von Christian Braunschmidt, Artikel aus dem Archiv
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(Bild: Dieter Stork)
Svi Sound aus Bulgarien zeigt, dass interessante Effektgeräte nahezu überall auf der Welt gebaut werden. Dabei handelt es sich bei der kleinen Pedal-Schmiede keinesfalls um einen Newcomer – bereits seit 1978 werden hier Treter auf hohem Niveau gebaut. Diese sehen nicht nur atemberaubend aus, sondern liefern auch einen Sound, der es in sich hat.
Im Grunde sind Gitarreneffektgeräte ja eine ziemlich ausentwickelte Angelegenheit. Eine Kiste aus Aluminium, eine Hand voll Bauteile, ein paar Regler, Schalter und ein hübsches Design, sind die Grundrezeptur der allermeisten Pedale auf dem Markt. Svi Sound gehen hier – vor allem in der Art-Design-Baureihe – andere Wege und sorgen dafür, dass auch etwas fürs Auge geboten wird.
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Zum Test liegen insgesamt fünf Pedale vor: Zwei Geräte aus der Standard-Serie (Techno FU Distortion und TubeZoid Booster) und drei Pedale aus besagter Art-Design-Reihe (Copper Submarine, Copper Shuttle Art, TubeZoid Booster). Eines sei eingangs erwähnt: Wer auf den Steampunk-Look steht, muss hier eigentlich sofort zuschlagen. Eine so liebevolle und detailreiche Optik habe ich bei einem Effektgerät noch nie gesehen.
RICHTIG VIEL METALL!
Bei den vorliegenden Testgeräten zeigen sich – was die Konstruktion betrifft – zwei grundverschiedene Herangehensweisen. Beginnen möchte ich mit den beiden Geräten aus der Standard-Serie.
Eigentlich ist der Begriff „Standard“ an dieser Stelle irreführend, da deren Optik und Aufbau hier bereits außergewöhnlich sind. Das Techno FU Distortion erscheint im praktischen Mini-Format. Auf der Oberseite des Aluminiumgehäuses findet sich eine gravierte Metallplatte, die neben dem Fußschalter vier kleine Mini-Potis (Volume, Gain, Middle, Treble) beherbergt.
Bild: Dieter Stork
Techno FU Distortion
Bild: Dieter Stork
Acht runde Ausfräsungen zwischen den Reglern wirken auf den ersten Blick wie ein Design-Element. Unter Strom werden die Löcher von kleinen LEDs hinterleuchtet, deren Licht durch eine Art Filter so gebrochen wird, dass man beim Spielen nicht erblindet. Außerdem reagieren die lila-, weiß- und pinkfarbenen Lämpchen auf die Dynamik der Anschlagshand, was für einen coolen Lichtorgeleffekt sorgt.
Das Innenleben des Pedals macht einen sehr gut verarbeiteten Eindruck, wenngleich die Platine mit einem schwarzen Kunstharz überzogen wurde. Das mag zwar vor eifrigen Plagiatoren schützen, macht aber eine Reparatur des Pedals um einiges schwerer.
Als zweites Gerät aus der Standard-Baureihe steht der TubeZoid Booster in den Startlöchern. Der ebenfalls platzsparende Treter kommt mit lediglich einem Lautstärke-Regler und dem obligatorischen Fußschalter aus. Die Hauptattraktion dieses Teils ist eine kleine 6N16B-V-Röhre, die Svi Sound aus alten UdSSR-Beständen bezieht und mit 2500 Betriebsstunden angegeben ist. Für einen minimalen Aufpreis kann man gleich noch eine Ersatzröhre dazu kaufen. Um das glühende Bauteil mit ausreichend Strom zu versorgen, werden die 9V aus dem Netzteil intern auf 100V hochgefahren. Für den Betrieb ist daher eine Stromquelle mit mindestens 600 mA vonnöten.
Um die Röhre zu schützen, wurde über dem Bauteil ein gebogenes Blech angebracht. Innen finden wir die gleiche, sehr gute Verarbeitung wie beim Techno-FU-Distortion – dankenswerterweise wurde hier auf den schwarzen Zuckerguss aus Kunstharz verzichtet.
So richtig wild wird es nun bei den drei Pedalen aus der Art-Design-Serie, die schon optisch schier beeindruckend sind. Das Schutzblech und die Geräteoberseite des TubeZoid Boosters sind aus liebevoll bearbeitetem Kupfer. Der Used-Look kommt richtig gut und auch die Potikappe aus Messing macht einen sehr hochwertigen Eindruck.
Richtig abgefahren wird es beim Copper Submarine 3.0 Germanium-Fuzz: Hier hat man sofort das Gefühl, es mit einem Kontrollelement aus einem alten U-Boot zu tun zu haben. Sieben farbige LEDs, eine golfballgroße Kristallkugel sowie ein beleuchtetes VU-Meter lassen keinen Zweifel an der Frage aufkommen, ob das Pedal aktiviert ist, oder nicht. Die drei Regler für Fuzz, Volume und Bias befinden sich auf der unteren Stirnseite des Gerätes und sind auf dem Gehäuseboden von Hand beschriftet. Das große VU-Meter dient als Anzeige für das Bias-Poti und reagiert auf die Dynamik des Eingangssignals.
Bild: Dieter Stork
Copper Submarine 3.0
Bild: Dieter Stork
Zum Schutz der großen Glaskugel des Copper Submarine 3.0 wurde – ähnlich wie beim Tube Booster – ein Schutzblech aus Kupfer verbaut, wobei hier noch mehr Wert auf die detailverliebte Steampunk-Ästhetik gelegt wurde. Unter Deck geht es durchaus beengt zu – eine solche Menge an Bauteilen will erst mal verdrahtet werden. Dementsprechend wirkt das Innenleben zwar etwas unaufgeräumt, die Lötstellen machen jedoch einen sauberen Eindruck. Herzstück der Schaltung sind zwei Germanium-Transistoren, die laut Hersteller ebenfalls aus alten UdSSR-Beständen stammen.
Nummer fünf in unserem Test ist das Copper Shuttle, das rein optisch auch aus einem alten Kohlekraftwerk der 50er-Jahre hätte stammen können. Genau genommen haben wir hier zwei Pedale in einem Gehäuse: Zum einen der SpectroZoid-Schaltkreis, der für einen obertonreichen und gesättigten Overdrive-Sound sorgen soll und mit dem linken Fußschalter aktiviert wird. Zum anderen liegt auf dem rechten Schalter der GeFuzz-Effekt, der so abgestimmt wurde, dass er eher als „Tone-Destroyer“ dient und „Low-Bias-Fuzz-Sounds“ liefert. Das Ganze ist in Gain, Tone und Volume regelbar.
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
Zudem sind, auf der Fuzz-Seite im Inneren des Pedals, noch zwei Trimm-Potis für Lautstärke und Stromversorgung („Bias“) zu finden. Zwei gigantische Kristallkugeln aus Glas, die ebenfalls mit einem Schutzbügel versehen sind, zeigen an, ob das Pedal aktiviert ist. Natürlich gibt es auch beim Copper Shuttle wieder eine Vielzahl von LEDs, die allesamt versenkt montiert über das Gehäuse verteilt sind. Die Steampunk-Elemente sind bei diesem Gerät sogar noch detaillierter herausgearbeitet – so gibt es, auch bei längerer Betrachtung, eine Menge zu entdecken.
STANDARD VS. ART DESIGN
Für den Praxistest starte ich wieder mit dem Techno FU Distortion. Mit allen Potis in der Mittelstellung wird schon beim ersten Akkord deutlich, dass wir hier ein reinrassiges Distortion-Pedal haben, das eine deutliche Betonung auf die Mitten und Höhen legt. Die Obertöne klingen regelrecht explosiv und springen einen nur so an, während das Bassspektrum stramm und ein wenig komprimiert klingt. Durch das schnelle Attack und die hohe Zerrintensität macht das Techno-FU-Distortion-Pedal vor allem für schnelle Thrash-Metal-Riffs eine sehr gute Figur. Bei tieferen Tunings kommt das Pedal jedoch an seine Grenzen – der Ton neigt dann dazu, etwas diffus zu werden und nicht mehr so schön aufzulösen.
Als nächstes dürfen die zwei TubeZoid Booster zeigen, was sie zu bieten haben. Hier ist natürlich spannend zu sehen, inwiefern sich die beiden Pedale klanglich unterscheiden. Starten wir mit dem Gerät aus der Art-Design-Serie: Wer hier einen neutral klingenden Clean-Booster erwartet hat, wird schnell eines Besseren belehrt: Bereits in der Mittelstellung des Level-Reglers zerrt der Ton merklich und bringt in den Obertönen eine große Ladung Wärme ins Spiel. Besonders die hohen Saiten profitieren sehr vom Klangcharakter des Pedals. Dreht man den Level-Regler immer weiter auf, wird der Ton lauter aber auch immer dreckiger und verzerrter.
Auf Rechtsanschlag erhält man schon eher fuzzähnliche Low-Gain-Zerrsounds, deren warmer Charakter zum Bluesen auf den Diskantsaiten einlädt. Interessant verhält sich das Pedal aber auch auf der anderen Seite des Regelwegs. Dreht man das Poti auf ca. zehn Uhr, wird der Sound zwar nicht spürbar lauter, aber ein wenig wärmer und komprimierter, mit einem Hauch von Verzerrung in den Obertönen. Im direkten Vergleich sind die Unterschiede zwischen den beiden Versionen des Pedals schon sehr gering. Die Steampunk-Version klingt etwas runder in den Höhen, während die Standard-Variante etwas bissiger zu Werke geht. Hier von besser/schlechter zu sprechen, ist im Grunde nicht möglich – es entscheidet letztlich der persönliche Geschmack.
Beim Copper Submarine 3.0 geht es klanglich direkt zur Sache: Fette Germanium-Fuzz-Sounds sorgen für eine Menge Spaß! Sowohl tiefe Riffs als auch hohe Lead-Lines klingen einfach richtig gut. Das Pedal bewegt sich irgendwo im Grenzbereich zwischen dreckigem Overdrive und kontrolliert/transparent klingendem Fuzz-Pedal, was das Gerät überraschend vielseitig macht. Als sehr wirkungsvoll für die „Schmutzregulierung“ erweist sich der Bias-Regler. Von stotternden Fuzz-Sounds bis hin zu gesättigter Overdrive-Verzerrung, lässt sich, alleine mit diesem Regler, eine eindrucksvolle Bandbreite abdecken.
Zum Abschluss darf das Copper Shuttle ran. Dessen Overdrive-Seite präsentiert sich ähnlich dreckig-fett, wie das Copper Submarine, wobei die Struktur der Verzerrung etwas gröber und rauer ist. Durch den Tone-Regler erinnert der Klangcharakter in den oberen Mitten ein wenig an die Bissigkeit eines Big Muffs, allerdings kombiniert mit einem härteren und strafferen Ansprechverhalten in den Bässen. Die Zerrreserven des Copper Shuttle sind ziemlich großzügig bemessen und treiben den Sound bis weit in den Fuzz-Bereich hinein – von einem reinen Overdrive-Pedal kann man hier wahrlich nicht sprechen.
Aktiviert man die GeFuzz-Hälfte des Pedals, wird der Sound so richtig durch den Fleischwolf gedreht. Hier bekommt man ein massives Low-End, kombiniert mit einer klettverschlussartigen Zerrstruktur, die der Bezeichnung „Tone-Destroyer“ alle Ehre macht. Durch ihren merkwürdigen Charakter weiß diese Klangoption vor allem als eine Art „Highlighter“, beispielsweise für eine kurze Zwischenpassage oder ein Song-Intro, zu begeistern.
RESÜMEE
Ob nun Standard- oder Art-Design-Serie: Hier bekommen Augen und Ohren richtig viel geboten. Die beiden Pedale der Standard-Baureihe klingen absolut überzeugend, auch wenn das Rauschverhalten des Techno-FU-Distortion-Pedals ein wenig stört. Der Tube Booster liefert tolle Ergebnisse und erweist sich als überaus vielseitiges Allzweck-Tool – besonders ein etwas langweilig klingender Verstärker profitiert enorm von diesem Pedal.
Die Art-Design-Pedale sind Liebhaberstücke, die vor allem bei eingefleischten Steampunk-Fans für große Begeisterung sorgen dürften. Hier bekommt man aber nicht nur einen tollen Look, sondern eben auch wirklich guten Sound. Bedenkt man, wie viel individuelle Design-Arbeit für jedes Pedal aufgebracht werden muss, sind die Preise völlig in Ordnung. Im Falle der Standard-Serie würde ich sogar von überraschend günstigen Geräten sprechen – auch hier steckt schließlich eine nicht zu unterschätzende Menge Handarbeit im Endprodukt.
Diese „Steam Punk“ Pedale sehen aus,als ob sie aus einem Filmklassiker des Genre „MAD Max“ bzw. „Jenseits der Donnerkuppel“ entsprungen sind.
Was es alles gibt,einfach unglaublich.