(Bild: Dieter Stork)
Earl Slick kennt man, seit er in den 1970er-Jahren als Gitarrist unter anderem für David Bowie, John Lennon und Yoko Ono spielte. Auch mit demnächst 70 ist er noch immer aktiv, und das nicht nur musikalisch. Mit seinen eigenen Slick Guitars bietet er günstige, aufs Nötigste reduzierte, klassische Designs mit eigenem Twist an.
Neben den üblichen Verdächtigen in Form von Tele-, Strat-, oder Les-Paul-ähnlichen Modellen gibt es mit dem SLPB auch was Passendes für uns Bassist:innen, und dem werden wir uns jetzt mal widmen.
KEIN SCHNICKSCHNACK
Das Vorbild ist natürlich mehr als offensichtlich: Der gute, alte Preci hat hier Pate gestanden. Der Korpus ist aus Sumpfesche, was dem Bass ein sehr angenehmes Gewicht verleiht. Slick-typisch ist die Lackierung. Bei einem normalen Aging wird das Finish des Instruments erstmal sauber zu Ende gebracht, um danach künstlich Alterungsspuren zuzufügen, die mehr oder minder exakt das widerspiegeln sollen, was alten Gerätschaften im Laufe ihres langen Rock´n´Roll-Lebens widerfahren ist. Das ist aufwendig, zeitintensiv und damit teuer …
Da es hier günstig zugehen soll, geht Slick anders vor: Statt den Bass erst in eine schicke Hochglanzlackierung zu packen, bekommt er nur eine dünne Lackschicht, die zudem noch so weit abgeschmirgelt wird, dass das blanke Holz stellenweise wieder zum Vorschein kommt. Authentisch gealtert sieht das nicht aus und soll es sicher auch nicht. Weniger fertiges Relic, als vielmehr relic-ready für die eigenen Macken … Auch da, wo der Lack noch deckt, ist die Holzmaserung sicht- und spürbar. Hat was!
(Bild: Dieter Stork)
Einer regulären Lackierung würde ich jetzt ordentlich Minuspunkte geben, so ungleichmäßig ist der Auftrag, aber bei diesem Bass ist das einfach nur charmant und muss eben so. Im Zuge des Minimalismus und um die Optik ungehindert zu präsentieren, wird auf ein Schlagbrett verzichtet. Der einsame Volume-Regler sitzt direkt in der Decke, die Ausgangsbuchse auf einem ovalen Zargenblech, der Pickup ohne weiteren Rahmen in seiner Fräsung. Die angelaufenen, leicht herausstehenden AlNiCo-V-Pole-Pieces verraten schon, dass auch hier geaged wurde. Der Hals ist völlig frei von Alterungsspuren und aus Ahorn mit einem aufgeleimten Ahorngriffbrett. Schwarze Punkte, die im zwölften Bund lustig weit auseinander stehen, weisen den Weg zwischen den 20 laut Homepage handbearbeiteten und -polierten Bünden.
Der Sattel ist ein einfacheres Plastikteil, der Zugang zum Halsstab liegt auf der mattschwarz überlackierten Kopfplatte. Die Hardware zeigt einen Mix in Farbe und Material: Gurtknöpfe und Potiknopf in Gold, die Mechaniken mit Grundplatten, Achsen und Hülsen in Chrom und dem Rest in Gold, die Brücke ebenfalls mit Grundplatte in Chrom und güldenen Reitern. Dahinter steckt wie gesagt auch ein Materialmix, denn die Saitenreiter wie die Mechanikflügel samt Schnecke sind aus Messing, während die Grundplatten aus Stahl bestehen. Sieht auf jeden Fall interessant aus.
(Bild: Dieter Stork)
ATTACKE!
Die Balance ist am Gurt ausgesprochen gut und geht, im Verhältnis zu den meisten anderen Preci-ähnlichen Bässen, weniger in die Waagerechte, was den SLPB zusammen mit seinem angenehmen Gewicht gerade auch für Anfänger:innen prädestiniert. Der Hals liegt satt in der Hand, die Halsbreite ist zwar noch nicht volles P-Bass-Maß, aber auch nicht gerade schmal. Das bringt ausreichend Platz zum sauberen Greifen, während sein C-Profil den Hals nicht dick wirken lässt. An der Werkseinstellung gibt es nicht das Geringste auszusetzen. Bei perfekter Oktavjustierung laufen die Saiten mit eher flacher Lage übers Griffbrett. Dass dabei nichts schnarrt oder rasselt, spricht eindeutig für die Qualität der Bundabrichtung, die sich auch an bestens abgerundeten Bundenden bemerkbar macht. So „scheißegal“, wie eine gleichmäßige Lackierung zu sein scheint, so sauber wird an dieser Stelle gearbeitet, mit viel Blick für die wichtigen Details. Die Mechaniken sehen zwar abgesehen von der Mix-Optik eher schlicht aus, bringen den Slick-Bass aber schön rund laufend in Stimmung und fassen sich dabei gut an.
„Akustisch resonant, mittleres Gewicht, ein Tonabnehmer mit krassem Biss und Tiefe in der Wiedergabe“ – so verspricht es die Webseite. Und was soll ich sagen? Kann ich nur unterschreiben! Trocken angespielt kommt jeder Ton gleichmäßig klar und definiert rüber, Deadspots sind keine auszumachen. Gute Grundlage also! Was am Amp angeschlossen aus den Boxen kommt, ist sofort und unmissverständlich als P-Bass-Sound zu identifizieren, genau wie man es von der Kombination Esche/Ahorn/AlNiCo erwarten würde. Konkret heißt das in diesem Fall: druckvolle Mitten auf einem soliden, angenehmst trockenen Bassfundament – und reichlich Höhen!
Zarter angeschlagen sorgen sie für einen transparenten Ton, aber selbst dann haben sie schon einen latent aggressiven Charakter. Haue ich stärker rein, wird es schnell richtig aggro, der Slick legt den versprochenen Biss an den Tag und noch mehr… Das knallt vom Feinsten und eignet sich gleichermaßen für harte Plek-Arbeit wie für Slap-Attacken mit rauem Unterton. Wenn dann manchmal die Saite auf einen Magneten knallt, würde ich mir wünschen, die würden ihn mit der Kappe abschließen. Wäre vielleicht noch eine Anregung für eine kleine Detailverbesserung.
Jedenfalls würde ich mich mit dem SLPB in jedem Rock/Metal/ Punk/Funk-Kontext absolut wohlfühlen. Über die Position und Intensität des Anschlags lässt sich dieser Grundton sehr gut steuern. So sind auch sehr schöne singende Linien in den hohen Lagen möglich, die mit viel Sustain rüberkommen. Wer mit dem Volume-Regler arbeiten möchte, wozu ich persönlich bei Preci-esken Bässen so gut wie nie das Bedürfnis verspüre, kann sich über ein satt laufendes, gleichmäßig regelndes Poti freuen. Vermutlich würde ich den Regler zweckentfremden und zum Tone-Poti umbauen, was ja kein großer Aufwand wäre. Nicht, dass ich nicht ohne leben könnte – ich finde den Minimalismus des Slick sehr überzeugend – aber wenn die Höhen dann doch mal extremer weg sollen, als man das mit dem reinen Anschlag hinbekommt, bemühe ich dafür passende Einstellungen an Amp, Boden-Preamp oder meinem HX Stomp. Auch die resultierenden mittigeren, runderen Sounds können vollends überzeugen.
RESÜMEE
Der Slick SLPB überzeugt mich auf ganzer Linie mit exzellenter Bespielbarkeit und einem P-Sound der eher aggressiven Sorte, der sich gewaschen hat. Spielt sich und klingt deutlich über dem, was er kosten soll. Auch wenn aus den 279 Dollar, die laut Webseite zu Buche schlagen, in den Läden hierzulande 449 Euro werden (was ich gar nicht kritisieren möchte, dafür steht ein zuverlässiger Vertrieb dahinter, der sich aktuell mit verrückten Versandkosten und überhaupt gestiegenen Preisen rumschlagen darf), wette ich dennoch, dass der Slick im Blindtest deutlich teurer geschätzt wird. Relicing bzw. Aging ist ja immer so ein Thema.
Ich finde, dem Slick steht das ganz hervorragend, gerade weil es anders gemacht ist als bei den meisten anderen Herstellern. Man bekommt einen Bass in die Hand, den man sich mit der Zeit ganz von selbst individuell gestalten wird – ob man will oder nicht. Fazit: Auch mit einem eindeutigen Vorbild kann man, durch einige clevere Ideen, klar erkennbare, eigenständige Instrumente anbieten, das beweist Slick eindrücklich. Klare Antestempfehlung!
PLUS
● Sound
● Verarbeitung
● Optik
● Pickup
● Balance
● Bespielbarkeit
(erschienen in Gitarre & Bass 08/2022)
Wer ist der Vertrieb dafür?
Fűr das Geld bekommt man einen wunderschönen Squier Precision Bass der mindestens genauso wenn nicht noch besser klingt. An einen Wiederverkauf sollte man bei diesem Bass gar nicht denken.
Langsam reicht es doch aber mal mit dieser fabrikneuen Sperrmülloptik.