Test: Rickenbacker 4003S/5 Matte Black

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(Bild: Dieter Stork)

Ab Mitte/Ende der Achtziger gehörte es für Basshersteller zum guten Ton, auch die gerade modernen Fünfsaiter anzubieten. Da wollte selbst Rickenbacker nicht zurückstehen! Nach einigen Jahren der Abwesenheit ist der 4003S/5 jetzt wieder im Programm. Dabei wurde einiges überdacht und überholt, das Ergebnis ist ein moderner Bass mit den klassischen Rickenbacker-Genen …

DES RICKYS NEUE KLEIDER

Unsichtbar unter der mattschwarzen Lackierung findet sich die traditionelle 4003-Bauweise mit einem durchgehenden Ahornhals, angeleimten Ahornseitenteilen und einem dicken Griffbrett aus Karibischem Palisander, auch als Chechen bekannt. Das S in der Modellbezeichnung steht für „Special“. Heißt seit jeher bei Rickenbacker nicht etwa ein Mehr an Ausstattung, sondern weniger: Keine Einfassung um Body und Hals, Punkt- statt Dreieckseinlagen, Monoausgang statt Rick-O-Sound. Die Hardware wurde natürlich auf fünf Saiten angepasst.

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Schaller 3D5 Brücke (Bild: Dieter Stork)

Das ist bei der Brücke eleganter gelöst als beim Vintage-Modell, der neue hat eine Schaller 3D5, eine seit Jahrzehnten bewährte Konstruktion mit feinen Einstellmöglichkeiten, die trotzdem eher vintage im Ton ist. Ebenfalls von Schaller sind die offenen Mechaniken, die schöne Optik, beste Funktion, aber auch nicht wenig Gewicht mit sich bringen.

Rickenbacker Singlecoil in der Halsposition (Bild: Dieter Stork)

Die offensichtliche Neuerung am 4003S/5 sind die Tonabnehmer, die eigens entwickelt wurden. Diese Dreiecke mit abgerundeten Ecken werden von ebenfalls dreieckigen Barren magnetisiert, deren Breite also von tiefen zu hohen Saiten abnimmt. Eine Höhenverstellung ist in homöopathischen Dosen möglich, eigentlich sind sie mit je zwei Gummi-Abstandhaltern fest in den Korpus geschraubt.

Das Pickguard ist logischerweise an die neue Pickup-Form angepasst, sonst aber normal einschichtig weiß, und auch die Regler sind Standard. Per Dreiwegschalter werden die Abnehmer angewählt, für die es jeweils Volume-Regler in der unteren und Tone-Regler in der oberen Reihe gibt. Treble Tone ist ein Push/Pull-Poti, das gezogen dem Steg-Pickup einen Vintage-Ton verpasst. Hier wird ein Kondensator in Reihe geschaltet, der Bässe aus dem Ton nimmt (wie es bei den Rickenbackern lange Werksverdrahtung war) und der von vielen für einen volleren Ton überbrückt wurde. Mittlerweile muss man nicht mehr selbst modifizieren und sich auch nicht auf mit oder ohne festlegen – sehr praktisch!

CHARAKTER HOCH FÜNF

Direkt aus dem Karton ist die Einstellung eher rustikal, und scheinbar hat man einen frischen Viersaiter-Satz aufgezogen, die H-Saite aber gelassen. Die hat nicht nur ein anderes Ballend, sie klingt auch nach gut abgehangenem Hosenträger. Also frisch ans Werk, neue Saite drauf, und das Werkzeug geschwungen! Bei der Brücke ist das kein Problem, der Inbus liegt bei und eine schön flache Saitenlage ist in Nullkommanix eingestellt. Dann hätte ich gerne noch etwas weniger Halskrümmung – dafür ist aber kein Werkzeug dabei. Gut, dass ich den passenden Viertelzoll-Trussrod-Schlüssel am Start habe, schade, dass Rickenbacker sich die knapp 30 Euro (im Verkauf, wohlgemerkt) spart. Damit ist dann auch der doppelte Spannstab des 4003S/5 schnell korrekt justiert, und der Bass spielt sich wie von selbst, und ist dabei völlig schnarrfrei. Gute Bundabrichtung also! Rickenbacker-typisch ist der Hals am Sattel mit 46 mm zwar im normalen Rahmen, nimmt dann aber deutlich weniger an Breite zu und ist am 12. Bund gut einen halben Zentimeter schmaler als andere Fünfsaiter. Dazu passend sind die Saitenabstände am Steg auf 16 mm justiert, was zusammen mit dem ziemlich kastigen D-Profil unter Umständen schon etwas Eingewöhnungszeit braucht.

Beim Test am Gurt fehlt mir doch schon wieder was: Gegenstücke für die Schaller Security Lock Pins sind nämlich auch nicht dabei … Immerhin geht es auch so. Leider hat Rickenbacker sich nicht für neue, leichtere Mechaniken entschieden, sodass die Kopfplatte entschieden gen Boden will. Da muss schon mit rutschfestem Gurt und leichter Unterstützung links gegengesteuert werden. Der Body schmiegt sich dafür schön an und ist dank der Abrundung zur Decke sehr bequem.

Während die Pickup-Positionen an sich für Ricks nicht ungewöhnlich sind, ist die Abschrägung der Daumenauflage wieder gewöhnungsbedürftig. Man darf ja mit den Fingern zupfen, auch wenn viele prominente 4001/4003- Spieler mit dem Plektrum unterwegs waren oder sind. Der Bass-Abnehmer am Hals produziert einen erwartungsgemäß tiefen Ton, der aber ausreichend Höhen hat.

Also warm, aber nicht mumpfig. Noch Vintage-mäßiger wird es mit zugedrehter Höhenblende, was sich sehr gut dosieren lässt. Auf den Treble-Pickup umgeschaltet, entfleucht dem Verstärker ein überraschend tragfähiger Allround-Ton mit Druck in den Mitten und schönen Höhen, die sich auch hier wieder fein abrunden lassen. Auch die H-Saite kommt auf beiden Pickups überzeugend rüber, vor allem beim Treble-PU ist sie absolut gleichauf mit den anderen vieren. Rickenbacker wäre nicht Rickenbacker, wenn es nicht noch ein paar Eigenheiten zu berichten gäbe. Eine davon ist, dass die Mensur auch für den Fünfer bei leicht verkürzten 33 ¼ Zoll belassen wurde – was aber klanglich völlig ohne Abstriche funktioniert. Eine andere ist, dass auch beide Abnehmer zusammen keinen Humbucker ergeben.

Bei den sich als aktuelle Auflage des Vintage-Klassikers verstehenden 4003-Viersaitern kann ich das noch als historisch korrekt verbuchen, aber hier … ? Wenn man nicht im richtigen Winkel und/oder mit Abstand zur Anlage steht, brummt es in jeder Einstellung. Entschädigt wird man mit einem überraschend modernen Klang mit ordentlich Bass und reichlich knackigem Draht in den Höhen, der dabei aber glatter als der traditionelle Rick-Ton ist. Anders als bei der Gibson-Schaltung sind bei Rickenbacker die Regler voneinander unabhängig.

Das heißt, dass in Mittelstellung des Toggles frei mit den Volume-Reglern gearbeitet werden kann, und auch eine ganz zugedrehte Tonblende nimmt nicht beiden Abnehmern die Höhen. Mein Lieblings-Allrounder ist Treble ganz auf, Bass ganz eben zurückgedreht und in den Höhen deutlich beschnitten. Das klingt gar nicht mal so sehr nach Rickenbacker, aber keine Bange, das kann der 4003S/5 auch. Allein klingt der Treble-Pickup im Vintage-Modus mit gezogenem Tonpoti etwas dünn, zusammen mit dem Bass-Abnehmer ist er voll da – der knackige, durchsetzungsfähige Ton mit der hohlen Note in den Mitten, der immer an Out-of-Phase erinnert. Auch in dieser Einstellung kommt die H-Saite voll mit rüber, auch mit den modernen Pickups liefert er also den klassischen Sound als Fünfsaiter ab – Ziel erreicht!

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Ich gebe zu, auf ein paar Eigentümlichkeiten könnte ich bei Rickenbacker verzichten. Sei es die Weigerung, komplettes Werkzeug und Straplocks beizulegen, sei es der Verzicht auf die Brummunterdrückung bei Betrieb beider PUs gleichzeitig. Andererseits ist auch der 4003S/5 wieder ein Bass, der einfach vor Charme und Charakter strotzt, in Aussehen wie im Sound. Dabei ist der gar nicht so festgelegt, einige Einstellungen klingen großartig, aber wenig nach Rick.

Im Gegenzug geht aber auch DER Ton, inklusive H-Saite, und da wird man keinen anderen Bass finden, der diesem das Wasser reichen kann. Was das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht, kommt es etwas drauf an, von welchem Preis man ausgeht. Laut Liste liegt er bei € 2999, was schon ein stolzer Kurs ist, aktuell kostet er in den Läden fast einen Tausender weniger. Das ist fast schon günstig!

PLUS

  • klassische Rick- und andere Sounds
  • Pickups
  • Vintage-Tone-Schaltung
  • Bespielbarkeit nach Justierung
  • tiefe H-Saite
  • Case

MINUS

  • Brummen in Mittelstellung
  • fehlendes Werkzeug
  • fehlende Security-Lock-Gegenstücke

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2021)

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