Kleines Schwarzes & ein Schnabeltier

Test: Way Huge Supa-Lead & Purple Platypus

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(Bild: Dieter Stork)

Wenn der amerikanische Effekt-Hersteller neue Stomp Boxes ankündigt, stehen die meisten Gitarristen und Bassisten bereits hibbelig in den Startlöchern. Schließlich überrascht Way Huge immer wieder mit ausgeklügelten, innovativen Schaltungen, die mitunter recht unkonventionelle Effekte hervorbringen.

Markant bei Way Huge sind zunächst die meist etwas überdimensionierten, leichten aber dennoch stabilen Gehäuse aus überwiegend farbenfroh eloxiertem Alublech und einfallsreichen Modellbezeichnungen. Während noch relativ leicht zu erraten ist, was sich hinter dem erfreulich kleinen Supa-Lead verbirgt, bereitet einem Purple Platypus schon eher Kopfzerbrechen.

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Also: Das Supa-Lead ist ein dynamischer, anschlagssensitiver Overdrive-Effekt, dessen Gehäuse weniger Platz auf dem Pedalboard beansprucht. Purple Platypus Octidrive kombiniert den kräftigen Ton und das Gain des Way Huge Red Lama Overdrive mit einem Frequenzverdoppler, der einen Octave-Up-Effekt erzeugt und damit Ringmodulator-, Octav-Fuzz und Sitar-ähnliche Effekte ermöglicht. Was für Sound-Tüftler.

Karosserien

Das Supa-Lead kommt in einem eleganten schwarz eloxierten Gehäuse aus 1,96 mm Alublech daher. Batteriebetrieb ist per stabilem Anschluss-Clip möglich, wozu das Gehäuse geöffnet werden muss (3 Schrauben). Auf Gummifüße oder selbstklebende Pads verzichtet der Hersteller anscheinend. Ein Gehäuse aus 2,27 mm Alu mit vier verschraubten Gummifüßen umgibt das Purple Platypus. Wie bei großformatigen Way-Huge-Pedalen üblich, ist hier das leicht zu öffnende Batteriefach von vorne zugänglich, in welchem ein 9-Volt-Block über einen stabilen Clip angeschlossen wird. Beide Pedale zeugen von solider sorgfältiger Verarbeitung unter der Verwendung von 1A Bauteilen. Selbstverständlich lassen sich beide auch per DC9V-Netzteil betreiben.

(Bild: Dieter Stork)

Supa-Lead MK III

Das kleinere der beiden Pedale bietet die Regler Drive, Tone und Volume, einen robusten, wenn auch leicht kratzenden Fußschalter (True Bypass), eine – glücklicherweise nicht übermäßig grell leuchtende – blaue Status-LED, stirnseitig zuverlässig packende Klinkenbuchsen für In und Out sowie den Netzteilanschluss.

Dreht man Drive komplett zu, bildet die Ausgangsbasis des Supa-Lead an einem cleanen oder leicht zerrenden Amp ein angecrunchter Overdrive-Sound, der mit Zurücknehmen des Gitarren-Volumes sehr schön transparent aufklart und sensibel und mit variierender Verzerrung auf die Intensität des Saitenanschlags reagiert. Währenddessen nimmt sich das Tone-Poti über seinen gesamten Regelbereich gleichförmig, effizient und recht fokussiert die Mitten und Hochmitten zur Brust, um das Klangbild von warm und weich bis zu durchsetzungsstark anzupassen. Von 7 (Nullposition) bis etwa 13 Uhr erhöht Drive die Zerrintensität kontinuierlich, bewirkt zwischen 13 und 14 Uhr einen zusätzlichen Gain-Schub, um bis Vollaussteuerung (17 Uhr) noch eine Schüppe draufzulegen.

Am Ende drückt ein kraftvolles, stets definiertes Hardrock- Brett britischer Prägung für punchende Powerchords, fette Riffs und Sustain- reich singende Leadsounds aus den Lautsprechern. Auch jetzt noch reagiert das Supa-Lead dynamisch auf variablen Anschlag und das Volume-Poti der Gitarre. Um nahezu cleane Sounds zu erzielen, muss man jetzt Letzteres auf etwa 3-2 herunterdrehen, wobei die Lautstärke nicht wesentlich abnimmt und immer noch praktikabel bleibt. Den Zerrcharakter des neuen Way-Huge-Pedals würde ich nicht als sahnig und tight, sondern eher als erdig und rotzig einordnen, wobei mitunter auch ein Hauch von Fuzz durchschimmert. Selbst bei voll aufgedrehten Drive- und Tone-Reglern gibt sich das Supa-Lead überraschend nebengeräuscharm.

(Bild: Dieter Stork)

Purple Platypus Octidrive MK II

Die Regelmöglichkeiten Drive und Volume lassen zunächst ein simples Overdrive-Pedal vermuten. Allerdings gibt es anstelle eines Tone- einen Hi-Cut-Regler, der die Höhen bei Linksdrehung absenkt bzw. filtert. Der Fußschalter (True Bypass) macht einen wertigeren Eindruck als der des Supa-Lead, bietet ebenfalls fühlbaren Widerstand, lässt sich jedoch angenehm smooth schalten. Die blaue Betriebsanzeige blendet nicht, die stirnseitigen In- und Out-Klinkenbuchsen packen ebenso zuverlässig wie der Netzteilanschluss.

De facto dürfte das lila Schnabeltier eher was für Sound-Tüftler und Avantgarde- Puristen sein, liefert es doch eher dreckige Fuzz-Octaver-Klänge, die sich vor allem für Single Lines, Riffs, Melodieoder Solospiel eignen. Selbst bei völlig heruntergedrehtem Drive lässt es maximal Powerchords oder Oktaven zu, dreioder gar mehrstimmige Akkorde sind indes nicht mehr zu erkennen.

Statt derer liefert das Purple Platypus interessante Effekte, deren Zerrintensität und Oktavenanteile wirkungsvoll via Drive, Hi Cut und Saitenanschlag dosiert werden können. Dank kräftiger, voluminöser und butterweicher Verzerrung lassen sich Oktave-Fuzz-Sounds erzielen, die je nach Drive- und Höhenanteil an Ringmodulator, Mutron und andere Klassiker erinnern. Bringt man Drive in Position 10-11 Uhr und reißt die Saiten bei aktivem Bridge-Pickup in Stegnähe an, dringen sogar Sitar-ähnliche Klänge ans Ohr.

Je höher Hi Cut eingestellt wird, umso mehr setzen sich die Up-Oktaven im Klangbild durch. Sowohl die Höhenblende als auch der Drive-Regler arbeiten wunderbar kontinuierlich und effizient, auch wenn Letzterer etwa bei der 13-Uhr-Position einen zusätzlichen Gain-Schub bewirkt und darüber hinaus noch zulegen kann. Irgendwie scheint das Purple Platypus einen Kompressor zu beschäftigen, der bei jedem angeschlagenen Ton spürbar ist. Während einzelne Töne und Melodie- oder Sololinien noch ein gewisses Durchsetzungsvermögen an den Tag legen, gehen Akkorde völlig im Soundbrei unter. Somit ist ein Aufklaren des Klangbildes durch Herunterdrehen des Gitarren- Volumes nur eingeschränkt realisierbar.

Resümee

Hurra – zwei neue Pedale bereichern das stattliche Way-Huge-Lineup. Während das kleinformatige Supa-Lead MK III kernige Overdrive-Sounds von dezentem Crunch bis hin zu erdigem rauem High Gain mit einem Hauch von Fuzz, beachtlicher Dynamik und wunderbarem Aufklaren beim Herunterregeln des gitarreneigenen Volume-Potis bietet, empfiehlt sich das Purple Platypus mit seiner Mixtur aus dezentem bis heftigem Fuzz und Oktave-Up-Frequenzverdopplung eher kreativen Sound-Tüftlern, die stets auf der Jagd nach unkonventionellen abgefahrenen Effekten sind. Beide Pedale wurden solide und robust gefertigt, tadellos verarbeitet und agieren überraschend nebengeräuscharm.

PLUS

  • sehr gute & interessante Sounds
  • nebengeräuscharm
  • Konzept Purple Platypus
  • Handhabung
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2019) 

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