Lauschangriff!

Test: TOOB Cabs 12J + 12R

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Toob Cabs

Sehen lustig aus die beiden? Ja, mag sein, die TOOB-Cabs sind aber kein Low-Budget-Spielzeug, sondern absolut ernst gemeint, als seriöse, klangstarke Lautsprecherboxen. Konstruiert offensichtlich unter der Prämisse „leicht und klein muss sein“. Liegt im Trend, wenn man sich auf dem Markt umguckt.

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Wer weiß, vielleicht ward die Idee ja in einer der langen dunklen Winternächte Skandinaviens geboren. Die TOOB-Cabs kommen nämlich aus Finnland. In Kauniainen, ca. 15 Kilometer nordwestlich von Helsinki, hat die Firma ihren Sitz.

Toob ist im Übrigen eine Abkürzung für das lautmalende Motto der Macher: „thinking out of the box“.

Alles rund

Ein XXL-Abflussrohr, ein Speaker und ein paar Kleinteile, fertig ist die TOOB-Box.

Nee, ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht. Man muss sich schon ein paar Gedanken über die Dimensionen eines solchen Kleingehäuses machen bzw. die Physik zu Rate ziehen und nicht zuletzt mit Prototyp-Entwicklung und –Optimierung betreiben.

TOOB gibt auf seiner Homepage gar an, man habe zehn Jahre bis zur Serienreife gebraucht … na ja. Herausgekommen ist jedenfalls ein letztlich doch recht simples Konstrukt.

Eine profilierte doppelwandige Röhre aus Polypropylen, daran angeflanscht mit geschraubten Spannringen der 12“ Lautsprecher samt Lochblechschutzgitter und bei der geschlossenen Box Typ 12R (R wie Rock) hinten die Rückwand aus Holz, in die ein Reflexkanal integriert ist.

Holzrückwand mit Bassreflextunnel (Bild: Dieter Stork)

Passend zum Thema „maximal transportfreundlich“ wird als Speaker ein leichtgewichtiges Neodym-Modell von Jensen verwendet, der Jet Tornado 12.

Das hinten offene Cabinet Type 12J (J wie Jazz) hat ein etwas geringeres Volumen. Die beiden parallel liegenden Klinkenbuchsen (Switchcraft, 1A Qualität) sind an einer Holzplatte montiert. Beim 12R hingegen sind sie einzelnen versenkt angebracht.

Damit die TOOB-Boxen nicht rumkullern, gehört ein steckbarer Metallbügel zum Lieferumfang, der gleichzeitig dafür sorgt, dass die Gehäuse leicht nach oben angewinkelt stehen. Für € 20 Aufpreis gibt es einen Holzfuß mit Magnethalterung; ist definitiv eleganter zu handhaben.

Für den Transport ist ein Vintage- Style-Ledergriff angebracht. Die mit Klett belegte Bambusplatte an der Oberseite dient dazu, einen kleinen Amp oder ähnliches daraufzustellen (das ist dann ein Tube-Stack oder was…, oha, Kalauer…).

Zwei klebbare Klettstreifen gehören zum Lieferumfang wie auch ein wertiges 40cm-Anschlusskabel mit Winkelklinkensteckern.

Die Verarbeitung macht einen sehr guten Eindruck. Von Sorgfalt zeugt unter anderem, dass alle Verschraubungen (exklusive Spannring) mithilfe von selbstsichernden Muttern ausgeführt sind.

Hop oder top?

So wenig Volumen, null Schallwand, es liegt in der Natur der Sache, dass die TOBB-Cabs im Sound speziell sind. Der Hersteller gibt zwar an, der Übertragungsbereich reiche von 75 bis 5.000 Hz, fügt aber nicht hinzu, mit welchen Pegelabweichungen (z. B. -2/+5dB).

Ich sag mal so: die Angabe ist optimistisch. Eins ist klar und ob der Konstruktion nicht anders zu erwarten: die Boxen liefern recht wenig von dem, was man eine satte Basswiedergabe nennt. Auf der anderen Seite des Frequenzbandes ergibt sich ein ähnlicher Effekt.

Die Höhenwiedergabe hält sich ebenfalls zurück. Man muss also schon ein wenig Umdenken bei der Handhabung seines Setups bzw. Korrekturen an den Klangeinstellungen vornehmen; der Hersteller weist in seinen Beschreibungen auch selbst darauf hin. Also Treble hoch am Amp, dann kommt die Brillanz zurück.

Bass nachschieben bringt nur bedingt etwas. Bei der 12J nur in geringen Lautstärken – der akustische Kurzschluss der sich kugelförmig ausbreitenden tiefen Frequenzen von der Front nach hinten setzt Grenzen.

Gewisse Abstriche muss man auch in Hinsicht auf die Effizienz einkalkulieren, sprich der Amp muss für den gleichen Schallpegel höher in der Lautstärke eingestellt sein, als man es bei der Nutzung eines größeren Kabinetts gewöhnt ist.

Nun ist es aber nicht so, dass die TOOB-Cabs mager klingen. Die Wiedergabe hat schon Volumen und Kultur. Ein bisschen topfig in den Mitten spielt die 12J bei moderaten Lautstärken recht befreit und offen auf.

Warmer Charakter, schöne Präzision, das diese Box Jazz-Gitarristen gefällt, leuchtet ein. Bei cleanen Sounds kann die 12J aber auch ganz allgemein zu ihrem Vorteil punkten. Bei Distortion wirkt sie eher introvertiert, insofern als sich die Sounds nicht so richtig aus den Speakern lösen, etwas eindimensional bleiben.

Gut, dafür ist ja die 12R da, die allein schon dann die bessere Wahl ist, wenn höhere Lautstärken gefordert sind. Ja, sie blüht eher dann groß, klangstark und gesünder in den Mitten auf, als wenn man sie leise spielt.

Und man kann ihr wirklich viel zumuten. Sie hält hohen Signalpegeln tapfer stand. Wenn man vor der Box steht, unterstützt die 12R sogar schon bei cleanen Sounds interaktive Feedbacks, wie nett.

Alternativen

Klein in den Ausmaßen und Gewichte unter vier bzw. 5 Kilogramm. Dass muss erst einmal ein anderes Produkt nachmachen. Ist aber keines in Sicht. Das ist der Punkt. Fakt ist aber, dass es für gleiches und auch weniger Geld durchaus gut klingende, klein gehaltene 1×12-Boxen gibt.

Da wären z.B. das BluGuitar Nanocab, Hughes&Kettners Tubemeister 112 Box, Fenders Bassbreaker BB-112 usw.

Resümee

Würde es ausschließlich um höchste Klangkultur gehen, würden sich die TOOB-Cabs im Ranking weiter hinten wiederfinden. Doch wenn der Faktor Transportabilität ins Spiel kommt, wandelt sich das Bild erheblich. Denn im Verhältnis zu ihrer geringen Größe sind die Klangeigenschaften der 12J und 12R als sehr respektabel zu bewerten.

Weil sie doch einiges an Volumen und Charakter entwickeln, sowie Details präzise abbilden. Sie sind in ihrer Produktkategorie jedenfalls absolut empfehlenswert. Der Preis ist angesichts der Substanz relativ hoch, aber durchaus akzeptabel.

PLUS

  • Sound, Volumen
  • (bezogen auf die geringe Gehäusegröße)
  • ordentliche Dynamik, präzise
  • hyperkompakt, sehr geringes Gewicht
  • hochwertige Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2018)


Hinweise zu den Soundfiles:

Für die Aufnahmen kam ein SM57 von Shure platziert direkt vor dem Speaker zum Einsatz sowie weiter entfernt als Raummikro ein Kondensatormikrofon mit Großflächenmembran, Typ C414 von AKG – wurde nur gering zugemischt.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und abgemischt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.

Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine Steinberger GL4T.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

Fragen, Anregungen und ja, auch Kritik sind wie immer stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de. Es klappt nicht immer, aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

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