Kurze Florentiner

Test: Sandberg Florence

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(Bild: Dieter Stork)

Shortscale-Bässe gibt es von Sandberg schon länger. Bislang waren das quasi verkleinerte Longscales, neben dem Lionel gibt es noch weitere California-Bässe in kurzmensurigen Ausführungen. Die Basis des neuen Florence liegt dagegen anderswo – nämlich im hauseigenen Gitarrensortiment.

Die Gibson-eske Doublecut namens „Florence“ tauchte als Doppel-Humbucker-Gitarre Anfang der 2010er-Jahre auf, in der Juli-Ausgabe 2011 hat Heinz Rebellius sie hier getestet. Die Verwandtschaft des neuen Bassmodells ist nicht zu übersehen, aber Unterschiede gibt es natürlich auch.

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HOLZBUFFET

Die günstigere Variante kommt mit Mahagonikorpus, Mahagonihals und einem Palisandergriffbrett, optional geht auch Fretless. Farblich ist die Palette an Optionen noch übersichtlicher: Es gibt nur Natur. Der fast symmetrische Body hat als einziges Shaping vorne eine gebrochene Kante im unteren Cutaway, um die hohen Lagen leichter erreichbar zu machen. Korrespondierend dazu ist der Halsfuß des im Gegensatz zur Gitarre geschraubten Halses elegant abgeschrägt. Vier Schrauben und eine präzise Fräsung sorgen für sicheren Halt.

Sauber eingesetzt und bearbeitet sitzen zwanzig Bünde plus ein Nullbund im Griffbrett, das ansonsten Punkteinlagen hat (im zwölften Bund drei charmante Dots) und eine reibungsarme Saitenführung zur Kopfplatte. Die zeigt sich Sandberg-typisch mit vier Mechaniken auf der linken Seite, was für einen Bass dieser Form erst mal ungewohnt ist. Ein Niederhalter für die hohen drei Saiten gibt diesen den nötigen Andruck, gestimmt wird mit den ultraleichten Sandberg-Mechaniken, deren Gängigkeit mit einer Schraube einstellbar ist.

Saitenniederhalter für die oberen drei Saiten (Bild: Dieter Stork)

Der Zugang zum Halsstab ist offen und sehr knapp geschnitten, um möglichst viel Holz stehen zu lassen, aber gerade groß genug, um mit dem beiliegenden Inbusschlüssel dem Hals entspannt die richtige Krümmung geben zu können. Am anderen Ende sitzt die bekannte Brücke, die nach dem Lösen fixierender Madenschräubchen entspannt die Saitenhöhe und in Maßen auch den Saitenabstand justieren lässt, während sich die Einstellung der Oktavreinheit unter Umständen etwas schwieriger gestalten kann. Zum Einstellen muss die Saite entspannt und der Reiter von Hand verschoben sowie fixiert werden, um dann, nach dem erneuten Stimmen, prüfen zu können, ob es jetzt passt. Wenn nicht, geht es wieder von vorne los.

Dezent gealterte Sandberg-Brücke (Bild: Dieter Stork)

Ist einmal alles eingestellt und fixiert, ist die Brücke aber äußerst solide und muss, außer bei einem Wechsel der Stimmung oder Saitenstärke, nicht wieder angefasst werden. Da die Ballends einfach eingehängt werden, geht ein Saitenwechsel überaus flott von der Hand. Ein kleines und, wie ich finde, sehr elegantes Schlagbrett rundet die Optik ab – und bringt den bislang einzigen kleinen Minuspunkt: Die pfiffigen drei geschwungenen Linien, die in das Pickguard gefräst wurden, sind (bei beiden Bässen) an den Kanten etwas ausgefranst, da müsste nochmal nachgearbeitet werden.

Den ziemlich zentral gelegenen Pickup mit dem Metall-Cover kennt man aus dem Sandberg 48 als kraftvollen Stegabnehmer, geregelt wird der Powerhumbucker mit einem Volume-Poti und einem Tone-Poti, das als Push/Pull-Variante gleich zwei Ebenen für die Höhenblende parat hat. Die grundsätzliche Bauweise ist bei der anderen Ausführung die gleiche. Unter dem wunderschönen und dezent künstlich gealterten Ruby-Red-Finish versteckt sich aber ein Erlenkorpus.

Der Hals ist aus Ahorn, ebenfalls mit einem Palisandergriffbrett. Optional gibt es auch hier das Griffbrett bundlos, oder aus Ahorn, zudem stehen mit Tobacco und British Racing Green noch zwei ebenfalls leicht gealterte Finishes zur Auswahl. Auch die ansonsten identische Hardware tut beim Ruby so, als hätte sie schon diverse Jahre und Gigs auf dem Buckel, in der Funktion ist sie natürlich ohne Abnutzungsspuren.

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(Bild: Dieter Stork)

ENERGIE!

Faustregel: Alles, was auf einem Longscale flott spielbar ist, ist auf einem Shorty noch flotter zu spielen. Keine Regel ohne Ausnahme, aber die gibt es bei den Florences nicht. Der Hals möchte bei beiden in die Waagerechte, der Body liegt mit seinem leichten Rippenspoiler sehr schön an. Der Daumen der rechten Hand findet auf dem Powerhumbucker reichlich Ablagefläche, um den persönlichen Sweetspot zu finden, während die Linke auf dem schmalen, zum komfortablen C geshapten Hals von Lage zu Lage eilt.

Die letzten beiden sind trotz aller Shapings ohne Verrenkungen unzugänglich, was mich aber nicht so wahnsinnig stört. Schon der trockene Grundsound verspricht nämlich Gutes. Leicht komprimiert und mit reichlich gleichmäßigem Sustain und gleichmäßiger Ansprache singen die beiden Florences vor sich hin, umso mehr, je höher es durch die Lagen geht. Der seriell verdrahtete Powerhumbucker setzt die Vorlage groß und voll um.

Die beiden Bässe sind sich im Sound klar ähnlich – aber auch klar unterschiedlich. Der reine Mahagoni-Bass bringt am Amp viel Wärme und macht im Höhenbereich nicht gerade durch ein Überangebot auf sich aufmerksam. Dass wir uns nicht missverstehen: Der Ton ist klar umrissen und definiert, gerade mit Zerre gespielt, greift das die Qualitäten vieler Gibson-Bässe perfekt auf.

Die Erle/Ahorn/Palisander-Kombination macht sich dagegen mit einem deutlichen Plus an Klarheit und Knackigkeit bemerkbar. Diese Unterschiede prägen auch die Ergebnisse, die mit dem Tone-Poti zu erzielen sind. In der normalen, gedrückten Schalterstellung soll der hier beim Zurückdrehen entstehende Ton Preci-ähnlich rüberkommen, und diesen Eindruck kann vor allem der Erle-Florence überzeugend vermitteln.

Ein sehr gut nutzbarer, etwas in seiner Mächtigkeit reduzierter Universal-Ton. Mit gezogener Höhenblende soll es zugedreht dagegen ins Mudbucker-Territorium gehen, wie der Hals-Pickup an alten Gibson- und Epiphone-Bässen zärtlich genannt wird. Das wiederum bekommt die Mahagoni-Variante annähernd perfekt hin. Annähernd, weil sich die Position und Konstruktion des Pickups von einem echten Mudbucker merklich unterscheiden, dennoch kommt ein Gefühl immenser Wuchtigkeit auf, ohne unkonkret zu werden. Das zweite Poti ist ja nicht nur ein Schalter, sondern auch ein normaler Drehregler. Also sind beide Klangvarianten stufenlos regelbar.

Ich fand den Klang jeweils kurz vor ganz zugedreht am besten, das hängt aber natürlich von Geschmack und Anlage und/oder Pedalen ab. Gezogen kommt die Tonblende einem regulären Tone-Poti am nächsten, bis dann am Ende des Regelweges richtig tief abgeschnitten wird für maximalen Fffffump.

RESÜMEE

Was für schöne Instrumente! Die beiden neuen Florences sind ein Fest für Liebhaber:innen kurzmensuriger Bässe und die, die es werden wollen. Das Konzept geht auf und beschert komfortables Spiel sowie massive Sounds, die mit einem simplen und effektiven Schaltungskniff so flexibel wie überzeugend sind. Dabei liefern beide Varianten bei sonst gleicher Ausstattung und annähernd perfekter Verarbeitung unterschiedliche Nuancen, die ich zum persönlichen An- und Ausspielen empfehle!

Beim Mahagoni-Bass überzeugte mich neben der schlichten, schlüssigen Erscheinung die extra Portion G-Faktor, während die Erle-Variante nicht nur Sandbergs geschmackvolles Aging in Perfektion demonstriert, sondern auch den für meinen Geschmack minimal universelleren Ton. Wie gesagt: Am besten beide persönlich antesten!

PLUS

● Sound
● Optik
● Verarbeitung (außer Pickguard)
● Gewicht
● gleichmäßige Ansprache
● Bespielbarkeit
● flexible Klangregelung
● Gigbag

MINUS

● Aussparungen im Pickguard etwas ausgefranst


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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