Seemannsgarn
Test: Reverend Mike Watt Wattplower Mark II
von Jogi Sweers, Artikel aus dem Archiv
LEINEN LOS!
Am Gurt zeigt der Wattplower die gleichen Eigenheiten, die auch den EB auszeichnen. Er ist trotz der leichten Mechaniken kopflastig, allerdings in geringerem Maße als viele Originale, und wenn man beide Hände vom Bass nimmt, kippt er zudem nach vorne weg, weil der vordere Gurtpin mittig am Halsfuß sitzt. Sollte man also nicht tun, dann ist alles fein. Dank des kommoden Gewichts von nur 3,5kg ist das alles kein großes Ding und auch sonst ist der Bass mit seinen Shapings und Abschrägungen bequem bis in die höchsten Lagen zu bespielen.
Überraschend groß könnte der Hals ausfallen, wenn man da die Zierlichkeit erwartet, die zum Rest des Basses passen würde und die der moderne SG-Bass auch so umsetzt. Die alten waren dagegen eher breit und dabei ziemlich fett – ergo habe ich auch beim Wattplower gut was in der Hand. Im Kontrast dazu laden die flache, schnarrfreie Saitenlage und die kurze Mensur zum Abjagen ein. Eine gute Kombination, die schon trocken gespielt satte Töne produziert.
Am Amp hat man dann die Wahl zwischen drei Sounds. In der Mittelstellung ist die Standard-P-Anordnung aktiv, also die untere Spule in Kombination mit der dem Hals zugewandten. Preciesk klingt es, leicht ausgehöhlt, mit eher zurückgenommenen Mitten. Da bleibt viel Draht stehen für Plek-Arbeit, gelegentliche Slaps oder für bissigen Fingerstyle. Der stabile Hals und die stabile Brücke tun sich dabei zusammen und sorgen für ein festes Fundament.
Mehr Mitten kommen ins Spiel, wenn der Schalter Richtung Steg umgelegt wird und der Split-Coil als Reverse-P arbeitet. Jedenfalls tun sie das für die Basssaiten, denn die beiden oberen bleiben ja gleich in Abnahme und Klang. Trotzdem witzig, wie sich die Wahrnehmung des Tons insgesamt zu ändern scheint. E und A drücken so mehr, der Bassbereich wird knackiger.
Zum Hals hin geschaltet ist logischerweise der Rio-Grande-Humbucker am Start. Eigentlich mag Mike den Mudbucker nicht, wegen seines schwammigen Tons und der Position (zu) dicht am Hals. Letzteres scheint er beim Wattplower II zugunsten eines erweiterten Pickup-Vokabulars, wie er es ausdrückt, aufgegeben zu haben, Ersteres umgeht der Pitbull, indem er zwar satte Tiefe bietet, diese aber viel trockener formuliert.
Mit Hilfe der sauber arbeitenden Tonblende und des ein oder anderen Fuzz-Pedals lande ich dennoch schnell im Gibson-Territorium. Was ich vermisse, ist die Kombination aus Split-Coil und Hals-Humbucker, Mike wollte aber die Schaltung so, dass immer nur ein Pickup an ist. Und da das nun mal ein Signature-Modell ist, zählt sein Input ungleich mehr als die Präferenz eines bescheidenen Testers.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Ein Charakterspieler wie Mike Watt verdient ein Charakterinstrument – und das liefert Reverend mit dem Wattplower Mark II. Hochwertig in der Substanz, sauber verarbeitet und spektakulär in der Optik bietet der Bass drei deutlich unterschiedliche Voicings, die ich alle gleichermaßen nutzbar finde – mit leichtem Vorsprung für den Reverse-Split-Coil und den großartigen Rio-Grande-Humbucker.
Das Verhalten am Gurt ist, wie es ist, das geringe Gewicht und die hervorragende Bespielbarkeit machen das mehr als wett. Auch beim Wattplower machen sich wieder die ohnehin gute koreanische Fertigung und das Setup in Toledo, Ohio bezahlt. Abgerundet wird das Paket durch ein Two-Tone-Teardrop-Case, das perfekt zum Retro-Glitzer-Shorty passt. Unbedingter Anspieltipp!
PLUS
● Sounds
● Optik
● Bespielbarkeit
● Gewicht
● Mechaniken
● Pickups
● Koffer
MINUS
● Kopflastigkeit
(erschienen in Gitarre & Bass 11/2023)
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