(Bild: Dieter Stork)
Jon-Tore Dombu betreibt das Skarp Studio im norwegischen Trondheim. Wie schön wäre es, so wurde er oft gefragt, wenn man den Bass-Sound aus dem Studio einfach mitnehmen und live einsetzen könnte. Angespornt von dieser Idee machte er sich an die Entwicklung und baute einen ersten Prototypen – in einer Tupperdose …
AUFBAU
Das klangliche Resultat gefiel so gut, dass es mit der Welt geteilt werden sollte. Bevor mit dem Verkauf der Pedale Geld verdient werden konnte, musste die Produktion finanziert werden. Kickstarter war die Lösung. Das war im Winter 2020, mittlerweile sind die Pedale über einen Vertrieb auch in deutschen Läden erhältlich.
Das Pedal besteht aus drei Komponenten: Kompressor, Klangregelung und Verzerrer. Das klingt auf den ersten Blick nicht gerade sensationell, aber das Pedal hat einige ganz besondere Ideen zu bieten. Beginnen wir mit dem Äußeren. Das Gehäuse ist in mattem Schwarz gehalten, die Ein- und Ausgangsbuchsen befinden sich rechts und links, der Netzanschluss oben.
Ein Netzteil nach gewöhnlicher Boss-Norm ist erforderlich, Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen. Die Stromaufnahme ist mit unter 100mA angenehm niedrig, was an der komplett analogen Schaltung liegt. Den Fußschalter habe ich wie üblich als On/ Off für das gesamte Pedal gedeutet, dem ist aber nicht so, wie die Bezeichnung Drive bereits erahnen lässt.
Immer im Signalweg befindet sich der Kompressor, der auf Null gedreht keine Wirkung hat und ansonsten mit schnellem Attack und Release für einen satten Sound sorgen soll. Die zugehörige LED zeigt an, ob und wie hart der FET-Kompressor arbeitet. Auch der Mid-Regler ist immer an. Er hat seine Neutralstellung voll aufgedreht, in Richtung Null räumt er den Mittenbereich auf.
Der letzte im permanent aktiven Bund ist der Mix-Regler, der zur Abwechslung seinen neutralen Punkt in der nicht rastenden Mittelstellung hat. Mix gibt wie eine Klangwaage schnellen Zugriff auf das Verhältnis von Bässen links und Höhen rechts. Zuschalten lassen sich dann Drive und Tone, die tun, was draufsteht: Zerrgrad und Höhenanteil des verzerrten Sounds.
Apropos draufsteht: Die Beschriftung ist nicht besonders gut lesbar. Die graue Beschriftung hebt sich etwas ab, die blauen Elemente, die eine Orientierung geben sollen, was beim Drehen an den Reglern passiert, eher nicht. Zum Glück ist das Pedal übersichtlich genug, dass man sich dennoch schnell zurechtfindet. Ebenso unpraktisch sind die Markierungen der an sich hübschen Knöpfe, denn auch sie sind nur bei guten Lichtverhältnissen und mit scharfen Augen lesbar.
Wo ich schon am Quengeln bin: Die Potis sind nicht mit dem Gehäuse verschraubt und fühlen sich beim Drehen empfindlich und leicht eierig an. Behagt mir nicht so wirklich, aber Jon-Tore sagt: „Die Potis sind Typen, die ohne Verschraubung durch Bohrungen eingesetzt werden und eingebaute Toleranzen haben, damit sie nicht leicht brechen. Sie kommen von Bourns und sind seit Jahren bei vielen Herstellern im Einsatz und haben sich unter anderem bei Strymon bewährt“.
Kann der Sound das alles wieder rausreißen? Bevor die Frage beantwortet wird, eine kleine Anekdote zum Namen des Pedals: Jon-Tore war neben seiner Arbeit lange Zeit Assistent eines Jungen mit Asperger. Beim Zocken von Call of Duty fragte dieser, wie denn das Pedal heißen solle und auf die Antwort, dass es noch keinen Namen habe, kam direkt: SkarBassOne. Zusammengesetzt aus Skar, wie in Skarp Studio, One, wie in X-Box One, und Bass – selbsterklärend. Jon-Tore fand es cool und ich auch.
(Bild: Dieter Stork)
PASST, WACKELT, KLINGT!
So, nun aber Butter bei die Fische! Mit allen Reglern in Mittelstellung (bei gutem Licht und mit Brille eingestellt) und ohne Zerre klingt es schon mal schön rund und auf angenehme Art „poliert”. Wie viel Kompression im Spiel ist, hängt vom Output des angeschlossenen Basses ab. Mein passiver Jazz Bass wird nur leicht verdichtet, während der Yamaha Attitude oder ein Spector schon deutlich mehr bearbeitet werden.
Die Einstellung ist aber kinderleicht: Aufdrehen, bis die LED jeden Anschlag anzeigt, dann wieder etwas zurückdrehen – fertig. Oder bei getragenen (Fretless)-Balladen noch weiter aufdrehen. Wichtig zu wissen ist nur, dass gleichzeitig auch der Ausgangspegel geregelt wird. Mehr Kompression ergibt entsprechend mehr Pegel am Amp, Interface oder Mischer – also Vorsicht.
Apropos Mischer: Einen DI-Out hat das Pedal nicht. Dahinter steckt zum einen die Überlegung, das Pedal nicht größer (und teurer) zu machen, zum anderen, dass DI-Boxen auf größeren Bühnen ohnehin vom Verleiher gestellt werden.
Als erster Regler darf Mid an den Start. Hier findet eine mehr oder weniger starke Absenkung im Bereich zwischen 200 Hz und 1 kHz statt, deutlich milder als z.B. beim regelbaren Preshape von Markbass. Der Ton wirkt aufgeräumter und edler, ohne an Substanz zu verlieren.
So schnell, wie ich hier für jedes Instrument eine gute Einstellung finde, komme ich auch mit dem Mix-Knopf zurecht. Mehr Präsenz oder mehr Fundament sind nur einen kleinen Dreh entfernt. Da hier jeweils komplementäre Frequenzen beschnitten werden – also die Höhen reduziert statt Bässe geboostet – bleiben die Ergebnisse natürlich und nerven nicht. Clever!
Ganz zugedreht wirkt Mix wie ein Lowpass-Filter, das so tief liegt, dass Mid keinen hörbaren Einfluss mehr hat. Genauso verhält es sich mit der Drive-Schaltung, auch von der hört man in dieser Einstellung nix. Das liegt daran, dass die Zerre die Bässe außen vor lässt, die bleiben immer clean. Also Mix wieder in Mittelstellung. Mit Drive auf null und Tone voll aufgedreht ist der Sound komplett clean, aber die höchsten Brillianzen werden gekappt. Weiter zugedreht runden die Höhen zunehmend ab, was schon gut als zweite, schaltbare Klangebene nutzbar ist.
Wie der Drive-Regler reagiert, hängt auch von der Kompression ab. Je weiter die aufgedreht ist, desto mehr Gain steht zur Verfügung. Ziemlich genial gelöst ist die Kompensation der Ausgangslautstärke, die unabhängig vom Drive auch bei extremen Einstellungen immer gleich bleibt. So kann man nach Herzenslust die ganze Bandbreite von clean über leichtes Anknuspern bis zur Distortion ausloten.
Mit dem vorhandenen Rauschen, vor allem bei Betonung der Höhen, kann man für meinen Geschmack noch leben. Im Zusammenspiel aller Regler habe ich schnell klassische Grundsounds zusammen: den unauffälligen Allround-Ton, den sauberen Slap/Pick/Tap-Sound, die tragende Fülle für ruhige Songs, den dreckigen Rock-Ton – alles entspannt einstellbar.
Mit satter Kompression, viel Drive und Tone, wenig Mitten, und Mix in Richtung Höhen geht es sogar stark in die Richtung „finnischer Industriestandard in Sachen Metal-Zerre“ mit einem Hauch Doug Pinnick dabei.
RESÜMEE
„Great sound made easy“ verspricht Jon-Tore Dombu mit seinem SkarBassOne-Pedal – und löst das auch ein. Seine Studioerfahrungen in Sachen Bass-Recording hat er in ein kompaktes Gerät mit interaktiver, aber stets intuitiver Bedienung gepackt, das ich in dieser Form derzeit marktweit nicht kenne.
Intuition (und Zuhören) ist auch nötig, denn die glücklicherweise überschaubaren und einprägsamen Regler sind nur unter optimalen Bedingungen ablesbar. Abgesehen von diesem Manko (und davon, dass die Regler etwas wackelig sind und ich Gummifüße für den Standalone-Betrieb vermisst habe), überzeugt mich die klangliche Ausbeute vollauf – und die Bedienung ist schnell so intuitiv, dass man auch zwischen zwei Songs noch Einstellungen vornehmen kann.
Neutrale Preamps gibt es schon reichlich, der SkarBassOne will färben, deckt dabei eine große Bandbreite ab und fügt sich mit unterschiedlichen Bässen immer satt und konkret in den Bandmix ein. Wenn man sich auf die Eigenheiten einlassen kann: Unbedingt ausprobieren!
PLUS
● Sounds
● viele Möglichkeiten
● Konzept
● Inspirierend
MINUS
● wackelige Potis
● Potis schlecht ablesbar
● LED etwas hell
(erschienen in Gitarre & Bass 08/2024)