(Bild: Dieter Stork)
Beim neuesten Produkt aus der kalifornischen Effektschmiede trifft Vintage-Sound auf Hi-Tech-Regelmöglichkeiten und reproduziert so die legendären Echos der Rockgeschichte.
Man vergisst es oft, aber die bekanntesten Delay-Sounds der Rock-Historie von den Shadows über Pink Floyd bis zu Eddie Van Halen wurden alle mit quietschenden, großen, Nebengeräusch-freudigen Tape- und Magnetechogeräten erzeugt. Mithilfe moderner DSP-Technologie packt Strymon diese klassischen Sounds nun in ein kompaktes Pedal voller Möglichkeiten und zeitgemäßer Regelfunktionen. Mal schauen, ob das hinhaut …
Echotypen
Im grünen Gehäuse verbergen sich drei Echotypen: Drum, Tape und Studio. Drum lehnt sich an das Binson Echorec an, das mithilfe einer sich drehenden Magnetscheibe und 4 Tonköpfen die Verzögerung des Eingangssignals erzeugte. Tape hat als Vorbild die klassischen Bandechos wie das Maestro Echoplex oder ein Roland Space Echo.
Studio simuliert den Einsatz einer zweiten Band-Maschine im Studio zur Echo-Produktion. Mithilfe eines Kippschalters kann man zwischen den drei Typen wählen und Verzögerungszeit (Time), Wiederholungsanzahl (Repeats) und Echolautstärke ( Echo Level) einstellen. Im Vergleich zu den Originalen hat das Volante eine deutlich längere Verzögerungszeit – bis zu 4000 ms – und lässt sich deutlich variabler einstellen.
Ein Echorec z. B. hatte gar keinen Timeregler, sondern erzeugte unterschiedliche Delays nur über den Abstand der Tonköpfe. Die drei Delay-Typen sind in verschiedenen Geschwindigkeiten (half, normal und double) abrufbar, was sowohl Delay-Zeit als auch den Klang beeinflusst. Half hat die längste Verzögerungszeit und den unsaubersten Klang. Je nach Stellung des Speed-Reglers reagiert der Time-Regler anders und mit dem Umschalten des Speed-Reglers kann man die Echozeit halbieren oder verdoppeln – ein cooler Effekt.
Tonformung
Bandecho-Simulationen gibt es mittlerweile viele, aber was das Volante so spannend macht, ist die Tiefe der Tonformung des Echosignals. Mit Rec-Level kann man die Aufnahmelautstärke variieren, was sich in dezenteren oder sehr fetten, knallig wirkenden Echos bemerkbar macht. Low Cut kontrolliert die tiefen Frequenzen des Delay-Signals.
Mechanics simuliert die durch die mechanischen Bauteile entstehenden Tonhöhenschwankungen und Wear den durch das Tape-Alter hervorgerufenen Unterschied in der Signalklarheit. Auch der Abstand der Tonköpfe kann variiert werden um so diverse rhythmische Aufteilungen zu erzeugen.
Mit etwas Drehen und Ausprobieren kann man also wahlweise den Sound eines frisch gewarteten oder eines kurz vor dem Exitus stehenden Bandechos erzeugen – was genau den Reiz und Charme dieser Geräte ausmacht. Ganz schön viel, aber das ist noch nicht alles.
Das Volante funktioniert in Mono und Stereo, ist voll MIDI-steuerungsfähig, hat 8 Speicherplätze im Gerät, die mithilfe des Favorite-Schalters abgerufen werden können. Die Delays können im Panorama gepanned werden. Einen gut klingenden Hall hat es genauso an Bord wie einen ans Echoplex angelehnten Looper mit Reverse-Funktion und in einem Untermenü finden sich weitere regelbare Parameter. Da bleiben keine Wünsche offen. Allerdings benötigt man zum Ausprobieren aller Möglichkeiten in der angemessenen Tiefe definitiv ein paar Tage – wer die Wahl hat, hat die Qual.
(Bild: Dieter Stork)
Sounds
Erfreulicherweise lässt sich das Pedal allen Editiermöglichkeiten zum Trotz auch intuitiv betreiben. Eine gewisse Vertrautheit mit den Vorbildern hilft, um klassische Sounds einzustellen und die Echos authentisch klingen zu lassen.
Beginnen wir mit dem Drum-Mode. Durch die 4 grünen Playback-Knöpfe lassen sich interessante rhythmische Delays erzeugen – vom superkurzen, scheppernden Slapback bis zu klackernden Sechzehnteln. Sind die Feedback-Knöpfe alle aus, lässt sich das Delay wie beim Vorbild nur durch den Abstand der Tonköpfe regeln. Aktiviert man z. B. den vierten Feedback-Regler kann man die Delay Zeit mit dem Timeregler genauer anpassen.
Verblüffend ist, wie einfach man zwischen rhythmischen Delays und etwas, das ich mal Swirl nennen möchte (flirrende Klänge, eine Mischung aus Chorus, Hall und Delay) wechseln kann. Gleichermaßen interessant für Sixties-Sounds und moderne technoide Soundscapes. Wie dreckig oder klar man den Klang möchte, entscheiden die vier Regler auf der rechten Seite.
Experimentieren lohnt sich, denn starkes, Chorus-artiges Leiern durch das aufgedrehte Mechanics-Poti klingt bei niedrigem Record Level wieder angenehm, Wear schluckt bei Rechtsanschlag nervige Höhen des Delays und Rec Level kann das Delay in den Hintergrund oder mit viel Punch nach vorne schieben. Das ist wirklich toll, wie genau man den Sound formen und so auch nervige Nebeneffekte ausgleichen kann – etwas, was bei den Originalen kaum möglich ist. Im Tape-Modus empfehle ich erst mal mit einem Playback und Feedback-Kopf zu experimentieren. So funktioniert das Maestro Echoplex und auch diesen Sound kopiert das Volante verblüffend echt.
Ob warme, dumpfer werdende Dub-Echos à la Lee Perry, Rockabilly-Klänge oder Jimmy-Page-artige Helden-Sounds – alles fühlt sich analog und lebendig an und nervt auch nach längerer Spielzeit nicht mit digitaler Kälte. Hält man den On-Schalter gedrückt, schaukelt sich das Pedal in die Selbstoszillation, die man so ganz gezielt einsetzen kann. Lässt man den Schalter wieder los, faden die Wiederholungen musikalisch sinnvoll aus und enden nicht abrupt. Hervorragend!
Der Studiomodus arbeitet ähnlich wie Tape, klingt aber etwas klarer und definierter. Gerade für rhythmisch exakte Delays ist das interessant, denn diese verschwimmen in diesem Modus nicht so schnell. Aber auch ein überaus lebendiger Chorus-Sound lässt sich einstellen. Mit Low Cut und Wear auf Rechtsanschlag und Echo Level in der Mitte regelt Mechanics die Modulationstärke und erzeugt einen Chorus, den man mit keinem Chorus-Pedal hinbekommt. Breit und unglaublich lebhaft, erinnert das an Andy Summers und The Police.
Wer mehr als zwei Echo-Sounds ohne händisches Umstellen nutzen will, verwendet am besten einen MIDI-Switcher. Man kann zwar 8 Sounds im Pedal speichern, auf dem Favorite Switch liegt aber immer nur eine dieser Einstellungen an. Um auf die anderen sieben zugreifen zu können, muss man den Favorite Switch gedrückt halten und dann einen der Playback/Feedback-Knöpfe betätigen – im schnellen, dunklen Bühnegeschehen nicht besonders stressfrei. Da macht es mehr Sinn, mit zwei Einstellungen zu arbeiten und das Tempo des Songs mit dem Tap-Schalter anzupassen.
(Bild: Dieter Stork)
Alternativen
Um alle Klänge des Volante mit einer Alternative abzudecken, bedarf es mehrerer Pedale. Aus Strymons eigenem Stall bietet sich das El Capistan als simplere Tape-Echo-Variante oder das Timeline als All-In-One-Lösung an. Catalinbread hat authentische Binson und Echoplex-Simulationen mit dem Belle Epoch, Belle Epoch Deluxe und dem Echorec im Programm, die einfacher zu bedienen sind, aber nicht die Editiertiefe des Volante bieten und in der Kombination teurer werden als das grüne Strymon-Pedal.
Resümee
Überzeugende, authentische Klänge von Retro bis zum technoiden Space-Sound, umfangreiche Tonformungsmöglichkeiten, Stereobetrieb, MIDI-Verwaltung, Hall, Looper, Selbstoszillation – das Volante legt die Latte für Tape-und Magnet-Delay-Simulationen ganz schön hoch. Aller Parametervielfalt zum Trotz lässt sich das Pedal intuitiv bedienen und überzeugt vor allem durch seine Signal- und Soundqualität.
Wie ein gutes Analoggerät lebt es beim Spielen, beeinflusst den Klang harmonisch und wirkt niemals digital kalt oder gleichförmig. Das funktioniert gleichermaßen gut für den Roots-Gitarristen, der alte Sounds nachbauen möchte wie den Sound-Tüftler, der sich in spacigen Echowänden verlieren möchte. Etwas Zeit bei der Erkundung sollte man mitbringen. Investiert man diese, deckt das Volante aber eine äußerst breite Palette an Echosounds ab. Daumen hoch für Konzept und Durchführung von meiner Seite!
PLUS
- extrem gute Nachbildung der Delay-Vorbilder
- umfangreiche Möglichkeiten der Tonformung von Lo-Fi bis Studio
- äußerst vielfältige Delaysounds – von klassisch bis experimentell
- trotz großer Menge an Parametern intuitiv bedienbar
(erschienen in Gitarre & Bass 06/2019)