Zurück auf Null

Test: Peavey 6505 1992 Original

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(Bild: Dieter Stork)

KLANG

Ein wuchtiger und massiv verzerrter Klang schiebt aus den Lautsprechern. Der 6505 ist seit jeher kein Leisetreter und bringt bei Bedarf jeden Laden zum wackeln. Dabei ist er nicht besonders empfindlich für Rückkopplungen, allerdings nicht frei von Nebengeräuschen. Durch die hohe Kompression fällt zudem die Spieldynamik und die Reaktion bei Zurückregeln des Potis an der Gitarre eher gering aus.

Gleichwohl gehört der Lead-Kanal zurecht zu den Klassikern im High-Gain-Bereich, denn sein dichter Sound ist enorm durchsetzungsfähig, funktioniert mit den meisten Gitarren und dazu bestens mit tiefen Stimmungen.

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Als einziger Verstärker der Modellserie haben Original und Re-Issue aufgrund eines höheren Widerstands in der ersten Gainstufe einen etwas dickeren Klang. Der Verstärker klingt somit breiter, aber weniger tight im Bass. Allerdings lässt er sich effektiv mit einem passenden Booster oder Overdrive verschlanken.

So konnte ich mit dem Friedman Buxom Boost den Bassanteil in der Vorstufe variabel ausdünnen und den Sound explizit trocken abstimmen, um dann nach Lust und Laune Bässe über den Resonance-Regler wieder zuzugeben – hier gibt es jede Menge Reserven. Herrlich! Der Clean-Kanal ist kein Kaufargument. Auch bei zurückgeregeltem Gain ist der Sound leicht schmutzig, ohne den Glanz und die Transparenz von Spezialisten.

Hingegen ist der Crunch-Modus spannend. Man sollte jedoch weder knochigen Marshall-Sound noch einen bluesigen, explizit dynamischen Ton erwarten. Dafür erhält man auch hier eine satte breite Verzerrung, die schlicht Spaß macht. In allen Fällen ist man dank breitem Mittenspektrum sorgenfrei in der Band hörbar. Der üppige Bassbereich sollte über das Resonance-Poti an die Box angepasst werden, damit man nicht übers Ziel hinausschießt. Und auch im Höhenbereich muss man die gewünschte Abstimmung finden. Der Verstärker kann ordentlich sägen, weshalb hier die richtige Balance zwischen Höhen- und Presence-Regler sowie den eingesetzten Lautsprechern gefragt ist.

WIE NAH AM ORIGINAL?

Nicht jeder 6550/5150 klingt gleich. Die Grundtendenz ist jedoch stets ähnlich, so auch bei der Reissue. Wie bei den meisten Verstärkern gibt es Unterschiede, die sich aus Bauteiltoleranzen, Röhren und dem Alter ergeben. Ein weiterer Punkt: Wenigstens das Original wurde ab Werk vergleichweise „kalt“ im Bias eingestellt. Ich selbst besaß lange zwei 5150 Modelle, von denen die Blockletter-Variante stets brutaler klang, selbst nach Neubestückung mit ungematchten, uneingemessenen Röhren!

Im Testvergleich von Reissue und besagtem (längst gewarteten) Original stelle ich aber fest, dass die Neuauflage absolut vergleichbar klingt. Unterschiede lassen sich durch Anpassen der Regler meist kompensieren, sodass ich dem 6505 1992 Original klanglich mein Vertrauen aussprechen kann.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Gute Rezepte verpanscht man nicht. Diese Richtlinie hat sich Peavey beim 6550 1992 Original auf die Fahnen geschrieben und tatsächlich nichts verschlimmverbessert. Ziel, erfüllt: Für meine Ohren klingt der 6550 1992 Original erstklassig. Sein Aushängeschild ist der wütend und mächtige Lead-Kanal, der bei tollem Spielgefühl einen Sound liefert, der sich in sämtlichen harten Genres bewährt hat. Diesen Sound erhält man dazu zu einem attraktiven Preis – was will man mehr?

Auch den Crunch-Sound habe ich ins Herz geschlossen, während man im Pushed-Clean-Setting eher nicht auf Fender oder Hiwatt spekulieren sollte. Fetter Hard Rock, Doom, Punk, Hardcore, Metal – alles das gelingt im Handumdrehen. Nicht zu vergessen: Peavey hat natürlich passende 4×12“-300-Watt-Boxen mit Sheffield 1230+ Speaker-Bestückung im Angebot – natürlich nach alter Rezeptur.

PLUS

● wuchtiger High-Gain-Sound
● hohes Durchsetzungsvermögen
● gefälliges Spielgefühl

MINUS

● Nebengeräusche
● geringe Dynamik

(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)

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