Kurze Florentiner

Test: Sandberg Florence

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(Bild: Dieter Stork)

ENERGIE!

Faustregel: Alles, was auf einem Longscale flott spielbar ist, ist auf einem Shorty noch flotter zu spielen. Keine Regel ohne Ausnahme, aber die gibt es bei den Florences nicht. Der Hals möchte bei beiden in die Waagerechte, der Body liegt mit seinem leichten Rippenspoiler sehr schön an. Der Daumen der rechten Hand findet auf dem Powerhumbucker reichlich Ablagefläche, um den persönlichen Sweetspot zu finden, während die Linke auf dem schmalen, zum komfortablen C geshapten Hals von Lage zu Lage eilt.

Die letzten beiden sind trotz aller Shapings ohne Verrenkungen unzugänglich, was mich aber nicht so wahnsinnig stört. Schon der trockene Grundsound verspricht nämlich Gutes. Leicht komprimiert und mit reichlich gleichmäßigem Sustain und gleichmäßiger Ansprache singen die beiden Florences vor sich hin, umso mehr, je höher es durch die Lagen geht. Der seriell verdrahtete Powerhumbucker setzt die Vorlage groß und voll um.

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Die beiden Bässe sind sich im Sound klar ähnlich – aber auch klar unterschiedlich. Der reine Mahagoni-Bass bringt am Amp viel Wärme und macht im Höhenbereich nicht gerade durch ein Überangebot auf sich aufmerksam. Dass wir uns nicht missverstehen: Der Ton ist klar umrissen und definiert, gerade mit Zerre gespielt, greift das die Qualitäten vieler Gibson-Bässe perfekt auf.

Die Erle/Ahorn/Palisander-Kombination macht sich dagegen mit einem deutlichen Plus an Klarheit und Knackigkeit bemerkbar. Diese Unterschiede prägen auch die Ergebnisse, die mit dem Tone-Poti zu erzielen sind. In der normalen, gedrückten Schalterstellung soll der hier beim Zurückdrehen entstehende Ton Preci-ähnlich rüberkommen, und diesen Eindruck kann vor allem der Erle-Florence überzeugend vermitteln.

Ein sehr gut nutzbarer, etwas in seiner Mächtigkeit reduzierter Universal-Ton. Mit gezogener Höhenblende soll es zugedreht dagegen ins Mudbucker-Territorium gehen, wie der Hals-Pickup an alten Gibson- und Epiphone-Bässen zärtlich genannt wird. Das wiederum bekommt die Mahagoni-Variante annähernd perfekt hin. Annähernd, weil sich die Position und Konstruktion des Pickups von einem echten Mudbucker merklich unterscheiden, dennoch kommt ein Gefühl immenser Wuchtigkeit auf, ohne unkonkret zu werden. Das zweite Poti ist ja nicht nur ein Schalter, sondern auch ein normaler Drehregler. Also sind beide Klangvarianten stufenlos regelbar.

Ich fand den Klang jeweils kurz vor ganz zugedreht am besten, das hängt aber natürlich von Geschmack und Anlage und/oder Pedalen ab. Gezogen kommt die Tonblende einem regulären Tone-Poti am nächsten, bis dann am Ende des Regelweges richtig tief abgeschnitten wird für maximalen Fffffump.

RESÜMEE

Was für schöne Instrumente! Die beiden neuen Florences sind ein Fest für Liebhaber:innen kurzmensuriger Bässe und die, die es werden wollen. Das Konzept geht auf und beschert komfortables Spiel sowie massive Sounds, die mit einem simplen und effektiven Schaltungskniff so flexibel wie überzeugend sind. Dabei liefern beide Varianten bei sonst gleicher Ausstattung und annähernd perfekter Verarbeitung unterschiedliche Nuancen, die ich zum persönlichen An- und Ausspielen empfehle!

Beim Mahagoni-Bass überzeugte mich neben der schlichten, schlüssigen Erscheinung die extra Portion G-Faktor, während die Erle-Variante nicht nur Sandbergs geschmackvolles Aging in Perfektion demonstriert, sondern auch den für meinen Geschmack minimal universelleren Ton. Wie gesagt: Am besten beide persönlich antesten!

PLUS

● Sound
● Optik
● Verarbeitung (außer Pickguard)
● Gewicht
● gleichmäßige Ansprache
● Bespielbarkeit
● flexible Klangregelung
● Gigbag

MINUS

● Aussparungen im Pickguard etwas ausgefranst


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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