Neues Tool für Tool

Test: Warwick Masterbuilt Streamer Stage II

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(Bild: Dieter Stork)

Justin Chancellor, die Bass-Macht von Tool, bringt man wie kaum einen anderen Bassisten mit Wal-Bässen in Verbindung. Nach einem Besuch in der Warwick-Fertigung musste jedoch dringend ein eigener Streamer her, der vor der Auslieferung noch einen Umweg über unsere Redaktion gemacht hat. Schauen wir mal welche Qualitäten ein echter Tool-Bass haben muss!

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(Bild: Dieter Stork)

Justin erzählte uns bereits im Interview (Ausgabe 04/2017), dass er seine Wal-Bässe zwar gerne spielt, sie jedoch aufgrund ihres sehr speziellen Sounds längst nicht für jeden Zweck benutzt. Er sieht sie eher als eine Art (Achtung, der kommt flach:) Werkzeug, das im Tool-Kontext funktioniert, und weniger als ein „wunschlos-glücklich-Instrument“ für alle Lebenslagen. Daheim spielt und probiert Justin deshalb eine ganze Reihe verschiedener Bässe, darunter auch diverse Fender-Vintage-Klassiker.

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Schwer beeindruckt von seinem Warwick-Werkstatt-Besuch beim Basscamp 2016 sollte jedoch mal wieder etwas Moderneres her: Ein Streamer sollte es sein, ein Bass der bei Bedarf richtig heavy klingt und trotzdem noch flexibel genug für alles andere ist. Wer mit dem Tool-Bass-Sound vertraut ist, wird bereits ahnen, dass es für solch einen offensiv-nageligen und gleichzeitig fetten, durchweg kontrollierten Bass-Hammer eine besondere Konstruktion braucht, mit der dieser Streamer zweifellos aufwarten kann. Für alle, die weniger mit Justins Sound vertraut sind, empfehle ich als Hörprobe die isolierte Bass-Spur des Songs Vicarious vom letzten Tool-Album ,10.000 Days‘, die sich hier findet: www.gitarrebass.de/tool-bass

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(Bild: Dieter Stork)

masse und klasse

Ein wichtiges Hauptmerkmal des komplett im deutschen Warwick-Customshop gefertigten Edel-Teils ist sein Gewicht: Satte 5,4 kg bringt dieser eher zierliche und äußerst ergonomisch geformte Tieftöner auf die Waage. Grund hierfür ist der Holz-Mix: Für den Korpus hat Herr Chancellor sich wunderschönes und ultrahartes Bubinga Pommelé gewünscht, das nunmal sein Gewicht hat. Für den schlanken, durchgehenden Hals kommt außerdem Warwick-typisch mit Afzelia-Streifen gesperrte Wenge zum Einsatz – ebenfalls kein Leichtgewicht unter den Hölzern. Hat man wie Justin einen starken Rücken und – nicht weniger wichtig – einen guten Gurt, ist so viel Masse gerade noch so verkraftbar; für stundenlange Top-40- Gigs gibt es jedoch sicherlich attraktivere Instrumente.

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(Bild: Dieter Stork)

Belohnt wird man von einer solch steifen und massiven Konstruktion meist mit einem besonders kontrollierten, leicht komprimierten Ton, der sich mit starken Präsenzen und klarer Artikulation auch durch dichte Gitarren-Wände beißt. Die Extrapfunde machen im Tool-Kontext also durchaus Sinn. In Sachen Hardware darf es in dieser Preisklasse natürlich nur das Beste sein: Der zweiteilige, vergoldete Warwick-Steg aus massivem Messing ruht für eine bessere Schwingungs-Übertragung auf einem in den Korpus eingelassenen Sustain-Block, die hauseigenen Tuner haben extraleichte Stimmflügel, die aus dem gleichen Holz wie der Korpus gefertigt sind und der höhenverstellbare Messing-Sattel lässt sich in Sekundenschnelle auf die richtige Höhe justieren.

24 extraharte Jumbo-Bünde aus einer speziellen Bronze-Legierung sitzen perfekt in dem glänzend polierten Tigerstripe-Ebony-Griffbrett, dessen Kanten mit lumineszenten Side-Dots versehen sind und beim Sägen der Bundschlitze nicht durchtrennt wurden. Das sieht nicht nur elegant aus, sondern verstärkt auch den ohnehin schon sehr steifen Hals.

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(Bild: Dieter Stork)

Bei der elektronischen Ausstattung hat sich Justin Chancellor für ein Pärchen Nordstrand Big-Blademan-Humbucker entschieden, das zusammen mit Nordstrands 3B-5b-Elektronik und zwei Schaltern, mit denen sich die Pickups seriell, parallel und als Singlecoil betreiben lassen, eine breite Soundpalette verspricht. Die Blademan-Tonabnehmer besitzen eine besondere Konstruktion, bei der jede Saite von zwei breiten Stahl-Klingen abgenommen wird, die von der Unterseite magnetisiert werden. Die Idee für die Serie kam Carey Nordstrand – CEO von Nordstrand Pickups – tatsächlich bei einem Gespräch mit Justin Chancellor: Ziel war es, mit einem etwas simpleren Aufbau den markanten Ton der sehr komplexen Wal-Pickups einzufangen, und so wurde der Pickup Justin quasi auf den Leib geschneidert. Carey beschreibt den Ton des Big-Blademan-Modells als extrem laut, spritzig und kraftvoll – das klingt in der Tat wie für Tool gemacht.

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(Bild: Dieter Stork)

präzisions-hammer

Hat man sich erst mal an das Gewicht des Edel-Brockens gewöhnt, lernt man seine Bespielbarkeit schnell zu schätzen: Der ausgesprochen schlanke Hals fühlt sich durch die offenen großen Poren des Wenge-Holzes schön griffig an, der ergonomisch gewölbte Korpus schmiegt sich außerdem perfekt an den Körper. Dank der gesunden Masse bleibt der Stage II stets in einer günstigen Spielposition – das gilt auch fürs Spielen im Sitzen. Schon unverstärkt klingt dieser Streamer aufgeräumt, bissig und leicht komprimiert mit einem dunklen Growl und bemerkenswertem Sustain.

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(Bild: Dieter Stork)

Die starken Nordstrand-Pickups setzen diesen Ton mit reichlich Output in Szene und bieten in den unterschiedlichen Spulen-Kombinationen unzählige Facetten des trockenen Power-Sounds. Besonders die Seriell-Schaltungen geben ein erbarmungsloses Brett raus, mit einer leicht dunklen Note und sagenhaft fetten Bässen und Tiefmitten – ein bisschen wie ein noch heißerer Thunderbird. Deutlich zahmer und moderner kommen die Humbucker in ihren jeweiligen Parallel-Schaltungen, wobei der Steg-Tonabnehmer mit etwas Hilfe der Bass- und Höhen-Reglern fast MusicMan-artige Töne von sich gibt. Die Parallel-Sounds eignen sich besonders für perkussive Slap- und Pick-Techniken und punkten mit viel Klarheit und Detailreichtum.

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(Bild: Dieter Stork)

Ein echter Charakter-Ton erwartet uns außerdem beim Hals-Pickup im Singlecoil-Modus: Fast Preci-mäßig bellt einem der Streamer hier entgegen, mit satten Mitten und viel Biss. Trotz der alles andere als oldschooligen Konstruktion lässt sich hier erstaunlich viel Vintage-Flair abrufen, wobei sich der Stage II eine gewisse Portion Draht und Sustain nie ganz verkneifen kann. Schaltet man nun den Steg-Pickug als Singlecoil hinzu, geht die Reise zwar tendenziell in Richtung Jazz Bass, allerdings bleibt der Ton deutlich moderner und ausgehöhlter in den Mitten. Der äußerst effiziente und erfreulich rauscharme EQ erweitert die ohnehin schon überwältigende Sound-Palette und gibt dem Bass den überzeugenden letzten Schliff.

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(Bild: Dieter Stork)

resümee

Bei Justin Chancellors Streamer Stage II treffen beste Komponenten und eine perfekte Verarbeitung auf eine nicht enden wollende Sound-Vielfalt, die diesen Bass für absolut jedes Genre qualifizieren. Wer – wie Chancellor bei Tool – eine Menge verschiedener Sounds anbieten muss, oder einfach nur eine universelle Studio- und Live-Waffe sucht und dazu noch einen gesunden Rücken hat, ist mit diesem Instrument bestens beraten. Sicher, der Preis ist deftig, aber dieser Streamer spielt nunmal in der absoluten High-End-Liga.

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(erschienen in Gitarre & Bass 10/2017)

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