„Wall Of Sound“-Anmutung

Test: Three Bananas Amplification Galaktopus

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(Bild: Dieter Stork)

Bananen aus Deutschland? Ja, hinter Three Bananas Amplification steckt der deutsche Amp-Designer und Firmeninhaber Raphael Maria Heikenfeld aus Bottrop. Zwei Amps hat die Firma im Programm, zum einen den Beausonic und zum anderen den Galaktopus, ein zweikanaliges Röhren-Topteil in wahlweise 100-Watt- oder 50-Watt-Ausführung. Letzterer soll für viele Stilrichtungen einsetzbar sein: von Pop und Jazz über Blues bis Rock.

Raphael ist schon seit vielen Jahren mit Amp-Reparaturen und Modifikationen beschäftigt gewesen und hat 2019 schließlich begonnen, eigene Designs zu entwerfen. 2021/22 folgte dann die Firmengründung und Three Bananas debütierte auf dem letztjährigen Guitar Summit erstmals als Aussteller. Auch dieses Jahr waren die Amps dort wieder zu sehen und zu hören – und konnten einiges Aufsehen erregen. Grund genug, dem Galaktopus unter die Schale zu schauen.

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Die Three-Bananas-Amps werden in Deutschland entwickelt und hergestellt. Es werden ausschließlich selektierte Ingredienzen von hoher Qualität verwendet. Für die Hauptplatine kommt das Turret-Hybrid-Design nach NASA-Spezifikationen zum Einsatz (die Standarddefinition findet man unter: NASA-STD-8739.3). Das verbindet puristische Bauweise für den Hauptsignalweg mit gleichzeitig modernder Integration von Hilfsschaltungen wie beispielsweise die Kanalumschaltung. Die Amps von Three Bananas werden aktuell vorwiegend direkt vertrieben, stehen gleichzeitig auch im Geschäft von Musik Brödel in Bottrop und können dort angetestet werden. Laut Raphael war die Resonanz auf dem diesjährigen Guitar Summit so groß, dass er aktuell an einem ausgewählten Händlernetz arbeitet und diesbezüglich für die Zukunft positive Neuigkeiten in Aussicht stellt.

(Bild: Dieter Stork)

AUFBAU

Das Testaggregat leitet 50 Watt aus zwei EL34-Endröhren. Der 50-Watt-Ausführung (beim 100-Watt-Modell nicht vorhanden) steht rückseitig ein Wahlschalter zwischen Rectifier- (GZ34-Röhrengleichrichter) oder Silizium-Dioden-Gleichrichter zur Verfügung. Der Galaktopus verspricht breitbeinig eine „Wall Of Sound“ aus zwei Kanälen. Der Clean-Kanal ist praxisorientiert ausgestattet: Volume, dreistufiger Bright-Wahlschalter (BR1, OFF, BR2), Bass, ein dreistufiger Mittenwahlschalter mit voreingestellten Frequenzen (SCP, BST, NRM) sowie Treble und Gain. Der Drive-Kanal kommt mit traditioneller Dreiband-Klangregelung aus Bass, Middle und Treble daher und wird durch Gain und Volume komplettiert.

Darüber hinaus stehen mit den drei Auswahlpositionen „SMO“, „PUN“ und „NRM“ in der sogenannten „Reactivity“-Schaltung Möglichkeiten zur Auswahl, das Ansprechverhalten des Amps zu verändern, die Kompression, aber auch den Frequenzgang der Endstufe. „SMO“ bietet primär eine dynamischere Ansprache bei leicht zurückgenommenen tiefen Frequenzen. „PUN“ hingegen erzeugt mehr Kompression bei einer Betonung der tiefen Frequenzen. Zudem arbeiten in der Master-Sektion noch ein Gain/Volume-Boost von bis zu 6dB und ein Bite-Regler. Letzterer agiert ähnlich wie ein Presence-Regler. Bite wird dabei seinem Namen später noch alle Ehre machen. Über „Operate“ erwacht der Galaktopus aus dem Standby, eine grüne Netzleuchte zeigt den Betrieb an.

Ein- und ausgeschaltet wird der Amp auf der Rückseite. Ebenso befindet sich dort der regelbare röhrenbasierte Effekt-Loop (mit einer Ausgangsimpedanz von 1kOhm), der wahlweise seriell oder parallel gefahren werden kann, indem der Effektanteil per Mix-Regler gesteuert wird. Fünf Speaker-Ausgänge stehen für die Boxen-Setups 1×16 Ohm, 1×8 oder 2×16 Ohm sowie 1×4 oder 2×8 Ohm zur Wahl. Der mitgelieferte Zweifach-Fußschalter für die Kanalwahl und die Boost-Funktion wird ebenfalls hinten angeschlossen. Leider lassen sich die Kanäle nicht manuell an der Frontseite umschalten, man ist daher stets auf einen angeschlossenen Fußschalter angewiesen.

(Bild: Dieter Stork)

INNEN

Nach Abnahme der Rückwand wird der Blick auf die Ausgangsübertrager, die beiden EL34-Endstufenröhren mit zugehöriger 12AT7, die drei Vorstufenröhren (2x 12AX7, 1x 12AU7) sowie die GZ34-Gleichrichterröhre frei – alle von JJ-Electronics. Alle Röhren sitzen stramm in ihren Sockeln, das Chassis ist eloxiert. Insgesamt hat Three Bananas hier übrigens ein optisch ansprechendes Design zustande gebracht. Schraubt man das unten sitzende Chassis aus dem Gehäuse, kann die Verarbeitung in Augenschein genommen werden: Die ist makellos, aufgeräumt und absolut hochwertig, das Turret-Hybrid-Design nach NASA-Standard unter Verwendung von Bauteilen höchster Qualität ist über jeden Zweifel erhaben.

(Bild: Dieter Stork)

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

SOUND

Wie eingangs erwähnt verspricht der Galaktopus eine „Wall Of Sound“ – da darf man gespannt sein. Noch eines vorweg: Three Bananas bekennt sich klar zu einem eigenen Sounddesign, grob kann man vielleicht sagen, dass hier an Fender angelehnte Klänge im Clean-Kanal und Marshall-Zerre im Drive-Kanal am Horizont erkennbar sind, aber der ganz eigene Charakter von Three Bananas ist immer Teil der Sound-DNA. Beginnen wir mit dem Clean-Kanal. Und schon nach den ersten Klängen ist deutlich: Der kann was!

Hervorragende, sehr klare Sounds mit viel Headroom und Artikulation schallen da aus meiner Box. Perlend, bissig oder auf Wunsch süßlich und mit Durchsetzungskraft. Hier macht auch der Betrieb mit der Gleichrichterröhre Spaß, liefert sie doch einen Hauch von „Sag“. Direkt fällt zudem auf, wie stark man mit der Klangregelung Einfluss nehmen kann: Schon ein leichtes Drehen an Treble und/ oder Bass verändert den Sound deutlich. Dazu sind die vorgegebenen drei Mittenparameter passend gewählt. SCP ist ein Mitten-scooped Sound, BST wiederum hebt die Mitten an und im NRM-Modus verhalten sich selbige neutral. Gepaart mit den unterschiedlichen Bright-Einstellungen am zugehörigen Kippschalter harmoniert wirklich jede Gitarre, sei sie mit Humbuckern oder Single Coils bestückt, mit dem Galaktopus. Der Clean-Kanal bleibt auch klar, höchstens wenn das Volumen bis an die Schmerzgrenze gefahren wird, kann bei leistungsstarken Pickups so etwas wie ein Breakup erzeugt werden.

Kurzum: Der Clean-Kanal überzeugt auf ganzer Linie. Von warm über hochauflösend bis hin zu extra crisp: Hier ist alles möglich. Tonal ist das in der Top-Liga und dabei außerordentlich flexibel. Toll! Mit dem Bite-Regler in der Endstufensektion kann man den Biss dann noch „over the top“ schieben … Lieber nicht zu hoch aufdrehen, bis zur Viertel-vor-Einstellung ist alles im grünen Bereich. Nicht wenige Spieler nutzen so einen Clean-Kanal ja auch gerne als Plattform für Overdrive- oder Distortion-Pedale. Also flugs mal diverse Bodentreter vorgeschaltet. Das funktioniert sehr gut, der Amp bietet hier eine vorzügliche tonale Plattform und selbst unterschiedliche Zerrer agieren mit dem flexibel justierbaren Clean-Kanal stets harmonisch. Mit einem guten High-Gain-Pedal, zum Beispiel bei gleichzeitiger Einstellung „Punch“ in der Reactivity-Schaltung der Endstufe, kann direkt druckvoller Alarm gemacht werden. Dabei behält der Galaktopus stets seine dynamische und perkussive Artikulation.

Kurzum: Als Pedal-Plattform eine echte Empfehlung. Weiter geht es im Drive-Kanal. Sofort wird auch hier die perkussive und ausgeprägte Artikulation bestätigt. Der Galaktopus verzeiht nicht viel, agiert sehr unmittelbar und bleibt immer dynamisch mit wenig Eigenkompression. Geringe Gain-Einstellungen liefern schöne Breakup-Sounds bis hin zu einem kräftigen Overdrive bei Vollanschlag. Das ist kein High-Gain, definitiv kein Metal, eher eine kräftige Classic-Rock-Kelle. Mit der sehr effektiven Dreiband-Klangregelung lassen sich auch im Drive-Kanal mannigfaltige Tonformungen vornehmen: In Kombination mit den unterschiedlichen Reactivity-Einstellungen von bluesig, süßlich und soft bis hin zu tighten und drückenden Bässen. Kompliment für diese umfangreichen Nuancen, die dem Galaktopus zu entlocken sind. Zusätzliche Optionen hat man durch die Wahl zwischen Tube-Rectifier oder Silizium-Dioden-Gleichrichter. Ersterer liefert im Gain-Kanal einen zurückhaltenderen Attack, während Letzterer stärker zupackt und schnelleren Attack produziert.

Nun ein Wort zum Bite-Regler: Man kann – wohlgemerkt: „kann“ – über Stellungen jenseits von 12 Uhr den Amp auch sehr, sehr crisp einstellen. Am natürlichsten sind die Ergebnisse vor der 12-Uhr-Stellung, danach sind das für meine Ohren eher „besondere Sounds“, die in bestimmten Kontexten sicher ihre Berechtigung haben können. Meine Empfehlung wäre aber, beim ersten Ausprobieren besser mit einer geringen Bite-Stellung zu beginnen. Meine Neugier, Pedals auch in den Drive-Kanal zu füttern, ist durch die ausgezeichneten Resultate im Clean-Kanal auch hier geweckt.

Und siehe da: Mit einem guten Overdrive als Booster zum Beispiel lassen sich problemlos die bordseitig fehlenden Gain-Reserven für wirkliche High-Gain-Anwendungen hinzufügen. Der Eigensound des Galaktopus bleibt dabei stets präsent, die Dynamik und die wiederholt beschriebene perkussive Artikulation bleiben auch in so einer Anordnung voll erhalten. Diese Attribute beschreiben in gewisser Weise auch den Signature-Sound des Galaktopus. Nicht ohne Erwähnung bleiben soll zudem der regelbare Boost, der gleichermaßen auf beide Kanäle zugreift und per Fußschalter abrufbar ist. Damit kann im Livebetrieb im Wesentlichen ein bis zu 6dB Gain/Volume-Boost abgerufen werden, sehr praktisch für Soli. Auch der röhrenbasierte Effektloop funktioniert klangneutral und tadellos, sei es seriell oder per Mix regelbar im parallelen Modus.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit dem Vollröhrentopteil Galaktopus in der 50-Watt-Version präsentiert Three Bananas Amplification ein gelungenes Design, hohe Verarbeitungsqualität und eine außerordentliche klangliche Flexibilität aus zwei Kanälen. Sein gestecktes Ziel, einen eigenständig klingenden Amp mit „Wall Of Sound“-Anmutung zu entwickeln, wurde erreicht. Der Clean-Kanal offenbart tonale Kultur in Bestform, der Drive-Kanal bietet dank seiner sehr effektiven Klangregelung und der hervorragenden Reactivity-Schaltung umfangreiche Möglichkeiten der Soundformung, von bluesig süß bis hin zum kräftigen Classic-Rock-Overdrive. Beide Kanäle lieben es, mit Pedalen angesteuert zu werden. Eine ganz eigene Sound-DNA von Three Bananas ist auch zu entdecken – klar artikuliert, mit perkussivem Attack. Der Spieler ist gleichwohl gefordert, denn der Amp verzeiht wenig. Belohnt wird man mit tollem Ton und exzellenter Dynamik. Bei einem Preis von € 2750 bekommt man mit Blick auf die Qualitäten dieses vollständig in Deutschland gebauten Klein-serien-Verstärkers eine Menge für sein Geld.

PLUS

  • eigenständiges Sounddesign
  • erstklassiger Clean-Kanal
  • Verarbeitung
  • harmoniert hervorragend mit Pedaleffekten
  • Preis-Leistungs-Verhältnis

MINUS

  • Kanalumschaltung nur per Fußschalter


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2024)

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