(Bild: © Joris Henke)
DI-Boxen gibt es viele. Was macht die Vintage Direct zu etwas Besonderem? Das Vermitteln von Nostalgie? Der Funktionsumfang?
Wozu wird eine DI-Box eigentlich tatsächlich gebraucht? In Foren und auch im privaten Austausch erreicht mich immer wieder die Frage, was die Symmetrierung des Signals –denn das macht eine DI-Box vorrangig – denn für Vorteile brächte.
In erster Linie wird so die Störanfälligkeit des Signals für z.B. eingestrahltes Brummen drastisch erhöht, da die Störung auf Plus- und Minusleitung des Signals gleichermaßen wirkt und am Empfänger, sofern dieser einen symmetrischen Eingang besitzt, wegsubtrahiert wird.
Es ist dasselbe Prinzip, nachdem Humbucker das Brummen unterdrücken. Bei langen Kabelstrecken von etwa der Bühne zum Mischpult ist diese Form der Signalführung durchaus sinnvoll. Das Symmetrieren kann mittels Halbleiter geschehen oder ganz traditionell mittels Trafo.
Bei der Lösung mit Trafo gibt es den eindeutigen Vorteil, dass keine Versorgungsspannung benötigt wird, weshalb sich passive DI-Boxen in der Welt der Gitarren und Bässe vorrangig durchgesetzt haben. Man bekommt sie bereits ab etwa 10 Euro, kann aber auch 500 Euro für ein Topmodell, wie die Vintage Direct ausgeben.
Unterschiedliche Preisniveaus kommen unter anderem durch die Qualität der Trafos, auch Überträger genannt zustande. Ist ebenjener zu klein, kommt es zum einen zur Beschneidung von Frequenzen und zum anderen zu Sättigungseffekten bei starken Pegeln, insbesondere im Bassbereich. In Extremfällen sogar zu hörbaren Verzerrungen, was als Stilmittel gewollt sein kann, in der Regel aber unerwünscht ist.
Durch die Symmetrierung ist es auch möglich, Brummschleifen effektiv aufzutrennen, sollten sie auftreten. Daher kann sich der Einsatz durchaus auch im Studio oder bei Setups mit mehreren Geräten lohnen. Der in der Vintage Direct verbauten Trafo ist einer der besten, die mir je untergekommen sind.
Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, ihn zu sättigen und zu „überfahren“, aber selbst bei 13dBu (ca. 5V Spitze) zeigt der Trafo gerade erst allererste Anzeichen von messbarer Sättigung, von hörbar reden wir hier noch gar nicht.
Bei normal gepegelten Signalen liegen die Verzerrungen auf dem Niveau hochwertiger Halbleiterschaltungen und selbst im tiefsten Bassbereich bei 30Hz, ein Härtefall für Signaltrafos, sind die THD-Werte mit deutlich unter -80dB noch exzellent. Erkauft wird die herausragende Signalübertragung mit viel Eisen und viel Kupfer, sowie recht hohem Pegelverlust.
Um das Signal derart stabil mit geringer Ausgangsimpedanz treiben zu können, muss der Trafo das Ausgangssignal deutlich abgeschwächt ausgeben. Über einen Drehschalter kann das Signal bei unterschiedlichen Windungszahlen abgegriffen und das Übersetzungsverhältnis so eingestellt werden: -22dB, -30dB und -36dB relativ zum Input sind möglich. Für besonders laute Signale kann ein weiteres -12dB Pad hinzugeschaltet werden.
(Bild: © Joris Henke)
Zur Korrektur von Phasenproblemen im Mix oder bei der Verwendung mehrerer Verstärker kann zusätzlich über einen Kippschalter die Phase des DI-Ausgangs gedreht werden. Auf der Rückseite befinden sich alle Anschlüsse, neben unsymmetrischem Klinkeneingang und symmetrischem XLR-Ausgang befindet noch ein Thru-Out zum Durchschleifen als Klinkenbuchse auf dem Panel.
Neben dem herausragenden Trafo ist auch der Rest des Gerätes sehr hochwertig verarbeitet, allerdings dürfte die Kappe des Drehschalters etwas fester auf der Achse sitzen, denn sie lässt sich recht mühelos abziehen und wirkt beim Drehen etwas lose.
Zu beachten ist beim Einsatz mit passiven Instrumenten noch die recht geringe Eingangsimpedanz von nur 80kΩ, wodurch Tonabnehmer stark gedämpft werden. Das Resultat ist ein dumpferer, wärmerer Klang, mit dem die Vintage Direct auch beworben wird und der wohl namensgebend sein dürfte. Wer sich die Brillanz des Instrumentes erhalten möchte, sollte das Signal vor der DI-Box buffern.
RESÜMEE
Ich gebe zu, ich war zunächst skeptisch ob der beworbenen Eigenschaften und des Preises. Schließlich ist es ja „nur“ ein Trafo, nicht wahr? Gemessen an anderen, rein passiven Lösungen bietet die Vintage Direct jedoch eine herausragende Signalübertragung sowie eine durchdachte Konstruktion.
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2024)
Was bitte kann diese Box mehr als eine Radial JDI (279 € bei Thomann).
Die Radial JDI verwendet einen “amtlichen” Jensen JT-DB-EPC Übertrager. Alles klar?
Hi Klaus, der in dieser DI-Box verwendete Trafo hat mehr Reserven, insbesondere im tieffrequenten Bereich. Er verzerrt weniger. Allerdings ist der Jensen ebenfalls Spitzenklasse und ob die Unterschiede hörbar sind, wage ich zu bezweifeln. Messbar sind sie allerdings. Ob man das braucht, bleibt letzlich ja jedem selbst überlassen.
Ich persönlich würde sowieso eine aktive Symmetrierung bevorzugen. Die kostet ein Zehntel bei höherer Signalqualität, aber das steht hier ja nicht zur Debatte 😉