Renaissance eines High-Gain-Klassikers

Test: Peavey 6505 II

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(Bild: Dieter Stork)

Der zweite Signature-Verstärker von Eddie Van Halen war das Modell 5150 II, das später in 6505+ umbenannt wurde. Wie das Original steht auch dieses Modell für einen kraftvollen High-Gain-Sound, der unzählige Liebhaber gefunden hat. Daran soll sich auch bei der Neuauflage nichts ändern.

Nachdem die Produktion des 6505+ nach Fernost verlagert worden war, wurde das Modell vor einigen Jahren eingestellt. Wie schon der 6505 1992 feiert es unter dem Namen 6505 II nun seine Auferstehung.

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Laut Produktentwickler James Brown (heute bei Fender) war der erste 5150 der Versuch, Eddie Van Halen einen Verstärker auf den Leib zu schneidern, der seinen SLO-100 und den Marshall SL1959 zumindest auf der Bühne ersetzen sollte. Die Entwicklung ist eine Fusion aus den Peavey-Modellen VTM120, Ultra, dem Rockmaster Preamp, der Classic 120/120 Endstufe und dem überdimensionierten Ausgangsübertrager des Roadmaster. Neben der Basskontrolle über die Endstufe (Resonance) wurden die Gainreserven erhöht, so dass der Sound des 5150 vor allem in der Vorstufe geprägt wird und damit live besser reproduzierbar ist.

Zunächst nutzte Eddie Van Halen das Lautstärke-Poti der Gitarre, um weniger verzerrte Klänge zu erzeugen. Später begann er jedoch, den entsprechenden (spartanischen) Kanal am Original einzusetzen. Somit ergab sich Bedarf für einen dedizierten Clean-Kanal, der seinen Weg in das Nachfolgemodell und damit unser Testgerät finden sollte. Gleichzeitig experimentierte James Brown mit der Filterung der Verzerrung im Leadkanal. Eddie Van Halen gefiel eine Variante mit strafferer Ansprache – zu hören als Prototyp auf dem Album ‚Balance‘.

ALTES REZEPT, NUR VERFEINERT

Oft gelten alte Originale als besonders begehrenswert. Peavey will mit dem 6505 II den Klang der ursprünglichen Modelle so gut wie möglich nachempfinden. Zunächst aber fällt die Optik auf: Es prangt inzwischen wieder der Produkt- und nicht der Firmenname groß hinter dem obligatorischen Frontgitter der markanten, mächtigen, robusten Gehäusekonstruktion, bei der sich Netzteil, Ausgangsübertrager, und die vier 6L6-Endstufenröhren im oberen Bereich des Chassis befinden, während die sechs 12AX7-Vorstufen- und Treiberröhren im unteren Bereich verbaut wurden.

Technisch ist die Schaltung seit jeher unverändert. So auch beim 6505 II, der in China gefertigt wird. Dennoch gibt es Neuerungen: Wie im 6505 1992 Original kommt ein neuer Ausgangsübertrager zum Einsatz, der sich eng am Ursprungsmodell orientiert, aber über eine externe Ruhestromregelung verfügt. Hier gab es offenbar im Laufe der Jahre einen Bauteilwechsel, dessen klangliche Auswirkung Peavey allerdings erst bei der Entwicklung des Invective 120 auffiel. Weiterhin bietet der 6505 II eine praktische Kaltgerätebuchse statt eines festen Netzkabels sowie einen Wahlschalter für die Spannung.

(Bild: Dieter Stork)

KLANG

Prinzipiell ist der 6505 II ein Re-Issue und damit keine Neuerung. Vielmehr reagiert Peavey auf die stetige Nachfrage nach den Originalen. Zurecht, denn wie der 6505 1992 Original klingt auch der 6505 II einfach richtig gut. Sein Leadkanal ist zurecht im Rock, Metal, Hardcore sowie bei allem, was runtergestimmt ist ein Standard.

Die dichte Verzerrung harmoniert mit quasi jeder Gitarre und ist aufgrund des üppigen Mittenspektrums äußerst durchsetzungsfähig. Der Verstärker klingt satt, bietet ein gefälliges Spielgefühl und macht einfach Spaß. Im Nu ergibt sich eine wuchtige Klangwand, bei Bedarf in ohrenbetäubender Lautstärke, ohne dabei besonders empfindlich für Rückkopplungen zu sein. Zugegeben: Die Schaltung ist aufgrund der Zerrreserven aus fünf Gainstufen weder besonders dynamisch noch frei von Nebengeräuschen. Dafür aber erhält man aber jenen breiten druckvollen High-Gain-Sound, der auf unzähligen Produktionen zu hören ist.

Für meinen Geschmack ist die Verzerrung obenherum offen, aber nicht bissig. Der Presence-Regler sorgt im letzten Viertel des Regelweges für die nötige Schärfe. Das Attack ist zwar schon etwas prägnanter als beim 5150/6505, könnte für meinen Geschmack aber noch etwas ausgeprägter sein. Im Bassbereich hingegen hat man mit den Resonance-Reglern jede Menge Schubreserven. So formt man das Fundament und stimmt es auf die Box ab – in meinem Fall ein Diezel-Modell mit Celestion-Bestückung (G12H-100).

Ausgehend von dieser Farbpalette lassen sich Lead- und Crunch-Kanal hervorragend mit Overdrive- und Booster-Pedalen kombinieren. Hier kann man den Bassbereich weiter aufräumen, um straffere Sounds zu erhalten oder auch Attack hinzuzufügen. Im Test erreichte ich mit dem Hapas Portal einen definierteren, moderneren Sound, wobei das Noise Gate des Pedals für zuverlässige Ruhe in den Spielpausen sorgte. Mit dem King in Yellow von Lichtlærm Audio erhält man dann die typische Mittennase eines Tube Screamers, eine ebenfalls schlankere Abstimmung und mehr Attack.

(Bild: Dieter Stork) (Bild: Dieter Stork)

UNTERSCHIEDE ZUM 6505 1992 ORIGINAL

Schaltungstechnisch ist der 6505 II eng mit dem Original verwandt. Allerdings verfügen die beiden Hauptkanäle Clean/Crunch und Lead über eigene 3-Band-Klangregelungen, die durch kanalgetrennte Presence- und Resonance-Regler in der Endstufe ergänzt werden. Allein die doppelte Klangregelung der Endstufe macht den 6505 II auch zu einem praktischen Partner für die Kombination mit externen Vorverstärkern. Schließlich ist der Crunch-Kanal per Fußschalter abrufbar, was auch die mehrpolige Fußschalterbuchse erklärt (die Funktionen Channel, Crunch und Loop sind schaltbar).

Klanglich ist der 6505 II vielseitiger als der 5150/6505 Original und etwas moderner abgestimmt. Der Lead-Kanal setzt auf drei weitere Bauteile an neuralgischen Stellen, was ihm ein strafferes Spielgefühl verleiht und den Verstärker etwas schnittiger wirken lässt. Die klangliche Ausrichtung ist aber durchaus vergleichbar, auch wenn das Mittenspektrum etwas anders klingt. Das Original klingt dadurch etwas wuchtiger, roher und aggressiver, während der 6505 II metallischer, aufgeräumter und schneller klingt.

Man erhält aber immer noch den eigenständigen Sound, der in den 90er-Jahren neben dem Rectifier die High-Gain-Soundlandschaft maßgeblich geprägt hat und zu Recht bis heute geschätzt wird. Durch die Verwendung von fünf Gainstufen kann man den Gainregler bei Bedarf weit zurückdrehen, ohne die markante Kompression zu verlieren. Ich meine durchaus, den Geschmack von Eddie Van Halen herauszuhören. Ich würde den Sound zwar nicht als „brown“ bezeichnen, aber der 6505 II bietet die typische, breitbandige, hochmotorisierte Verzerrung, die den Raum und den Sound der Band füllt. Damit ist der 6505 II eine gute Wahl für Bands mit einem Gitarristen. Aber auch im Duo oder in Kombination mit einem Marshall oder Rectifier hat er sich bewährt.

Bei gleichen Einstellungen bietet das Original mehr Gain. Andererseits wird man die Reserven ohnehin kaum ausnutzen. Daher empfinde ich die andere Skalierung sogar als vorteilhaft. In der Regel bin ich mit aktiven EMGs bei Gain-Einstellungen bis 5 bestens bedient. Mein einziger Wunsch: Ein Voicing-Schalter, der zwischen den Versionen I und II umschaltet. Der voll regelbare Clean-Kanal fällt tatsächlich sauberer aus und verdient seinen Namen. Klassische Cleansounds im Stile alter Fender-Amps sollte man dennoch nicht erwarten. Mir fehlt es trotz Bright-Schalter ein bisschen an Transparenz. Dafür kann man das Gain aufdrehen und Schmutz ergänzen. Dazu gefällt mir dieser Kanal als Plattform für Distortion- und Fuzz-Pedale, mit denen man eine ziemlich fette Klangwand aufbauen kann.

Der Crunch-Kanal steht nun als dritter Kanal zur Verfügung und wurde gegenüber der Standardversion in seinen Gain-Reserven gezähmt. Das bewerte ich positiv, denn so lassen sich tatsächlich Sounds erzeugen, die diesen Namen auch verdienen. Der Verzerrungsgrad liegt damit zwar unter dem des Lead-Kanals, aber immer noch deutlich über dem eines klassischen Marshall 2203. Im Vergleich zu diesem ist das Klangbild auch deutlich fülliger.

DIE QUAL DER WAHL

Wer sich für den 6505 II und Konsorte interessiert, hat ziemlich umfassende Wahlmöglichkeiten. Bei Peavey und Fender/EVH zähle ich in der 100-Watt-Kategorie sieben Modelle (6505, 6505 II, 6534+, Invective 120, EVH 5150III, EVH5150IIIS, EVH 5150IIIS EL34). So wird man möglicherweise auch den teureren Invective 120 in Betracht ziehen, der eine umfassendere Ausstattung mit Boost, Gate, doppeltem Effekt-Loop, MIDI und einen umfassenden Fußschalter bietet.

Wie auch der 6505 1992 Original klingt der Invective 120 nicht identisch, sondern nochmals moderner und wiederum im Mittenspektrum leicht anders. Er ist wie auch die Fender/ EVH-Modelle unbedingt einen Vergleichstest wert. Unterschiede gibt es in allen Fällen. Je nach Instrument, Stimmung, Ausstattungsbedarf, Spielart, Genre aber auch abhängig von der eingesetzten Box dürfte mal der eine Verstärker, mal ein anderer die Nase vorn haben.

Ich würde dennoch sagen, dass der charakteristische Lead-Kanal in allen Modellen klar einer Klangfamilie zuzuordnen ist. Und nein: Ich schere die zahlreichen Modelle nicht über einen Kamm und es gibt gute Gründe für jeden einzelnen Verstärker. Hier entscheidet der eigene Geschmack.

(Bild: Dieter Stork)

NAGEL AUF DEN KOPF?

Leider habe ich keinen 5150 II/6505+ in meiner Sammlung, sondern lediglich einen frühen 5150. Ein A/B-Vergleich mit den älteren Serien war mir somit nicht möglich. Dazu sollte man anmerken, dass es bei den meisten Röhrenverstärkern aufgrund von Alter, Röhrentyp, Bias und Bauteiltoleranzen Schwankungen im Klang gibt. Die Unterschiede zwischen Urmodell und Re-Issue des Nachfolgemodells fallen tatsächlich wie oben beschrieben aus. Gleichzeitig ist die Klangfarbe der „Familie“ klar erkennbar.

Entsprechend stelle ich fest, dass Peavey wie schon beim 6505 1992 Original sein Versprechen einlöst und ganze Arbeit geleistet hat. Der 6505 II klingt genauso wie erhofft, bleibt konstruktiv unverwässert und wurde gleichzeitig durch den neuen Ausgangsübertrager technisch in Richtung Erstauflage getrimmt. Und sogar dank Bias-Messpunkten praxisgerechter gestaltet. Anders als bei manchem Mitbewerber bleibt die Re-Issue hier erfreulich erschwinglich.

RESÜMEE

Neuland betritt Peavey mit dem 6505 II nicht. Warum auch: Der 6505 II ist die Wiederauflage eines modernen Klassikers, den der Hersteller tatsächlich auf den Punkt bringt. Wie der 6505 1992 Original klingt dieser Verstärker erstklassig und hat sich zurecht als leicht straffere und flexiblere Alternative zum Urmodell etabliert. Kein Alleskönner, sondern ein attraktiv bepreister Rock- und Metal-Spezialist, der mit seinem massiven Klangbild bis heute eine klare Berechtigung hat. Je nach Marschrichtung sollte man auch einen Blick auf die passenden 4×12″-300-Watt-Boxen mit Sheffield 1230+ Speaker-Bestückung werfen.

PLUS

● wuchtiger High-Gain- und Crunch-Sound
● hohes Durchsetzungsvermögen
● gefälliges Spielgefühl
● doppelte Klangregelung in Vor- und Endstufe

MINUS

● Nebengeräusche

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2024)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Einen amp mit 4 internet Sicherungen mag ich nicht.

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