Test: Sterling by Music Man JP150FM Island Burst John Petrucci Signature
von Michael Dommers, Artikel aus dem Archiv
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Bereits seit 18 Jahren endorst John Petrucci, den viele zu den virtuosesten Rockgitarristen unseres Globus’ zählen, Music-Man-Gitarren. Das aktuelle Lineup umfasst immerhin acht (!) verschiedene JP-Signature-Modelle.
2010 entschied sich der US-Hersteller, mit der fernöstlichen Budget-Line namens Sterling zweigleisig zu fahren. Damit sollten Music-Man-Signature-Instrumente auch weniger liquiden Kunden zugänglich gemacht werden. Quasi als Mixtur der amerikanischen JP15 und JP16 hier also die John Petrucci JP150FM in Island Burst, Made in Indonesia…
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zutaten
Neben der traditionellen Armauflage und der Rippenrampe stellt man sich so einen modern geshapten Strat-Body vor: Verlängerte schlanke Cutaway-Hörner, verrundeter Halsübergang und vorne dezent bis stark facettierte, hinten verrundete Kanten. Drei Teile afrikanisches Mahagoni wurden für den Korpus zusammengefügt, vorne ein gut 1 Millimeter dickes Furnier aus intensiv geflammtem bookmatched Riegelahorn, dessen spiegelglatt polierter Island-Burst-Teint hawaiianisches Flamed Koa vermuten ließe. Was fürs Auge.
Ein solides Zargenblech hält die Klinkenbuchse, die direkt ins Oberkante bündig abgedeckte E-Fach mündet. Hals und Griffbrett bestehen aus Roasted Hard Maple, zu Deutsch thermobehandeltem Ahorn, daher auch der dunklere Farbton. Der Hals sitzt großflächig und stramm in seiner Korpusfräsung und wird wie bei Music Man üblich von fünf Schrauben und einem Blech gehalten.
Zwischen Hals-Pickup und Griffbrettstirn ist das Justierrad des Double-Action-Truss-Rod komfortabel zugänglich, der sowohl konvexe als auch konkave Korrekturen ermöglicht. Das mit 16″ recht flache Griffbrett bietet 24 vorbildlich bearbeiteten Jumbobünden Platz. Wappenförmige Perloid-Inlays und kleine Sidedots erleichtern die Navigation.
Ein perfekt aus- und abgerichteter GraphTech-Sattel führt die Saiten zu präzise und geschmeidig arbeitenden Locking-Tunern. Diese hat man in Music-Man-Tradition in 4/2- Formation angeordnet, um die Kopfplatte möglichst klein zu halten und damit den erforderlichen Saitendruck auf den Sattel auch ohne String Trees zu gewährleisten.
Als Steg kommt das MM-eigene Modern Tremolo zum Einsatz, das an zwei Schraubbolzen schwebend aufgehängt ist und mit 2,7 mm dicker Stahlplatte, Stahlblock und sechs einzelnen Edelstahlreitern ausgestattet ist. Der steckbare Vibratohebel rotiert spielfrei in einer Kunststoffmuffe, seine Gängigkeit reguliert eine seitliche Inbusschraube.
Zwei von Sterling entwickelte, direkt im Korpus eingelassene Humbucker wandeln die Saitenschwingungen. Verwaltet werden sie per Master-Volume, Master-Tone und Dreiweg-Toggle-Switch. Ein onboard 12-dB-Booster lässt sich über den Push-Push-Schalter im Volume-Poti aktivieren. Gespeist wird dieser von einer 9-Volt-Batterie, die in einem Schnellwechselfach auf der Korpusrückseite haust.
spielen & hören
Aus dem Gigbag geschält, Vibratohebel gesteckt, kurz nachgestimmt, fertig. Die JP150 traf mit nahezu optimalem Setup bei mir ein. Eingewöhnungsdauer ca. 20 Sekunden. Später habe ich die Halskrümmung minimal nachjustiert und damit auch gleich die Saitenlage optimiert. Die neue Petrucci-Signature gibt sich am Gurt und auf dem Bein bestens ausbalanciert, alle Shapings und Bedienelemente befinden sich an der richtigen Stelle, der verrundete Halsübergang erlaubt stressfreies Bespielen der höchsten Lagen. Das flache C-Profil des griffigen Halses liegt ausgesprochen komfortabel in der Hand, die Bundkanten sind kaum zu spüren. Sterlings Modern Tremolo hält die Stimmung überraschend gut, lediglich nach Dive Bombs sind leichte Korrekturen erforderlich.
Die JP150 gibt sich überaus schwingfreudig und punktet mit sehr guter Dynamik und standfestem Sustain. Ihr kraftvolles und ausgewogenes Klangbild hält straffe definierte Bässe, warme aber prägnante Mitten, seidige Höhen und ein breites Obertonspektrum bereit. Da sich der Gleichspannungswiderstand der Sterling-Pickups wegen der Boost-Schaltung an der Klinkenbuchse nicht messen lässt, müssen Humbucker anderer Gitarren für einen Output-Vergleich ran.
Überraschenderweise kommen Gibson Burstbucker 2 der Ausgangsleistung der JP-Humbucker am nächsten. Letztere klingen im Cleanbetrieb kraftvoll, offen und klar, der Steg-PU knackig und obertonreich mit definierten klaren Bässen. Der Hals-HB tönt in den unteren Registern deutlich definierter, transparenter und glockiger als der Burstbucker, was der verschobenen 24-Bund-Position plus dem eingefügten Trus-Rod-Justierrad geschuldet ist. Klanglich tendiert das sogar in Richtung Burstbucker-1/2-Kombi. Aktiviert man beide JP-Humbucker gleichzeitig, lassen sich gewisse Tele-Anleihen nicht leugnen, die Glockenspiel-ähnlich aus den Lautsprechern perlen.
Am zerrenden Amp legen beide Humbucker einiges an Höhen drauf, was die Transparenz fördert und gleichzeitig auch den Biss erhöht, der sich prima mit dem Anschlag variieren lässt. Der Hals-Pickup überträgt selbst High-Gain-Sachen mit stoischer Offenheit, sodass diese stets definierbar bleiben und auch tieffrequente Riffs gesundes Durchsetzungsvermögen zeigen. Beide Potis regeln wunderbar kontinuierlich, wenngleich der Tone-Regler im unteren Bereich die Höhen extrem stark filtert, woraus ein recht muffiger Sound resultiert.
Habe ich mich zunächst noch über das sehr leichtgängige Volume-Poti gefreut, musste ich beim Bedienen des bordgeigenen 12-dB-Boosters feststellen, dass sich die Reglerstellung durch das On/Off-Drücken stark verändern kann. Während die 12-dB-Pegelanhebung im Clean-Betrieb noch ihre volle Wirkung entfaltet und sie z. B. für zerrfreie Soli allemal ausreicht, verliert sich die Effizienz schon am crunchenden Amp, um sich bei High Gain vollends in Luft aufzulösen. Hierbei ist maximal noch eine leichte Anfettung des Sounds auszumachen.
resümee
Mit der Sterling by Music Man JP150FM bestätigt sich mein Eindruck, dass Music Man seine fernöstlichen Ableger mit der gleichen Akribie und Perfektion herstellt, wie die vielfach teureren US-Instrumente. Ich habe mich auf der Gitarre sofort zu Hause gefühlt, irgendwie eine Vertrautheit gespürt. Aber nicht nur ihre gesamte Ergonomie und Haptik ist stimmig, sondern auch schwingungstechnisch und klanglich kann sie überzeugen. Der 12-dB-Booster zeigt seine Wirkung bei cleanen und dezent crunchenden Sounds, darüber hinaus scheint ihm ein wenig die Luft auszugehen.
By the way: In der inzwischen sechs Modelle umfassenden Sterling-John-Petrucci-Reihe ist mit der JP157 für etwa 10 Euro mehr auch eine 7-String zu finden. Viel Gitarre fürs Geld!
Thermisch modifiziertes Holz (sog. Thermoholz) ist das Endprodukt eines Verfahrens zur Behandlung von Massivholz. Dabei erhitzt heißer Wasserdampf das Holz 24 bis 48 Stunden lang. Die Temperaturen schwanken zwischen 180° und 230°, als optimal für im Gitarrenbau verwendete Hölzer haben sich 180° erwiesen. Ein essentieller Bearbeitungsschritt ist die Trocknung auf 0% Holzfeuchte. Hitze verändert die chemische Struktur der Hölzer.
Nach dem Umbau bestimmter Cellulose-Moleküle können die Wassermoleküle der Luft nicht mehr so gut andocken, sodass das veränderte Holz unempfindlicher gegen Feuchtigkeit ist. Es quillt bei Nässe nicht mehr so schnell und schrumpft bei Trockenheit nicht so stark. Thermoholz weist gegenüber dem unbehandelten Holz Vorteile hinsichtlich der Dimensionsstabilität, der Oberflächenhärte, der Fäulnisresistenz und der Rissbildung auf. Daher wird es seit Mitte der 90er-Jahre vielfach dort verwendet, wo früher oft Tropenholz genutzt wurde, heute immer häufiger auch im Gitarrenbau.