Test: Rodenberg SL-OD Steve Lukather Signature Overdrive
von Chris Hauke,
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(Bild: Dieter Stork)
Auf der einen Seite: ein weltweit renommierter Gitarrenheld mit einer Biografie, die ihresgleichen sucht. Auf der anderen: eine kleine Firma aus dem Zentrum Deutschlands, deren handgefertigten Pedale fast noch ein Geheimtipp sind. Ihr gemeinsames Werk dürfte nicht nur Toto-Fans erfreuen.
Wer die Vita von Steve Lukather kennt, weiß, dass der umtriebige Kalifornier sich in Sachen Sound und Gear stets auf dem Laufenden hält und vieles ausprobiert. Die Liste seiner Endorsements und Kooperationen umfasst renommierte Brands wie Ibanez, Valley Arts, Ovation, Music Man, EMG, DiMarzio, Rocktron und Bogner – um nur einige zu nennen. Aber eine kleine deutsche Firma aus Osthessen, deren Jahres-Output im niedrigen vierstelligen Bereich liegt?
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Da müssen zwei Dinge zusammenkommen: vermittelnde Personen – und natürlich Produkte, die einen Klanggourmet wie Luke begeistern. In seinem Fall war es Mick Rogers, Gitarrist bei Manfred Mann’s Earth Band, der eine Empfehlung für Uli Rodenbergs Kreationen abgab: Der Tüftler aus Fulda bekam den Kontakt zu Steve über einen Freund bei einer Konzertagentur. Dann ging es sehr schnell: Er schickte Lukather diverse Modelle, der zeigte sich angetan und verwendete schließlich das GAS-789, aus dem das vorliegende SL-OD-Signature-Pedal hervorging.
RODENBERG RELOADED
Bevor wir uns näher mit ihm beschäftigen, schauen wir auf das aktuelle Portfolio von Rodenberg – und damit auch auf das neue Design. Früher prägte gestanztes Aluminium die Produkte, doch diese Quelle ist versiegt, und so entwickelte Uli Rodenberg ein komplett neues Layout. Angenehmer Nebeneffekt: Dadurch konnten die Produktionszeiten um einiges verkürzt werden, was sich auch im Preis niederschlägt. Gefertigt wird noch immer in echter Handarbeit, und das bis ins Detail – selbst die Gehäuse werden vor Ort gefräst.
Die aktuellen Pedale sind mit dem gleichen Plexi-Material bestückt, das früher namensbildend auf den Amps von Marshall prangte. Es wird von hinten halb durchgelasert und dann mit Farbe ausgefüllt. Dadurch ist die Oberfläche vollkommen glatt. Neuestes Update ist die schwarze Pulverbeschichtung des Gehäuses. Das komplette Designpaket verleiht dem SL-OD und seinen Kollegen eine extrem wertige Optik, auch in Sachen Haptik präsentieren sich die Pedale auf sehr hohem Niveau.
Außerdem hat Uli Rodenberg die Corona-Zeit genutzt, um sein Sortiment deutlich zu entschlacken, übrig geblieben sind neben dem SL-OD zwei weitere Gitarrenpedale sowie zwei Modelle für Bassisten. Für die Sechssaitenfraktion gab es früher die Typenbezeichnungen 707 (Boost), 808 (Ulis Interpretation des Tube-Screamer-Konzepts) sowie das deftigere 909.
In Lukes Pedal sind diese Komponenten nun verständlicher als Boost, Low Gain und High Gain bezeichnet. War die Reihenfolge beim Vorgängermodell noch in Teilen umschaltbar, heißt es beim SL-OD: Low, High, Boost. Warum das so ist, erklärt Uli Rodenberg himself:
„Für mich funktioniert der Boost am besten direkt vor einem Verstärker, dort macht er dir den Amp-Ton so richtig auf und schmeichelt ihm. Es gibt natürlich auch Anwender, die gerne den Boost in einen Drive spielen, aber für mich gehen dabei seine Klangeigenschaften verloren. Außerdem sparen wir durch die feste Reihenfolge Signalumschaltungen, die sich negativ im Sound niederschlagen.“
KONSTRUKTION
Und damit sind wir auch schon mitten in der Materie. Was bietet das SL-OD? Und warum? Generell beherbergt das Gehäuse drei Komponenten, die einzeln oder in Kombination geschaltet werden können. Jedem Pedal ist ein Fußschalter sowie ein Jewel Light in unterschiedlichen Farben (von links nach rechts: grün, rot, blau) zugeteilt, wodurch sieben Sound-Optionen abgerufen werden können: jedes für sich, je zwei kombiniert, alle zusammen – wobei Letzteres wohl des Guten zu viel wäre. Um den Stepptanz zu vereinfachen, lassen sich Low und High Gain in den Locked-Modus bringen. Hier wird immer nur das Pedal aktiviert, dessen Schalter gedrückt wird, das andere dann automatisch abgeschaltet.
PRAXIS & SOUNDS
Beide Zerreinheiten bieten identische Zugriffsmöglichkeiten. Neben Drive und Level sorgt ein aktives Tone-Poti mit Neutralstellung bei 12 Uhr für den gewünschten Grund-Sound, zusätzlich bietet ein Bass-Boost die Option, die unteren Frequenzen im Center-Bereich von 150 bis etwa 200 Hz anzuheben. Dieses Feature wurde laut Uli Rodenberg individuell an die beiden Drive-Einheiten angepasst. Dazu ist es so abgestimmt, dass es zwar das Fundament des Tons stärkt, ihn dabei aber nicht zumatscht. Auch die Boost-Einheit besitzt eine solche Tonregelung und den schaltbaren Bass-Push. Ein weiterer Mini-Schalter setzt dort auf Wunsch eine Signalanhebung von zusätzlichen 20dB frei – wer es gerne drastisch mag, findet in ihm ein Mittel seiner Wahl.
Interessant ist auch das Konzept der beiden Zerrstufen: Zwar lehnt sich Low Gain wie erwähnt an den grünen Klassiker von Maxon/Ibanez an, doch die prägnante Mittennase hat Rodenberg seinem Drive wegoperiert. Es handelt sich hier vielmehr um ein Aggregat, das den Amp zwar anschiebt, sich dabei aber eher aufgeräumt und direkt präsentiert, anstatt in Richtung Solo-Boost zu schielen. Dies ist eher der Gedanke hinter dem heftiger zerrenden Kollegen links daneben. Rein technisch gesehen ist er mit der dreifachen Menge an Gain ausgestattet, dazu kommt ein etwas wärmerer Ton mit einem stärkeren Mittenanteil sowie einer erhöhten Kompression.
Mit diesen Vorzeichen bietet sich die Locked-Funktion beim Spiel noch einmal besonders an: Rechts auf Low Gain ein knackiges Rhythmus-Drive eingestellt, lässt sich mit einem Tritt auf sämigen Solo-Sound umschalten – und da ist der Boost noch gar nicht im Spiel. Dieser basiert auf einem eigenen Schaltkreis und wird gleich noch seinen Spot bekommen.
(Bild: Dieter Stork)
Aber vorher noch ein Konstruktionsdetail: Obwohl das SL-OD als True-Bypass-Pedal konzipiert ist und dabei mechanisch mit Relais arbeitet, tendierten die Umschaltgeräusche beim Test gegen null. Lediglich beim Zuschalten von High Gain zu Low Gain war ein kleiner Knacks zu hören, der aber nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Bei Rodenberg ist man nicht umsonst stolz auf diese spezielle und nicht ganz einfache Schaltung – nähere Details ließ sich der Macher allerdings nicht entlocken. Für uns Anwender kann das aber auch egal sein, denn Hauptsache, das Pedal lässt sich geräuschlos schalten. Mit Strom versorgt wird das SL-OD übrigens ausschließlich via Netzteil, ein Batteriebetrieb ist nicht möglich. Dieses muss man sich separat besorgen, dafür hat man die Wahl zwischen klassischen 9 Volt und bis zu 18 Volt.
Und damit kommen wir zur Gretchenfrage – und einer der wichtigsten Überlegungen für uns Gitarristen überhaupt: Nehmen wir die Verzerrung aus dem Amp oder soll er uns als Pedal-Plattform dienen? In 25 Jahren als Gitarrenjournalist habe ich dazu die unterschiedlichsten Ansichten kennengelernt, und das auf Profi- wie auch auf Hobbyklampfer-Seite. Beide Philosophien haben absolut ihre Berechtigung, beide können wunderbar funktionieren, beide Fraktionen haben Recht.
Warum dann dieser Exkurs? Nun, Steve Lukather selbst setzt das SL-OD vor seinen zerrenden Bogner-Amps ein, um deren exklusivem Sound den letzten Feinschliff und ein Quäntchen mehr Attack zu verpassen. Und das deckt sich durchaus mit der Philosophie des Hauses Rodenberg. Generell sind die Pedale so konzipiert, dass sie einen bestehenden guten Verstärker-Sound aufwerten sollen und ihm einen Kick geben, anstatt ihn in irgendeiner Form zu verbiegen. Im Test mit einem aufgerissenem Marshall JCM 800 und – Luke-a-like – einer Music Man mit HSS-Bestückung funktionierte dies zum Zungeschnalzen.
Und damit Vorhang auf für den Boost: Der Heavy Crunch des Marshalls braucht – nach dem Geschmack des Testers jedenfalls – nur noch eine kleine Schub-Option (und dazu eine Prise Delay), um auf dem breiten Feld der Rock-Sounds allumfassend liefern zu können. Da kann der Boost des SL-OD schon ausreichen – auch ohne den 20dB-Turbo. Sehr viel Spaß machte in dieser Hinsicht auch das Spiel mit dem Volume-Poti der Music Man. Dann versteht man auch, warum Uli Rodenberg den Boost gerne ans Ende der Kette stellt. Hier lassen sich, vor allem mit Singlecoils, extrem dynamische und glasige Sounds erzeugen, die sich wunderbar über den Anschlag und die Stellung des Volume-Potis justieren lassen. Vor einem cleanen Amp sieht es logischerweise etwas anders aus.
Der Boost kann den Verstärker hier bis in den Crunch-Bereich anschieben und ihn dabei auch deutlich im Pegel anheben, die beiden Drives zeigen sich eher gediegen als böse. Damit bieten sie sich vor allem für das breite Feld von Blues bis mittelheftigem Rock an, Metal ist in dieser Konstellation weniger ihr Ding. Dafür tragen die einzelnen Features wie der Bass-Boost in diesem Umfeld subjektiv empfunden stärker zum Sound bei. Wie erwähnt, es ist eine Frage des Geschmacks, des Konzepts und natürlich auch des Stils. So oder so fällt auf, dass sämtliche Optionen äußerst praxisgerecht ausgeführt wurden, auch bei extremeren Einstellungen bleibt der Ton stets musikalisch einsetzbar.
Und damit kommen wir zu einem weiteren gewichtigen Argument des SL-OD: seinem Preis. € 229 sind für ein in Kleinserie in Deutschland handgefertigtes Dreiweg-Pedal fast schon ein Schnäppchen. All die Sound-Optionen, die hochwertige Fertigung und dazu ein exklusives Design – für ein vergleichbares Pedal aus Übersee dürfte locker ein Hunderter mehr fällig werden.
Auch schön: Im runderneuerten Rodenberg-Portfolio findet sich eine klanglich ebenbürtige Alternative für einen noch mal schmaleren Kurs. Wer nicht so viel Geld ausgeben mag, auf einen fußschaltbaren dritten Kanal verzichten kann oder sich für Produkte mit Endorser-Namen eher nicht übermäßig begeistern kann, bekommt mit dem GAS-Pedal eine echte Alternative für € 179. Hier lassen sich High Gain und Low Gain nur alternativ nutzen und am Pedal umschalten, es gibt entsprechend einen Fußschalter weniger, der Boost entspricht dem im SL-OD.
Das GAS bietet also ebenfalls die drei Sounds des SL-OD, verzichtet aber auf die erweiterte Stacking-Funktion und den Komfort von drei Einzel-Switches. „GAS“ ist übrigens kein Akronym für „Great Analog Sound“ oder eine ähnliche Kreation – auch nicht von dem unter Gitarristen weit verbreitetem „Gear Acquisition Syndrome“ –, es kommt schlicht von „Gas geben“. Und das machen sowohl das große SL-OD als auch sein kleinerer Ableger. Und das durchaus mit viel Verve und Stil.
RESÜMEE
Fassen wir zusammen: Mit dem SL-OD bietet Rodenberg ein vielseitiges und hochwertiges Pedal zum vergleichsweise niedrigen Preis an, das hierzulande in kleiner Stückzahl handgefertigt wird und dazu mit drei Jahren Garantie angeboten wird. Wer sich für derartige Kombi-Pedale begeistern kann, sollte mit einem persönlichen Check nicht warten, bevor Lukes Fans aus aller Welt die Lagerreserven aufkaufen, denn der Rodenbergische Output ist begrenzt. Dazu kommt: Nach der Umstellung und Straffung seiner Linie erkundet der Chef gerade ganz neues Terrain. Mal sehen, was uns da noch erwartet. Nach den Erfahrungen mit dem Dreifach-Drive kann man sich aber auf jeden Fall schon mal darauf freuen.
Drei unabhängige Effektpedale in einem Gehäuse, clever abgestimmt und mit klugen Features optimiert, und das alles in einer edlen und massiven Verpackung – Rodenberg hat mit seinem SL-OD sehr vieles richtig gemacht. Wenn man alles zusammenrechnet, kann man das 229,- Euro teure Pedal fast schon als Schnäppchen bezeichnen. Wer es eine Stufe kleiner mag, findet im kompakteren GAS-Pedal einen beinahe ebenbürtigen Partner. Für beide gilt: Daumen hoch, Uli Rodenberg.