(Bild: Dieter Stork)
TWS oder Tube WorkShop-Amps werden von Mario Gebhardt in Deutschland in Handarbeit gebaut. Diese kleine Schmiede ist noch relativ jung und doch steckt in ihr ein Erfahrungsschatz von über 20 Jahren. Denn der studierte Elektronikingenieur Mario Gebhardt blickt auf eine lange Karriere in vielen Bereichen bei Beyerdynamic zurück. Als sich ihm zu Corona-Zeiten die Chance zur Veränderung bot, gründete er Tube WorkShop und baut seitdem Röhrenverstärker.
Sein Kontakt zu Uwe Lulis (Accept, Uwe Lulis Project, Ex-Grave Digger, Ex-Rebellion) beschert uns nun den 50 Watter zum Testen, der mit einigen interessanten Features aufwartet und erwartungsgemäß das Herz eines „Old School“-Metal-Gitarreros höherschlagen lassen dürfte.
Schon in seiner Jugend und noch vor seinem Studium hat Mario Gebhardt an Verstärkern geschraubt, sie modifiziert und Schaltungen analysiert. Später war er bei Beyer Dynamic unter anderem für die Entwicklungsabteilung zuständig und kann auf ein beeindruckendes Portfolio aus dieser Zeit zurückblicken. Gitarrenverstärker waren damals „nur“ ein Hobby, er reparierte privat Verstärker und baute auch einige für sich selbst.
Eine eigene Firma zu gründen war aber lange Zeit überhaupt nicht im Fokus. Bis die Corona-Zeit eine Verschiebung der Prioritäten mit sich brachte. Mario kaufte in der Zwischenzeit alle möglichen europäischen Röhrenverstärker aus den 40er- und 50er-Jahren zusammen. Darunter war auch ein Phillips 2864, den er wieder flott machte und für E-Gitarren-Anwendungen optimierte. Nach eigenen Angaben war dies die Geburtsstunde von Tube WorkShop (Test in Ausgabe 8/2023).
Schließlich stellte sich Tube Workshop vor 2 Jahren auf dem Guitar Summit der Öffentlichkeit vor und dort entstand auch der Kontakt zu Uwe Lulis. Nachdem Uwe bei einem Besuch in Marios Werkstatt einen Prototypen mit britischen Genen und einer JTM/JCM-Schaltung gesehen hatte, der ihn so begeisterte, wurde diese Idee schließlich zur Grundlage für den komplett neu entwickelten TWS Lulis Signature Amp. Diese Schaltung ist also das Herzstück des Test-Amps, garniert mit speziell auf Uwe Lulis zugeschnittenen Features, die jeder, der in den Achtzigern einen JCM 800 oder ähnliches vor der Flinte hatte, sofort nachvollziehen kann.
FEATURES UND AUFBAU
Das Lulis Signature Top leistet 50 Watt und ist ein Einkanaler. Klingt im Grunde puristisch, bietet aber einiges, um diesen Kanal tonal zu gestalten. Wesentlich ist die Wahlmöglichkeit zwischen den Preamp-Modi JTM/JCM. Klar, was hier Pate stand. Mario hat sich hier an den britischen Klassikern orientiert. Hinzu kommen ein Bright- und ein Deep-Switch für eventuelle Höhen- oder Bassanhebungen. Eine Dreiband-Klangregelung aus Bass, Mid, Treble bietet Zugriff auf die Klangformung, zwei schaltbare Mastervolumina nebst Presence-Regler finden sich in der Mastersektion.
Zwei echte Uwe-Lulis-Ideen sind der zuschaltbare Overdrive (OD), dessen Signalweg auf dem frühen BOSS OD-1 Pedal basiert. Das war in den Achtzigern nicht nur bei Uwe Lulis die erste Wahl, um Marshalls anzublasen.
Außerdem bietet der Amp eine schaltbare A/B-Funktion. Ein Feature, das ebenfalls auf die jahrelange Tour-Erfahrung von Uwe Lulis zurückgeht. Mehr Geräte und Kabel durch eine A/B-Box vor dem Amp auf der Bühne erhöhen automatisch die potentiellen Fehlerquellen. Warum also nicht die A/B-Box in den Amp integrieren? Diese ist galvanisch getrennt, Brummschleifen sind also kein Thema. Somit kann das Gitarrensignal einfach auf einen zweiten Amp – im Falle von Uwe Lulis für optionale cleane Sounds aus anderen Amps – umgeschaltet werden.
(Bild: Dieter Stork)
Im TWS Lulis arbeiten drei 12AX7, eine GZ34 Gleichrichterröhre (alle von TAD) und zwei EL34 von Electro Harmonix. Auf der Rückseite befindet sich der True-Bypass-Effektloop. Die Netzspannung ist zwischen USA- und EU-Volt-Anforderungen umschaltbar. Die Impedanz der angeschlossenen Box(en) kann per Drehschalter zwischen 16, 8 und 4 Ohm gewählt werden.
Zum Lieferumfang gehört ein beleuchteter Dreifach-Fußschalter, mit dem OD, Master 1/2 und die A/B-Funktion gesteuert werden können. Die entsprechenden Anschlüsse sind drei Klinkenbuchsen auf der Rückseite des Amps. Prima, denn so können auch anstelle des Fußschalters zum Beispiel Switching-Funktionen von externen Geräten (19″-Switcher oder Pedalboardlooper-Switcher) ohne Adapter genutzt werden. Schade nur, dass man zwischen den beiden Preamp-Modes JTM/JCM nicht per Fußschalter wählen kann.
Ein gewisser Showeffekt verbirgt sich hinter der „Innenraumbeleuchtung“. Diese ist neben der roten Werkseinstellung im RGB-Farbraum über die App „Magic Home“ wählbar. Für die Installation und das Paaren des Amps mit der App via Bluetooth gibt es auf der Tube-WorkShop-Webseite ein leicht verständliches Manual.
INNEN
(Bild: Dieter Stork)
Im Inneren zeigt sich eine hochwertige Verarbeitung mit erstklassigen Bauteilen. Auf der vorderen Hauptplatine befinden sich die Signalwege für Klangregelung, Preamp-Mode, OD, Master 1/2 usw., auf der hinteren Platine der Effektweg, die Lautsprecheranschlüsse, die Umschaltfunktionen und der A/B-Ausgang. Alle Anschlüsse sind, wie man es von einem handgebauten Amp erwarten darf, solide, roadtauglich und erstklassig geführt. Das Ampchassis ist von unten mit vier Schrauben fest mit dem Chassis verbunden und die beiden Metallplatten schützen das Innenleben sehr gut vor ungewollten Stößen oder unerwünschten Einflüssen und lassen dennoch genügend Luft zirkulieren.
Eines wird sich bei den Röhrentops wohl nie ändern: Alle Trafos immer auf einer Seite. Beim Anheben des Amps knickt dir jedesmals die Hand durch
das Ungleichgewicht ab. Jetzt erzähle mir bitte keiner, dass der AÜ nicht weiter weg, also auf der anderen Seite sein darf.
Ich bitte dies nur als Feststellung aufzufassen, nicht als Gemecker.
Vielleicht möchte man die hohen Anoden-Wechselspannungen der Endröhren nicht neben den >unabgeschirmten< Eingangsleitungen haben?
Hiwatt kaufen, die platzieren ihre Trafos etwas ausgewogener – aber bei dioppeltem Gewixcht 🙂
Dann guck dir mal meine Amps an, die du unter ‘Larry Amps’ googeln kannst. AÜ links, NT rechts (von vorne betrachtet). Oder guck mal in nen Bogner Extasy, oder in nen Soldano SLO100 – nur um nur einige Beispiele zu nennen, bei denen es ‘richtig’ gemacht wurde.