High-Gain-Klassiker im Taschenformat

Test: Synergy Peavey 6505

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Das Modell 6505 von Peavey darf zweifellos zu den Klassikern im High-Gain-Bereich gezählt werden. Anfang der 90er-Jahre wurde der Amp keinem Geringeren als Eddie van Halen auf den Leib geschneidert, damals noch unter der Bezeichnung 5150. Schnell wurde der Amp auch zur Stimme unzähliger Metal- und Hardcore-Bands – von Trivium über Machine Head bis hin zu Produzent Andy Sneap. Synergy bietet den 6505 nun auch im Modulformat an. Aber kann er mit dem Original mithalten?

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Das modulare Vorstufensystem von Synergy hat eine Menge zu bieten: Zweikanalige Einschübe mit echter Röhrenbestückung lassen sich in entsprechende Rahmen von Verstärkern und Vorverstärkern einsetzen und je nach Bedarf austauschen. Die Auswahl an Modulen ist riesig und umfasst neben Modellen von Synergy selbst auch Hersteller wie Bogner, Fryette, Friedman, Soldano oder Engl. Selbst alte Module von Egnater und Randall können verwendet werden. Erstmals ist nun ein solches Modul in Zusammenarbeit mit Peavey entstanden. Kaum verwunderlich, dass die Wahl dabei auf den 6505 fiel.

AUFBAU & KONZEPT

Das kompakte Modul hat eine ziemlich vollständige Ausstattung. Beide Kanäle sind technisch identisch und verfügen über eigene Gain- und Volume-Regler sowie dreibandige Tone-Stacks. Hinzu kommt eine individuelle Umschaltung zwischen Crunch- und Lead-Kanal. So kann man Crunch und Lead kombinieren oder auch doppelt nutzen, z.B. für Rhythmus und Solo mit ähnlicher Gain-Intensität, aber unterschiedlichen Lautstärken. Großartig. Aufgrund des kompakten Formats sind die Regler konstruktionsbedingt recht klein. Dafür profitiert man aber von der hohen Flexibilität. Abgesehen vom fehlenden Clean-Kanal, der ohnehin nicht das Aushängeschild des Originals ist, übertrifft das Modul das Original sogar durch die zwei Equalizer und die individuelle Umschaltung zwischen Crunch- und Lead-Modus. Und Clean-Kanäle gibt es in Form anderer Module.

Naturgemäß ist die Verwendung des Produkts auf die eigenen Synergy-Produkte beschränkt. Hinzu kommen MTS-kompatible Amps und Preamps von Egnater und Randall, bei denen teilweise nur ein Kanal genutzt werden kann.

Da sich die Eingangsstufe nicht in den Modulen befindet, ist diese im Verstärker vordefiniert. Während Egnater und Randall mit festen Kathodenwerten arbeiteten, ist genau dieser Parameter bei den Synergy-Produkten in drei Werten schaltbar. Die Synergy-Module verfügen daher über einen Schalter auf der Platine, der beim Aufruf des Moduls eine entsprechende Information an den Rahmen übermittelt. Voreingestellt ist ein Widerstand von 1,8 kOhm und ein Kondensator von 1 µf. Damit liegt er zwischen den klassischen Werten von Fender und Marshall. Dieser Schalter kann natürlich auch zur Klangformung verwendet werden. Wählt man z.B. die „Marshall-Position“, so erhält man einen strafferen Bassbereich.

KLANG

Meines Erachtens sollte man sich von der Vorstellung verabschieden, dass eine solche Vorstufe per se völlig identisch mit einem Vollverstärker klingt. Eventuelle Unterschiede sind neben den kaum vermeidbaren schaltungstechnischen und bauteilspezifischen Anpassungen an das Kompaktformat vor allem auf die zugehörige Endstufe zurückzuführen. Diese ist bei den Vollverstärkern Syn-30 und Syn-50 in Form von 6L6-Röhren vorgegeben und bei den Vorstufen Syn-1 und Syn-2 zunächst undefiniert. Ob man sich für eine kompakte Fryette Power Station, den Return eines Dual Rectifiers ohne negative Rückkopplung der Endstufe oder die legendären VHT 2150 mit KT88-Bestückung entscheidet, macht natürlich einen Unterschied. Dazu bietet das Peavey-Original in der Endstufe neben dem Presence-Regler auch einen regelbaren Bassanteil (Resonance).

Wer diese Unterschiede akzeptiert und kennt, ja sie sogar als Vorteil begreift, erhält mit dem Synergy ein famoses und außerordentlich vielseitiges System.

Soundcheck und Vergleich mit dem Original auf Seite 2

Schon Crunch bringt früh im Regelweg eine satte Verzerrung. Hier gibt es keinen knochigen Marshall-Sound, sondern ein druckvolldicht komprimiertes Klangbild, das gleichermaßen Pfund und Definition bietet. Die Zerrreserven sind bereits beachtlich, was durch mehrere kaskadierte Gainstufen realisiert wird.

Hintergrund: Eddie Van Halen rückte 1991 auf dem Album ‚For Unlawful Carnal Knowledge‘ von der ausschließlichen Verwendung seines legendären Marshall Super Lead ab und setzte für diese Aufnahmen ergänzend einen SLO 100 von Mike Soldano sowie einen Prototyp des 5150 ein.

Der Lead-Kanal legt noch eine Schippe drauf und liefert Gain ohne Ende. Das Spielgefühl ist angenehm.

Der Charakter der Verzerrung ist auch im Lead-Kanal gesättigt, kräftig-druckvoll im Bass und üppigem Schub in den Mitten. Etwas Vorsicht ist bei der Einstellung des Höhenbereichs geboten, denn obwohl die Zerre rund klingt, kann es je nach verwendeter Endstufe leicht klirrig klingen.

Hardrock, Metal, Punk und Hardcore stellen den Synergy Peavey 6505 vor keine Probleme, ebenso wenig tiefe Stimmungen – stets klingt es mächtig und organisch, gleichzeitig aber nie matschig oder umgekehrt übertrieben straff. Durch Zurückdrehen des Potis an der Gitarre lässt sich die Verzerrung schon sinnvoll steuern, als Dynamikwunder würde ich die beiden Kanäle aber nicht bezeichnen. Dafür ist der Sound aufgrund des hohen Mittenanteils im Bandgefüge recht durchsetzungsfähig und bietet einfach eine Menge Spielspaß – von der Strat bis zu Instrumenten mit passiven und aktiven Humbuckern.

Auch in Kombination mit Pedalen funktioniert er gut. Mehr Gain wird man dabei kaum benötigen, aber möglicherweise eine Abstimmung der Verzerrungscharakteristik. Ein abgestimmter Boost, ein EQ oder ein Overdrive mit Bassbeschneidung können den Sound etwas metallischer und straffer machen. Die erwähnte Kathodenumschaltung auf der Platine des Moduls gefiel mir dagegen im mittleren Werkszustand eindeutig am besten.

IM VERGLEICH

Für einen Vergleich zum Original stand mir ein alter Peavey 5150 zur Verfügung. Mit der Synergy Syn-2 Vorstufe kann man direkt zwischen Modul und Original umschalten, wobei das Modul dann die gleiche 120-Watt-Endstufe des Peavey-Vollverstärkers mit vier 6L6 Röhren nutzt.

Der im Bias etwas wärmer als üblich eingestellte Vollverstärker zeigt im direkten Vergleich eine andere Balance zwischen Bässen und Höhen. Er klingt etwas matter, während das Modul nach oben hin etwas mehr Biss zeigt. Es klingt insgesamt straffer, aber auch etwas weniger organisch. Außerdem erscheint der Lead-Kanal des Originals ungestümer und roher.

Die Unterschiede in der Klangcharakteristik im Crunch-Kanal sind durchaus vergleichbar. Dennoch hat das Modul hier einen Vorteil: Die Gain-Steuerung ist für meinen Geschmack deutlich besser abgestimmt. Das Modul klingt nicht nur im positiven Sinne aufgeräumter, sondern lässt auch weniger verzerrte Sounds zu. Ein kleiner Unterschied zum Original: Den Bright-Schalter für den Clean-/ Crunch-Kanal gibt es am Modul nicht.

Ein weiterer naheliegender Vergleich ist das Synergy Modul SLO, das auf dem Soldano SLO 100 basiert, der wiederum zu den inspirativen Vorgaben des Peavey 5150/6505 zählte, aber keinesfalls klanglich und schaltungstechnisch identisch ausfällt. Im Vergleich klingt das SLO-Modul auch anders als der Testkandidat. Seine Abstimmung ist insgesamt weniger aggressiv. Im Bassbereich ist das Modul nicht so aufgeräumt und nach oben hin weniger aggressiv. Vor allem bei Rhythmussounds mit hoher Verzerrung würde ich dem 6505 den Vorzug geben, während das SLO bei Soli und klassischeren Rocksounds im Vorteil sein dürfte. In Sachen Vielseitigkeit schlägt das 6505 das ältere Original, das mit einem EQ und ohne Crunch/Lead-Umschaltung auskommt.

Dennoch haben das Original und die beiden Module eine hörbare Verwandtschaft, die sich in besagtem angenehmen Spielgefühl, der dichten Struktur der Distortion, der Kompression und den hohen Gainreserven widerspiegelt. Letztlich entscheidet wie immer der persönliche Geschmack.

RESÜMEE

Die Synergy-Familie wächst und wächst. Mit dem 6505 findet nun auch Peaveys High-Gain-Klassiker als kompakte Röhrenvorstufe seinen Platz im Synergy-Universum und sorgt dort für noch mehr Flexibilität. Das Modul ist nicht unbedingt sehr wandlungsfähig, aber es liefert eine wirklich glaubwürdige, wenn auch nicht ganz identische Version des treibenden und druckvollen High-Gain-Sounds ab, ergänzt um eine satte Crunch-Variante, die flexibler ist als beim Original. Gepaart mit der richtigen Endstufe erhält man einen durchsetzungsfähigen Rock- und Metal-Sound, der bis heute auch in härteren Genres Bestand hat.

PLUS

  • Sound
  • jeder Kanal für Crunch und Lead nutzbar
  • eigener EQ pro Kanal
  • aufgeräumter Crunch-Kanal


(erschienen in Gitarre & Bass 09/2023)

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