(Bild: Petia Chtarkova)
Alles aus einer Hand: Im bayrischen Ein-Mann-Betrieb östlich von München konzipiert, designt, schaltet, waltet und lötet Bernhard Schröter himself. Wirklich ganz alleine. Während der Ausbildung, 10 Jahren bei Grundig, anschließender Meisterprüfung und Selbständigkeit durfte er schon immer im elterlichen Radio/TV-Betrieb nach Herzenslust Amps reparieren und tunen. Spezialgebiet: Marshall Plexi.
Im Jahr 2005 gründete er die Firma Tubelit, die primär Problemlöser und Helfer für Pedalboards herstellt. Seit Juli 2009 bietet er unter dem Namen Schröter Amplification Röhren-Amps an. Neuestes Produkt ist der Studio 10, den es neben der hier vorgestellten Head-Version auch als 1×12 Combo gibt.
KUNSTHANDWERK FÜR KÜNSTLER
Bereits das solide und penibel verarbeitete Multiplexgehäuse lässt keine Fragen aufkommen. Sauber verklebter und an den Rändern sorgfältig festgetackerter Kunstlederbezug, weiße Frontkeder, acht verschraubte Ecken aus vernickeltem Stahlblech, große Gummifüße und ein metallverstärkter Kunstledergriff. Hinten schützt ein mit Tolex bespannter Rahmen mit Streckgitter Hände und Röhren gleichermaßen.
Demontiert man das per Gewindeschrauben und Käfigmuttern aufgehängte Chassis aus 2 mm Alublech und zusätzlichen eloxierten Rück- und Frontblechen – ebenfalls aus 2 mm Alu –, bekommt selbst der technische Laie angesichts des enormen Verarbeitungsniveaus leuchtende Augen. Ein Krankenhaus-OP könnte kaum steriler sein!
Bernhard Schröter hat kein Bauteil vernietet, sondern alles mit Muttern verschraubt und teilweise noch Hier lötet der Chef Alles aus einer Hand: Im bayrischen Ein-Mann-Betrieb östlich von München konzipiert, designt, schaltet, waltet und lötet Bernhard Schröter himself. Wirklich ganz alleine. Während der Ausbildung, 10 Jahren bei Grundig, anschließender Meisterprüfung und Selbständigkeit durfte er schon immer im elterlichen Radio/TV-Betrieb nach Herzenslust Amps reparieren und tunen. Spezialgebiet: Marshall Plexi.
Schröter Amplification Studio 10 Head per Silikonkleber gesichert. Kabelbinder ohne Ende, einzelne Litzen wurden sogar punktuell am Chassisboden verklebt. Die PTP-Platte ruht auf 4 Stützen, und weder die Lötstellen noch die hochwertigen Bauteile sind mechanischen Belastungen ausgesetzt. Halbleiter sucht man vergeblich. Die Steckschuhe von Netzbuchse und -schaltern sowie die Anschlüsse der beiden Sicherungshalterungen hat man komplett mittels Schrumpfschläuchen isoliert. Während die Vorstufenröhren von Alukappen mit integrierten Druckfedern gesichert und abgeschirmt werden, halten Federdrahtbügel die Gleichrichter- und Endröhren. Perfektion wohin man schaut.
Die frontseitigen Bedienelemente starten links mit den Inputs Cool und Hot, vergleichbar mit den geläufigeren Bezeichnungen Low und Hi. Gain kontrolliert die Eingangsempfindlichkeit und damit den Verzerrungsgrad, der Dreiwegschalter Shine erhöht die Transparenz des Sounds, die linke Position eher subtil, die rechte deutlich mehr, in der Mittelstellung ist die Funktion inaktiv.
Der T’n’G-Schalter (Touch and Gain) variiert den Grundsound, das Gain-Niveau und das Ansprechverhalten des Studio 10 mit den Färbungen Clean, Blues/Rock und Rock. Die Klangreglung mit Bass, Middle und Treble ist mit Ausnahme von Bass konventionell ausgelegt. Doch dazu später mehr. Volume regelt die Endlautstärke und nimmt nur wenig Einfluss auf Sound und Charakter des Amps.
Betriebsleuchte, Standby- und Mains-Schalter komplettieren das vordere Bedienpanel. Hinten wird die Netzbuchse, bei der übrigens ein Filter Störungen aus dem Stromnetz eliminiert und damit die Betriebsspannung sauber hält, von den beiden Haltern der Mains- (T0,8A) und HT-Sicherungen (T0,2A) eingerahmt. Es folgt der Impedanzwahlschalter der beiden parallel verdrahteten Lautsprecherausgänge.
Die seriell/parallel schaltbare Effects Loop bietet einen Return-Level-Regler. Der Send-Pegel ist herstellerseitig auf pedalfreundliche -10 dBV eingestellt, kann über einen internen Trimmer an der Send-Buchse aber auch stufenlos auf +4 dBV (für Rack-Equipment) variiert werden. Auf der Chassis-Unterseite direkt unterhalb des Seriell/Parallel-Schalters ist der Hum-Balance-Regler zugänglich, der etwaige Leerlaufgeräusche des Studio 10 minimiert.
(Bild: Petia Chtarkova)
KLEIN UND DOCH GROSS
Wie die Modellbezeichnung vermuten lässt, wurde der Studio 10 primär für Aufnahmezwecke daheim oder im Studio konzipiert. Nicht nur die Erfahrung, sondern auch der vernehmbare Ausgangspegel des 10-Watters zeigen jedoch, dass er abhängig von der Spielweise des Drummers durchaus auch für Proben und kleine Clubbühnen ausreicht.
Schon die Wahl von Cool- oder Hot-Eingang spielt eine entscheidende Rolle für den Sound. Humbucker aller Couleur würde man spontan an Cool anschließen, Vintage-Einspuler an Hot. In der Regel sind die wenigsten Gitarren mit einer Treble-Bleed-Schaltung ausgestattet, so auch alte Vintage-Schätzchen. Beim Cool Input bleiben beim Zurückdrehen des Gitarren-Volume mehr Höhen erhalten, zudem reagiert das traditionelle Log(arithmische)-Poti hier anders als beim Hot-Eingang. Ein kurzer Dreh auf ca. 7, und es tönt völlig clean ohne großartige Höhenverluste.
Da der Studio 10 extrem auf Spieldynamik reagiert, bietet er unzählige Möglichkeiten, ihn individuell anzupassen. Während der Gain-Regler den Grad der Verzerrung kontrolliert, hält der T’n’G-Schalter nicht nur drei unterschiedliche Gain-/Zerr-Ebenen bereit, sondern beeinflusst gleichzeitig Grundsound, Gain-Niveau, Ansprechverhalten/Dynamik und Obertonstruktur des Studio 10, wodurch dieser sich perfekt an Vorschalteffekte wie Zerrer oder Booster anpassen lässt.
Mit der linken T‘N‘G-Stellung betreten wir den Clean-Bereich, der mit PAF-Type-Humbuckern auch intensiv crunchende Sounds liefert. Bei hohen Gain-Settings lassen sich allein durch unterschiedlich harten Anschlag maximal zerrende bis cleane Sounds bei nahezu gleichbleibender Lautstärke erzielen. In der T’n’G-Mittelposition (Rock/Blues) reicht das Klangspektrum von warm und weich bis rau und rockig, die Verzerrung von angezerrt bis zu heftigem Crunch. Mit PAFs würde ich das mal als britische Prägung bezeichnen.
Gain-Settings bis etwa 5 lassen den typischen Plexi-, etwa ab 8 Eddies Brown-Sound erkennen. Kippt man den Schalterhebel nach rechts, befinden wir uns dank deutlich mehr Gain in der Rock-Abteilung: Britisch aggressive Zerrstruktur, spritzig lebendige Ansprache mit Marshall-2204-Master-Volume-Attitüde. In Abhängigkeit vom Gain-Regler erhöht der Shine-Schalter die Transparenz des Sounds. Je weniger Gain, umso stärker dessen Wirkung.
Die linke Position sorgt für eher subtile Wirkung, die rechte hellt den Sound förmlich auf. In der Mitte ist Shine ausgeschaltet. Die Effizienz der 3-Band-Klangreglung steht in direktem Zusammenhang mit der Einstellung von Gain. Bei Cleansounds greift sie eher subtil ein, mit zunehmendem Gain intensiver.
(Bild: Petia Chtarkova)
Durch das unkonventionelle Schaltungskonzept des Studio 10 erhält der Bass-Regler besondere Bedeutung. Er beschert dem Klangbild nicht einfach nur mehr oder weniger Bässe, sondern nimmt auch Einfluss auf den Klangcharakter und sogar auf das Gain. So beeinflusst er, wie fett oder schlank, weich oder warm und spritzig oder träge es bei jeder T’n’G-Position zugehen soll.
Selbst bei niedrigen Gain-Settings oder auch hohem Gain und niedrigem Volume (Schlafzimmerpegel) sorgt er für ausreichend Fundament. Da wären wir bei einer der zahlreichen Stärken dieses Schröter-Tops: Es behält – völlig unabhängig vom Volume-Setting – seine Sounds und seinen Charakter stets bei. Bei halbwegs gesundem Schlaf von Partner oder Partnerin könnte man sogar im selben Raum rocken, ohne Sound-Kompromisse eingehen zu müssen. Gerade hier glänzt der Bass-Regler, indem er selbst bei geringen Pegeln für adäquates Fundament sorgt.
Der röhrengestützte seriell/parallel schaltbare Effects-Loop arbeitet völlig klangneutral und ohne Pegelprobleme. Sowohl Send- als auch Return-Level sind variabel. Ersteres zwar nur intern, es wurde jedoch von Bernhard Schröter praxisgerecht auf Pedal-Pegel eingestellt, womit übrigens auch die meisten Rack-Geräte klarkommen. Notfalls muss man halt selbst nachjustieren.
Ein weiteres Bonbon ist der Hum-Balance-Regler, der nach Entfernen der Rückwand zugänglich ist und Grundbrummen/-surren auf ein Minimum reduziert. Aufgrund seiner enormen klanglichen Flexibilität fühlt sich der Studio 10 in jedem Musikgenre zu Hause, außer im Metal. Aber selbst das lässt sich mit entsprechenden Vorschaltpedalen realisieren.
(Bild: Petia Chtarkova)
RESÜMEE
Wir hatten ja bereits den einen oder anderen Verstärker aus dem Hause Schröter Amplification unter der Lupe bzw. am Ohr, aber dass Bernhard Schröter auch kleine Amps mit derart herausragenden Qualitäten kann, verdient Respekt. In wirklich allen Belangen setzt der Studio 10 Maßstäbe: Schaltungskonzept, Klang, Ausstattung und (mit einem extra Ausrufezeichen) Verarbeitung. Da mir die Arbeit mit dem Zwerg großen Spaß bereitet hat, habe ich mich außergewöhnlich lange mit ihm beschäftigt und ihn mit allen möglichen Gitarren traktiert.
Fazit: Ein derart ehrlicher, dynamischer, durchsetzungsstarker, flexibler und charaktervoller Verstärker ist mir lange nicht mehr ans Kabel gekommen. Daher tue ich hier auch meine Lieblingseinstellungen mit einer Les Paul kund: Cool Input, Gain voll, Shine links, T’n’G rechts, Bass 6, Middle 6, Treble 5, Volume egal.
Damit liefert der Amp das komplette Spektrum von Clean bis (Heavy-)Lead, das sich mit Anschlagsintensität und/oder Gitarren-Volume perfekt variieren lässt. Oh Mann, das wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk gewesen! Da hätte sich meine bessere Hälfte die nächsten 10 bis 15 Jahre nichts mehr überlegen müssen …
PLUS
● Sounds
● klanglich extrem variabel
● Dynamik, Transparenz, Durchsetzungsvermögen
● nebengeräuscharm
● Konzept und Funktion der FX Loop
● Handhabung
● exzellente Verarbeitung
● Qualität der Bauteile
● Preis/Leistung