Junge Schwedin

Test: Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.

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Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.(Bild: Dieter Stork)

Vom 2018er Mannheimer Guitar Summit, der wieder neue Besucherrekorde meldete, haben wir vom Stand des schwedischen Herstellers Sgt Doom eine handgefertigte Gitarre mitgenommen, die sich kurz und knapp als „Flying V modern“ charakterisieren lässt.

Sgt Doom Guitars sieht sich als reiner Custom Shop. Der Interessent kann sich seine Gitarre oder seinen Bass aus vier Basismodellen und umfangreichen Optionen auf der Hersteller-Website zusammenstellen. Unterm Strich erhält man dort sogar den Endpreis in Echtzeit angezeigt. Und Obacht: Lefties ohne Aufpreis!

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basis & zutaten

Die Super Vee basiert auf der Neck-thru-Bauweise, soll heißen, bis zum Korpusende durchgehender einteiliger Hals mit angesetzten Korpusflügeln. Da der leicht geflammte Hals aus europäischem Ahorn (quarter sawn, stehende Jahresringe) vom Body aus eine Neigung von rund 2° besitzt und die Kopfplatte auch noch mal mit etwa 14° nach hinten kippt, wäre eine Menge Holzverschnitt zu beklagen. Daher hat Sgt Doom den Kopf einfach hinter dem Sattel großflächig angeschäftet, was weder der Stabilität noch der Schwingungsübertragung abträglich ist.

Die beidseitig angesetzten Flügel des knapp 44 mm dicken Korpus’ bestehen aus Kahya, einer afrikanischen Mahagoni-Art. Einziges Shaping sind verrundete Kanten, hinten etwas komfortabler als vorne. Mit Ausnahme der Palisanderfurnierten Kopfplatte wurde die Gitarre knallrot metallic lackiert, gemeinhin als Candy Apple Red bekannt. Hier fand jedoch transparenter Zelluloselack Verwendung, der die Holzstruktur und die leichte Flammung von Hals und Korpusmittelblock in Szene setzt. Das Finish hat man so dünn aufgetragen und hochglänzend poliert, dass man bei entsprechendem Lichteinfall sogar die Maserungsverläufe ausmachen kann. Tolle Arbeit!

Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.(Bild: Dieter Stork)

Ein schwarzes Kunststoff-Pickguard, auf dem Master-Volume-Poti, Dreiwegschalter und Klinkenbuchse Platz finden, deckt das E-Fach ab. Buchse und Schalter kommen von Switchcraft, das 500K-Poti von CTS. Unter dem Schlagbrett dient Kupferfolie als einzige Abschirmung, da der schwarze Lack im Innern nicht elektrisch leitet. Vintage-Style Knöpfe sichern den Gurt.

Die Ergonomie des Halsübergangs gestattet ungehindertes Spielen bis zum 24. Bund. Das ebenfalls quarter sawn Palisandergriffbrett besitzt einen Compound Radius von 10″ am Sattel und 14″ am Ende. Edelstahlbünde scheinen sich steigernder Beliebtheit zu erfreuen, denn auch die Super Vee ist mit solchen ausgestattet, und zwar 24 Wagner 9685 Jumbos, die perfekt eingelassen, per PLEK-System rund abgerichtet und spiegelglatt poliert wurden und sich daher extrem geschmeidig bespielen lassen. Diamond Inlays aus weißem Perlmutt und Sidedots markieren die Lagen.

Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.(Bild: Dieter Stork)

Übrigens arbeitet Sgt Doom ausnahmslos mit alten, seit Jahrzehnten bewährten Maschinen. Die einzige CNC-Fräse dient zum präzisen Ausfräsen der Inlays. Ein optimal aus- und abgerichteter Knochensattel führt die E6- Saite schnurgerade, alle andere zunehmend abknickend aber problemlos zu den geschmeidig rotierenden Gotoh 510 Tunern. Wie die Griffbrett-Inlays, so wurde auch das Firmenlogo aus weißem Perlmutt eingelegt. Der Zwei-Wege-Halsjustierstab lässt sich über einen geschickt unauffällig gestalteten Zugang bequem per Inbusschlüssel erreichen.

Am anderen Ende verlaufen die – beim Testmodell rot beschichteten – DR-Saiten über den Gotoh 510FB Tune-o-matic-Steg, der arretierbare Messingreiter trägt, zum Gotoh 510FA Alu-Stoptail. Als Tonabnehmer bevorzugt Sgt Doom Lundgren-Pickups (Made in Sweden), letztendlich hat jedoch der Kunde das Sagen. Unsere Super Vee beschäftigt zwei M6-Humbucker mit leistungsstarken Keramikmagneten, die primär – man ahnt es schon – für beinharten Metal entwickelt wurden. Verwaltet werden sie per Dreiweg-Toggle und Master-Volume-Regler. Eher ungewöhnlich ist jedoch, dass die Spulen des Hals-Pickups parallel verdrahtet wurden, da Sgt Doom den Sound eines Hals-Humbuckers für zu fett und mulmig befindet. Bin gespannt …

Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.
Gotoh 510 Bridge und Tailpiece (Bild: Dieter Stork)

im einsatz

Über die gerade mal 3,14 kg freut sich mein Rücken ungemein, zumal die Sgt Doom Super Vee am Gurt beste Balance zeigt. Bekanntermaßen erweist sich dieses Gitarren-Design für sitzendes Spiel als weniger geeignet, hier hilft nur ein Gurt oder die klassische Haltung einer Nylonstring, indem man den unteren Korpusflügel zwischen die Beine nimmt. Das fühlt sich jedoch alles andere als cool und entspannt an.

Als echter Knaller entpuppt sich das Halsprofil, ein gleichmäßig rundes C, das weder zu dick noch zu dünn ist und völlig chilly in der Hand liegt. Zusammen mit den vorzüglich bearbeiteten Jumbo-Edelstahlbünden, dem tiefen Halsübergang und der flachen Saitenlage bietet die Super Vee allerhöchsten Spielkomfort, den ich hier schon eher als Spielgenuss bezeichnen möchte.

Zu diesem tragen auch die Schwingeigenschaften bei, die sich bei unserer Probandin in direkter, spontaner Ansprache, quicklebendiger Tonentfaltung und langsam und gleichförmig abklingendem Sustain äußern. Das kraftvolle Klangbild ist eher von einem breiten Mittenangebot geprägt, wobei die Bässe straff und definiert, die Höhen und Obertöne klar aber auch ein wenig bedeckt daherkommen. Doch kein Anlass zur Panik, schließlich wird gerade der obere Frequenzbereich vom zerrenden Amp unterstützt.

Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.
Top bearbeitete Edelstahlbünde (Bild: Dieter Stork)

In Kooperation mit den leistungsstarken Lundgren-M6-Humbuckern korrigiert schon der cleane Verstärker den Unplugged-Eindruck und bringt Höhen wie auch Obertöne wieder in die richtige Balance. Durch seine Parallelverschaltung tönt der Hals-HB deutlich leiser, liefert jedoch wunderbar glockige, transparente und luftig perlende Sounds, deren Stärken sich bei Arpeggio-Teppichen, funky Riffs und cleanem Rhythmusspiel zeigen. Dessen Kombi mit dem Steg-PU hält ähnliche Klangfarben bereit, zu denen der Steg-M6 lediglich die einen oder anderen Mitten beisteuert.

Obgleich die Super Vee primär für High Gain Distortion konzipiert wurde, liefert der Output-starke Steg-Humbucker beeindruckend klare, luftige, breit gefächerte Clean-Sounds mit kraft- und druckvollen aber stets definierten Bässen, warmen, klar artikulierenden Mitten, glasigen Höhen und breitem Obertonspektrum. Während Steg-PU und Kombi im Crunch-Einsatz mit bluesigen Chords und Riffs wie auch gefühlvollen Leadsounds überzeugen, glänzt der Steg-M6 mit gezähmtem bis brachialem High Gain, puncht einem fette Power Chords um die Ohren – was fürn Brett! – und lässt Leadsounds regelrecht singen und gerne auch in Obertöne kippen.

Ungeachtet der Zerrintensität punktet die Super Vee mit Transparenz und Durchsetzungsvermögen, reagiert auf jede Nuance des Anschlags und unterstützt damit ausdrucksstarkes Spiel und Tonbildung. Das Master-Volume-Poti rotiert ein wenig zäh, regelt dafür aber präzise und gleichmäßig ohne größere Höhenverluste.

Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.(Bild: Dieter Stork)

resümee

Die schwedische Custom-Schmiede Sgt Doom Guitars feiert in unserem Fachmagazin mit einer erfrischenden Interpretation des inzwischen 60 Jahre alten Gitarrenklassikers Flying V Premiere – und das wirklich überzeugend. Der durchgehende Hals verleiht der Super Vee förmlich Flügel, wenn auch in Bezug auf Schwingfreude, Klang, Dynamik und Sustain. Die Gitarre wurde vorbildlich verarbeitet, bietet nicht nur dank ihres geringen Gewichts hohen Spielkomfort und liefert klasse durchsetzungsstarke Sounds. Eine wirklich exzellente handgefertigte Gitarre zum fairen Preis.

PLUS
• Sounds
• Dynamik & Sustain
• Qualität Hölzer und Hardware
• transparentes C.A.R.-Finish
• Spielbarkeit
• Verarbeitung

Sgt Doom Super Vee RED C.A.R.

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2019)

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