(Bild: Dieter Stork)
Klein, kompakt und mit den nötigsten Regelmöglichkeiten ausgestattet zeigt sich die neue Pedalreihe von Rockett Audio und bietet eine willkommene Abwechslung zur allseits beliebten eierlegenden Wollmilchsau – dem mit unzähligen Funktionen, Sounds und Möglichkeiten vollgestopften Pedal.
Die mintgrüne Farbe und die feinen Tintenzeichnungen auf dem Gehäuse der vier Effektpedale verbreiten Gruselatmosphäre und lösen leichte Assoziationen an die Comicfigur Emily The Strange beim Tester aus. Seltsam ist an den vier Pedalen aber nichts. Stattdessen haben sich die zwei Masterminds Chris Van Tassel and Jay Rockett Gedanken gemacht, was der jeweilige Effekt in der Praxis an Regelmöglichkeiten und Sounds benötigt – und genau das und nicht mehr in den Bodentreter gepackt.
Hinzu kommt das zeitgemäße Miniformat, um Platz auf dem Board zu sparen. Als ehemalige Session-Musiker scheinen die zwei vor allem an praxisgerechten, livetauglichen Konzepten interessiert zu sein, was den Tester ungemein erfreut.
steampunk
(Bild: Dieter Stork)
Eine Buffer-/Booster-Kombi nach einem Kunstgenre zu benennen, zeugt schon mal von kulturellem Bewusstsein und wiederlegt die These, dass der Gitarren-Nerd nur um die Themen seines Instruments kreist. Lässt man den Namen außen vor, bietet der Dampfpunk zwei Funktionen: Einen Buffer, der Signalverluste durch viele Pedale und lange Kabel ausgleicht, und einen 20 dB-Boost, um Amp oder andere Zerrpedale anzublasen und in höhere Gain-Regionen zu versetzen.
Zwei LEDs geben Auskunft, welche Funktion aktiv ist. Rot weist auf den Buffer hin, der gut funktioniert und dem Signal die Spritzigkeit zurückgibt. Sollte man die Funktion nicht benötigen, kann man sie mit einem internen Switch abschalten, wozu man allerdings das Gehäuse öffnen muss. Tut man dies nicht, ist der Buffer dauerhaft aktiviert und verrichtet seinen Dienst.
Den Booster schaltet man mit dem Fußschalter hinzu, die grüne LED leuchtet auf und man kann mit dem einzigen Regler des Pedals zwischen leichtem Clean-Boost und ordentlicher Lautstärke- und Gain-Anhebung wählen. Vom Klangcharakter präsentiert sich der Steampunk eher old-school-artig. Er hebt den Pegel und den höheren Frequenzbereich an.
Vor einem eher cleanen Amp resultiert das in 70er-Sounds à la Rory Gallagher, mit bissigem Attack und mildem Gain, die man mit der richtigen Spieltechnik aber schön zum Singen bringen kann.
Vor einem Verzerrer oder bereits angecrunchten Amp liefert das Pedal aber auch schöne HiGain-Sounds. Was angeblasen wird, ist dem Steampunk ziemlich egal – er macht vor Tube-Screamer-Varianten dieselbe gute Figur wie vor einem Boutique-Verzerrer oder dem aufgedrehten Topteil und bleibt im positiven Sinne neutral. Zuviel Höhen im Sound müssen allerdings mit dem Tone-Poti gezähmt werden, denn über eine Klangregelung verfügt das simple Pedal nicht.
sqeegee
(Bild: Dieter Stork)
Als „a basic two knob job“ bezeichnet die Firmen-Website den Squeegee, der einfach nur die Kompressor-Sounds liefern soll, die man als Gitarrist braucht.
„Mission erfüllt!“, kann man da nur sagen. Regelbar ist die Kompressionstärke und der Ausgangspegel und das reicht vollkommen. Egal, ob leichte Signalbedämpfung zum besseren Einfügen in den Band-Sound, klickende Funk-Sounds mit einem etwas fetteren Attack oder singende Solosounds – der Squeegee kann es und bleibt dabei angenehm ruhig. Nachdem man die gewünschte Kompression eingestellt hat, muss man nur noch den Ausgangspegel anpassen. Der Volume-Regler bietet genug Reserven für kräftigen Boost und leichte Zerre, kann das Signal aber auch reduzieren oder auf dem gleichen Level halten wie das unbeeinflusste Gitarrensignal. Eine gut gewählte Reichweite also, die in allen erwähnten Einstellung warm und niemals übertrieben klingt.
touch
(Bild: Dieter Stork)
Mit drei Reglern bietet der Touch Overdrive schon eine Menge Einstellmöglichkeiten. Volume, Gain und Ton stehen zur Verfügung, um den im Tube-Screamer-Genre angesiedelten Zerrer den eigenen Wünschen anzupassen. Der Toncharakter ist leicht mittig geprägt, klingt aber schon deutlich offener als beim grasgrünen Vorbild. Vom bluesigen Overdrive bis zu Seventies-Sound reicht die Gain-Palette des Pedals. Als äußerst effektiv erweist sich der Tone-Regler, der auch näselnden Hals-PU-Sounds die nötige Transparenz verleihen kann und für stilistische Vielseitigkeit sorgt.
Das Pedal funktioniert sowohl vor einem cleanen Amp als auch mit anderen Zerrern oder einem angezerrten Verstärkersound. Im letztgenannten Modus verbindet sich seine Verzerrung harmonisch mit dem bereits vorhandenen Crunch, ohne diesen zu überfahren und gleichzumachen. Der Touch-Overdrive ist daher gleichermaßen als Tonmacher und als Booster einsetzbar. Auch die Verbindung mit dem Serienkollegen Steampunk funktioniert hervorragend und sorgt für einen warmen, singenden Rock-Ton.
immortal
(Bild: Dieter Stork)
Statt alle gängigen Delay-Typen von Tape über Analog bis zu Digital in einem Pedal zu liefern, konzentriert sich das unsterbliche Delay von Rockett auf ein klassisches Analog-Echo mit warmen, dumpfer werdenden Wiederholungen. Vier Regler stehen zur Verfügung, mit denen Verzögerungszeit, Wiederholungsanzahl, Mix und der Ton der Wiederholungen eingestellt werden können.
So deckt das Immortal simpel und unspektakulär alle gängigen Delays ab – vom Rockabilly-Slapback über scheppernde Swampsounds bis zum langen Solo-Delay. Bis zu 680 ms reicht die Delayzeit, was für die gängigen Anwendungen völlig ausreicht. In allen Einstellungen bleibt es angenehm im Hintergrund ohne rhythmisch im Weg zu stehen. Der Toneregler kann den Sound der Wiederholungen etwas aufklaren, verwandelt das Pedal aber keinesfalls in ein exaktes Digital-Delay. Macht nichts, denn die klangliche Abstimmung funktioniert in fast allen Delay-Situationen sehr gut und erweist sich als äußerst musikalisch konzipiert.
Sogar Selbst-Oszillation und die damit verbundenen Space-Klänge sind möglich, sodass auch der experimentelle Klangforscher auf seine Kosten kommt.
resümee
Dass weniger durchaus mehr sein kann, zeigt die Jet-Serie von Rockett Audio auf beeindruckende Weise. Zum kompakten Preis im platzsparenden Mini-Format machen die vier Pedale genau das, was man von ihnen erwartet und zwar auf äußerst musikalische Weise. Ein durchsetzungsfähiger Soloboost, angenehme Kompression, schön klingender Overdrive und die wichtigsten Echo-Sounds benötigen gerade mal 20 cm Platz auf dem Board. Mit klaren Funktionen, die selbsterklärend schnell zum Ziel führen, unterstützen alle vier Pedale die gitarristische Selbstverwirklichung und liefern klassische Sounds in guter Signalqualität.
Stundenlanges Betriebsanleitungs-Studium und Modus-Aussuchen entfällt, stattdessen kann man sich ganz aufs Musikmachen konzentrieren … I like it!
PLUS
• gute Sounds
• simpel zu bedienen
• Konzentration auf das Wesentliche bei Sounds und Regelmöglichkeiten
• kompaktes Format
(erschienen in Gitarre & Bass 06/2019)