ist es allerdings nicht mehr, denn das Gehäuse aus stabilem Kunststoff bringt doch einiges auf die Waage. Insbesondere, wenn man das Batteriefach auf der Rückseite mit vier AA Zellen gefüllt hat. Die Größe tut ihr Übriges dazu, dass man das Gerät lieber auf einem Stativ oder dem Tisch aufbaut. Bei der Vielfalt an Anschlussmöglichkeiten kann man das aber wohl kaum als echten Negativpunkt betrachten. Pro Seite finden sich drei XLR-Eingangsbuchsen, wobei jeweils die mittlere als Kombibuchse ausgeführt ist, um Klinkenkabel aufnehmen zu können. Um zu verhindern, dass sich Kabel in die Quere kommen, sind die Buchsen in Winkeln zueinander angebracht.
Gleichzeitig hat dies den Vorteil, dass sich das Gerät etwas besser handhaben lässt. Clever! Als sehr angenehm empfinde ich die Möglichkeit, jeden Eingang direkt über einen Regler separat einpegeln, sowie die korrespondierenden Kanäle per Taster scharf schalten bzw. muten zu können. Dass sich die Kombibuchsen auf High-Z schalten lassen, versteht sich schon fast von selbst. Alle wichtigen Aufnahmeparameter sind so direkt mit einem Handgriff erreichbar. Um das integrierte Stereomikrofon nutzen zu können, muss zunächst die Abdeckkappe an der Stirnseite des Gerätes entfernt und die mitgelieferte Kapsel mit den Mikrofonen aufgesteckt werden. Das Interessante dabei ist, dass Zoom Austauschkapseln mit verschiedenen Richtcharakteristiken, sowie ein Erweiterungsmodul mit vier weiteren XLR-Eingängen anbietet, um das Setup den Bedürfnissen anzupassen.
Mit dieser Auswahl sollte für jede Situation etwas dabei sein, sei es eine Band, Konferenz, Podcast oder ein Filmdreh. Die zum Lieferumfang gehörende X/Y-Kapsel ist ein ordentlicher Allrounder mit eigenem Regler für die Vorverstärkung. Entgegengesetzt zum Mikrofon befinden sich auf der unteren Stirnseite die Kopfhörer- bzw. Line-Ausgänge in Miniklinkenformat, ebenso wie ein Micro-USB-Anschluss und die drei Taster für Aufnahme, Play/Pause und das Aufrufen des Hauptmenüs. Auffällig ist ein weiterer größerer Anschluss, welcher als Steckplatz für ein separat erhältliches Bluetooth-Modul dient, das die Fernsteuerung per Smartphone erlaubt. Etwas schade, dass diese Funktion nicht bereits ins Gerät integriert ist. Aufgenommenes Material wird auf einer SD-Karte gespeichert, für welche sich auf der linken Seite ein Einschub befindet.
AUFNAHMEMODI
Nach der Inspektion des H8 geht es nun an erste Versuche im Recording und trotz des großen Funktionsumfangs geht das erstaunlich intuitiv. Das meiste wird über den Touchscreen gesteuert, welcher zwar nicht so schnell und genau auf Eingaben reagiert, wie man es vom Smartphone kennt, jedoch absolut funktional ist. Im Home-Menü, das in seiner Struktur stark an ein Smartphone erinnert, gibt es drei Aufnahmemodi, anwählbar als Apps. Zunächst wäre da ein klassischer Feldrekorder-Modus, bei dem alle aktiven Kanäle in eine Stereosumme gemischt werden, dann ein Podcaster-Modus, der das Mischen mehrerer Eingänge und Wiedergeben von Dateien im Hintergrund erlaubt, sowie vier Hot Buttons zum Abspielen von kurzen Samples zur Verfügung stellt.
Und zu guter Letzt einen echten Multitrack-Modus, in dem bis zu zwölf Einzelspuren aufgenommen und gemischt werden können. Mit ein paar Klicks auf dem Display lassen sich hier auch jeweils zwei Kanäle zu Stereopaaren zusammenfassen oder Kanaleinstellungen vornehmen. Dieser Modus ist für Musiker besonders interessant, denn hier können direkt Rohmixe und Demos am Gerät erstellt werden. Spuren lassen sich nicht nur im Stereobild pannen oder mit dem Kanal-EQ bearbeiten, sondern auch mit Effekten versehen.
Zoom sind nicht nur für ihre Aufnahmegeräte bekannt, sondern auch für Multieffektgeräte für Gitarre und Bass, wobei einige dieser Algorithmen ihren Weg in das H8 gefunden haben. Insgesamt drei Effekte lassen sich entweder auf einen Kanal routen oder aber als Effektbus einrichten, auf welchen die Kanäle gesendet werden können. Die Auswahl an Effekten ist recht groß und reicht von Reverb über Modulation bis hin zu Verstärkersimulationen.
Qualitativ gibt es hier nichts zu meckern, die Effekte sind allesamt praxistauglich, sicherlich nicht High-End, aber eine gute Option, um mal eben einen Eindruck vom fertigen Ergebnis zu bekommen oder einfach, um unterwegs mit Kopfhörern sein Instrument zu üben. Overdubbing ist jederzeit möglich. Der interne Monolautsprecher bereitet wahrlich kein Hörvergnügen, reicht aber zur Kontrolle der Aufnahmen aus.
PRAXIS
Getestet habe ich das Gerät mit einer lauten Rockband, im Heimstudio und mit Gesprächspartnern unterwegs. Dabei hat sich schnell herauskristallisiert, dass Zoom hier vieles richtig gemacht hat. Trotz der lauten Gitarren-Stacks und des Schlagzeugs sind die Aufnahmen klar, frei von jeglicher Übersteuerung und vermitteln einen akkuraten räumlichen Eindruck mit viel Dynamik. Man hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass das Gerät „kämpfen“ müsste, um der Situation gerecht zu werden. Das per Kabeleingang mitgeschnittene Bass-Signal ist sauber, druckvoll und lässt nichts vermissen.
Auch beim Test im Heimstudio setzt sich der positive Eindruck fort. Hier bietet sich auch die Stromversorgung per USB-Kabel an, um die Batterien zu schonen. Das Eigenrauschen der Vorverstärker wird erst bei hohen Einstellungen auffällig und erst in extremen Situationen zum Problem. Deutlich schneller problematisch werden hingegen die Griffgeräusche, denn jede Berührung wird an die Mikrofonkapsel weitergegeben, was die Freude im Einsatz unterwegs etwas trübt, sofern man kein externes Mikrofon anschließt. Möchte man seine Aufnahmen auf den Rechner übertragen, wählt man im Hauptmenü einfach die App für den Datentransfer aus, schließt das H8 per USB-Kabel an und erhält sofort Zugriff auf den Massenspeicher.
In gleicher Manier wird die Funktionalität als Audiointerface aktiviert. Ein Druck auf den Home-Button, um die aktuelle App zu verlassen, das Interface mit passender Abtastrate ausgewählt und schon erkennt der Computer das Gerät als Soundkarte. Probleme mit Treibern oder dergleichen hatte ich zu keinem Zeitpunkt. Einzig die Zoom Guitar Lab Software zum Bearbeiten und Sortieren der internen Effekte hat zum Testzeitpunkt noch nicht mit dem H8 funktioniert, das dürfte jedoch bald mit einem Update nachgereicht werden. Da die Latenzen im USB-Modus relativ hoch sind, würde ich es nicht als Hauptinterface nutzen wollen. Haben ist aber besser als brauchen, und um mal eben Spuren direkt in den Rechner aufnehmen oder das interne Mikro für Internettelefonie nutzen zu können, reicht es allemal.
RESÜMEE
Der Funktionsumfang des H8 ist für ein Gerät dieser Klasse riesig und dennoch bleibt die Bedienung intuitiv und die Qualität der Aufnahmen ist hoch. Egal ob Bandprobe, Konferenz, Podcast, Schulklasse oder Solokünstler, das Gerät wird nicht der limitierende Faktor bei einer Produktion sein. Dank interner Effekte und USB-Audiointerface macht es auch im Homerecording eine gute Figur. Dass der Touchscreen nicht so flink reagiert wie an einem modernen Smartphone, kann verziehen werden. Für gut 400 Euro erhält man hier ein durchdachtes Gesamtpaket mit beeindruckendem Preis-/ Leistungsverhältnis.