Klassisch geprägt

Test: Stanford Deja Vu OM28

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

[deʒaˈvyː] – Erinnerungstäuschung, bei der der Eindruck entsteht, gegenwärtig Erlebtes in gleicher Weise schon einmal erlebt zu haben …

Der Name Deja Vu ist gut gewählt für eine Gitarrenlinie, die sich alten Vorbildern widmet und diese mit modernsten Mitteln rekreiert. Und bei der Modellbezeichnung OM28 ist man natürlich zweifelsohne in Martin-Gefilden. Wobei OM beim Original für Orchestra Model steht und stand. Die Stanford – schon witzig – hört auf den Namen Old Mommy … wobei die Stanford Crew die Sache allerdings absolut ernst nimmt und die Gitarre nach Originalplänen von 1928 baut.

Anzeige

THEORIE …

Man könnte jetzt meinen, die 28 im Namen bezieht sich auf das Jahr der Pläne, doch diese Zahl steht in der Martin-Sprache für die Material-Kombination: Fichte für die Decke, Palisander für Boden und Zargen sowie ein Decken-Binding im Herringbone- (Fischgräten) Stil verbergen sich dahinter. Und genau so finden wir das hier bei der Stanford auch vor, wobei Decke und Boden aus massiven Hölzern gefertigt wurden, die Zargen sind furniert.

In den 20er-Jahren noch nicht üblich, aber heute eine geschätzte Alternative zu Palisander ist Pao Ferro, ein glattes, hartes Holz aus Südamerika. Es kommt bei der Stanford für Steg und Griffbrett zum Einsatz. Letzteres liegt auf dem Hals aus Mahagoni (Ansatz am 14. Bund) und ist mit 20 aufs Feinste polierten und verrundeten Bünden besetzt. Zur Orientierung dienen die typischen kleinen Diamond-&-Squares-Inlays. Die Saiten ruhen auf Stegeinlage und Sattel aus echtem Knochen und werden an der Kopfplatte mit stilechten, offenen, vernickelten Mechaniken in Stimmung gebracht.

… UND PRAXIS

Das Handling eines solch klassischen Modells birgt natürlich keine besonderen Überraschungen. Eine OM ist ja relativ stark tailliert und liegt somit sehr sicher und neutral auf dem Schoß. Der Hals kommt recht erwachsen daher, mit einer Griffbrettbreite von satten 45 mm am Sattel – die Hand wird gut gefüllt vom matt versiegelten Hals mit C-Profil. Auch die Saitenlage ist eher gediegen und wird manchem zu hoch sein. Da muss dann die Stegeinlage etwas runtergefeilt werden. Ich finde es gut so, man kann beherzt strummen ohne Scheppergefahr, die Saiten können frei schwingen und auch bei Slide-Einsatz klackert es nicht gleich bei zu viel Druck.

Auch Fingerstyle-Techniken lassen sich auf dem geräumigen Griffbrett locker abrufen. Ein Allrounder im besten Sinne steht hier zum Test. Die klanglichen Erwartungen, die man an diesen Typus Gitarre hat, werden voll erfüllt. Von dem Palisanderkorpus mit Fichtendecke wünscht man sich klar definierte prägnante Bässe ohne Mulm, durchsetzungsfähige Mitten und glasklare Höhen – und all das bekommt man auch in überzeugender Qualität geliefert. Die Lautstärke ist dabei genauso beachtlich wie das ausgeprägte Sustain.

RESÜMÉE

Eine tadellos konstruierte Steelstring nach historischer Vorlage. Gelungene Optik, tolles Handling, überzeugender Klang – wer’s klassisch mag (und das tun viele Acoustic-Player) ist hier bestens bedient. An der Berechtigung des Preises gibt es keine Zweifel, ein Koffer hätte aber in dieser Liga dabei sein dürfen. Anyway, ran an die kleine Stanford und gründlich antesten.

PLUS

● klassisches Design
● Hölzer, Hardware, Finish
● Verarbeitung
● Haptik
● hervorragender modelltypischer Klang

MINUS

● kein Koffer oder Gigbag inkludiert

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2021)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Hallo, guten Tag, ich habe privat eine Stanford Drunken daddy 28 gekauft. Beim näherem betrachten habe ich festgestellt der Sattel hat eine breite von 43 mm, obwohl alle Geschäfte die das Modell anbieten schreiben 45 mm Sattel. Wissen Sie darauf eine Antwort?

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.