Hi-Gain-Kunstwerk

Test: URI Amplification Diamant 50

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(Bild: Dieter Stork)

SOUND & PRAXIS

Gönnen wir dem Diamant 50 in Verbindung mit einer 4×12-Box mit Celestion Vintage 30 nach dem Einschalten eine zweiminütige Aufwärmphase. Dann geht es los mit dem Clean-Kanal. Wie versprochen liefert der Amp einen kristallklaren Sound. Mit der dreistufigen „Tight“-Schaltung lassen sich sehr gut Anpassungen an verschiedene Pickups vornehmen. Von funky Clean mit spürbarem Bass-Cut bis hin zu bauchigen, voluminösen Jazz-Sounds in der oberen Stellung wird hier ein breites Spektrum geboten.

Die Klangregelung arbeitet sehr effektiv, so dass hier vielfältige Anpassungen möglich sind. Dennoch strahlt der Amp bei cleanen Sounds immer eine gewisse Klarheit und Neutralität aus. Eine Kopie der alten Klassiker ist er keinesfalls. Zum einen ist der Clean-Kanal wirklich clean, selbst mit aktiviertem „Boost“ und „Bright“ sowie kräftigen Pickups geht der Amp nur ganz leicht in den Breakup. Hier ist also die Richtung klar: Clean heißt wirklich clean. Für einen bluesigen Crunch braucht es schon ein Pedal davor. So ist es auch gewollt.

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Zum anderen besticht der Amp durch einen sehr kräftigen Headroom, so dass der im Fokus stehende Metal-Gitarerro hier für etwaige Clean-Parts durchsetzungsstark zu Werke gehen kann. Die Verwendung von KT77 in Verbindung mit der linearen Auslegung der Endstufe unterstreicht den Headroom und den eher wenig kolorierten Clean-Sound zusätzlich. Auf jeden Fall eine souveräne Vorstellung.

URI Ampflification vermarktet den Diamant 50 in erster Linie als Hi-Gain-Amp. Das wird im Lead-Kanal auch recht schnell deutlich. Dabei will Uri nicht irgendwelche Klassiker kopieren, sondern schon seinen eigenen Sound kreieren. Der Grundsound im Lead-Kanal hat immer eine ordentliche Portion Kompression und vor allem eine gewisse Mitten-Nase, die sich im musikalischen Kontext mühelos Gehör verschaffen kann. Egal, wie man die auch in diesem Kanal effektive Dreibandklangregelung einstellt, der Mitten-Fokus bleibt stets erkennbar.

Das Gain-Spektrum reicht von leichter Zerre bis zur Hi-Gain-Vollbedienung mit jeder Menge Reserven. Dabei stecken einige Sound-Varianten im Diamant 50, die sich am besten über den „Tight“- Switch steuern lassen. In der unteren Position und mit reduziertem Gain erhält man entfernt einen britisch angehauchten Old-School-Sound mit schlanken Bässen. Dreht man nun noch „Damp“ etwas auf, wird es ein wenig kratziger, dabei aber nicht unangenehm.

Mit „Tight“ in der Mittelposition werden die Bässe straffer. Einen ordentlichen Schuss Gain hinzu und harte Riffs erhalten eine knackige Kontur. Hier lohnt sich das Spiel mit „Damp“ und der Dreibandklangregelung, denn darüber lässt sich der Sound prima in gewünschte Richtungen adjustieren. Die mittlere „Tight“-Stellung wäre meine bevorzugte Wahl. Es klingt modern mit entfernten Anlehnungen an britische Hot-Rod-Sounds, gleichwohl stets mit der eigenen Note aufgrund des erwähnten Mittenfokus. Dadurch wird auch das Umkippen in die Obertöne ein Kinderspiel.

Stellt man den „Tight“-Schalter in die obere Stellung, so treten die tieferen Bässe in den Vordergrund. Eine subtile Rectifier-Anlehnung ist zu hören. Für Riffs der oberharten Gangart sicher eine gute Ausgangsposition. Klar ist, der Lead-Kanal will richtig gekitzelt werden. Seine Stärken liegen im High-Gain-Bereich. Im Wesentlichen mit den unterschiedlichen „Tight“-Einstellungen, ergänzt mit der „Damp“- Regelung und der Dreibanklangregelung, lässt sich dieser auch in unterschiedliche klangliche Gefilde formen.

Kräftiger Cruch ist möglich, aber nicht die tonale Heimat des Diamant 50. Der will einfach abliefern und harte Riffs vor die Nase bekommen. So richtig Spaß macht der Diamant 50 dann, wenn es auch Lautstärke auf die Ohren gibt. So extravagant der Amp auch als Bedroom-Amp aussehen mag: Sein Ton braucht doch etwas Lautstärke, um sich voll zu entfalten. Noch ein Wort zur Anschlussperipherie. Der „Send“ des seriellen Effektloop regelt den Eingangs-Pegel an angeschlossene Effekte.

Mein Pedalboard, auf dem ein Hall- und Delay-Pedal für Post-Preamp-Effekte montiert sind, ließ sich prima einbinden. Auch mein Helix Stomp funktionierte nach Anpassung der Eingangs- und Ausgangspegel am Effektgerät problemlos. Positiv zu erwähnen ist zudem das geringe Nebengeräuschverhalten selbst bei hohen Gain-Einstellungen im Lead-Kanal.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit dem Diamant 50 präsentiert Jürgen Döring von der jungen bayerischen Company Uri Amplification ein außergewöhnliches Röhrentopteil. Ein extravagantes Design macht diesen Boliden zu einem Designer-Stück, hergestellt in Handarbeit in ausgezeichneter Verarbeitung.

Auch beim Sound liefert Uri Amplification in Zusammenarbeit mit Rennsau Amps aus Landshut eine eigene Note ab. Im Fokus stehen Hard-Rock bis Metal-Anwendungen, die zum einen flexible und durchsetzungsstarke Clean-Sounds benötigen und zum anderen vor allem im High-Gain Bereich agieren. Die verzerrten Sounds haben einen Mittenfokus, der im Kontext von Aufnahmen oder Liveperformance genau da agiert, wo die E-Gitarre im Frequenzgang hingehört. Je nach Einstellung sind am Horizont klangliche Nuancen mit britischen oder kalifornischen Referenzen zu vernehmen. Das eigene Sounddesign bleibt dabei stets präsent.

Für die Umsetzung seiner Vision aus Design und Sound gebührt Jürgen „Uri“ Döring auf jeden Fall Anerkennung und Respekt. Preislich spiegelt der Amp den Entwicklungsaufwand und die Handarbeit fair wieder. Der Diamant 50 ist eine Herzensangelegenheit und man kann Uri Amplification hiermit nur eine erfolgreiche Zukunft wünschen.

PLUS

● eigenständige Sounds
● Verarbeitung in Handarbeit
● Extravagantes und individuelles Design

MINUS

● (noch) kein Fussschalter inkludiert

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2024)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, deswegen fange ich mal an 😉
    Mich spricht das Design nicht an. Sieht irgendwie nicht fertig aus. Keine schönen Übergänge, wirkt zusammengeschoben.

    und warum die Speakeranschlüsse oben und vorne?

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  2. wieso werden meine kommentare nicht veröffentlicht?

    Auf diesen Kommentar antworten

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