Sternbildgeometrie

Test: PB Guitars Orion

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(Bild: Dieter Stork)

Futuristisch oder doch nur zeitgemäß? Die hybride Konstruktion aus Metall und Holz ist nicht ganz neu, Ulrich Teuffel und Michael Spalt etwa lassen grüßen. Aufregend anders ist so eine progressive Formgebung in modularer Bauweise aber immer noch.

Peter Bachmaier baut seine unikalen Gitarren in Großnöbach, etwa 30 km südlich von München. Nach dem Studium der Elektrotechnik an der TU München war Peter 30 Jahre lang für BMW im Bereich Elektrik/Elektronik tätig und entwickelte in verschiedenen leitenden Positionen das Interieur für Renn- und Serienfahrzeuge. Nebenher fertigte er elektronische Geräte für musikalische Anwendungen, beschäftigte sich aber auch immer schon mit der Optimierung und Instandsetzung von Gitarren. 2008 erstellte er ein erstes eigenes Design so erfolgreich und ermutigend, dass er sich 2020 dazu entschloss, das Hobby zum Beruf zu machen. Seitdem baut er in Vollzeit individuelle Gitarren, die sich immer an den Wünschen der Kunden orientieren.

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HANDWERK UND TECHNOLOGIE

Ohne die Erfahrungen des traditionellen Handwerks zu ignorieren und mit angemessenem Respekt vor den bewährten Klassikern des Gitarrenbaus will Peter Bachmaier bewusst neue Wege gehen und traditionelle Handwerkstechniken in Verbindung mit moderner Technologie zu einem zeitgemäßen Optimum führen.

Peter: „Wenn es um das Formen komplexer räumlicher Geometrien geht, ist das handwerkliche Schnitzen immer noch unschlagbar. Nur durch das Abtragen Span für Span spürt man den Faserverlauf des Holzes und kann eine Oberfläche liebevoll gestalten. Wenn es aber um exakte Passungen, Ausfräsungen für Elektronik oder unsichtbare Bundschlitze geht, dann ist eine CNC-Fräse an Präzision nicht zu überbieten.“

Primär kommen natürliche Werkstoffe und heimische Hölzer unter Verzicht auf Lacke und Kunststoffe zum Einsatz. Womit wir beim Thema sind: Nachhaltigkeit ist Peter ein besonders Anliegen, und so liegt jedem Instrument eins der neuen, ebenfalls mit Nachhaltigkeit im Fokus entwickelten Cordial-Ecohemp-Kabel bei. Die hybride Konstruktion des Modells Orion aus Metall und Holz ist an der Konstellation des gleichnamigen Sternbilds ausgerichtet.

Alumitte mit angedockten Flügeln aus Nordischer Birke (Bild: Dieter Stork)

An das zentrale Mittelteil aus poliertem Aluminium der vorliegenden Ausführung sind zwei ergonomisch ausgeformte und fein beschliffene Flügel aus nordischer Birke seitlich angebracht. Der aufgeschraubte einteilige Hals aus Ahorn (stehende Jahresringe) ist mit einem Griffbrett aus Walnuss mit Compound-Radius (9“-12“) kombiniert. Das jedoch wurde nicht einfach aufgeklebt, sondern in den entsprechend ausgefrästen Hals integriert (ein teures Extra).

Im Griffbrett fanden ovale Inlays aus Perlmutt und 22 in gefräste Bundnuten eingesetzte Edelstahl-Bünde (Wagner 9662) Platz. Die Griffbrett-/Halsränder sind folglich undurchstochen glatt belassen. Hals und Griffbrett wurden mit Öl versiegelt. In den Hals ist ein Stellstab aus Titan eingesetzt. Die durchgehende Metallstruktur aus Aluminium-Basis und Titan-Halsstab soll längeres Sustain ermöglichen.

Ahornhals mit eingelegtem Griffbrett (Bild: Dieter Stork)

Die perfekt in die Kehlung zum Kopf hin eingepasste Halsstababdeckung ist aus dem nämlichen Griffbrettholz gefertigt, dessen Maserung nahtlos fortgeführt wird (Extra). Die pointiert gestaltete, parallel nach hinten versetzte Kopfplatte ist mit Mechaniken von Gotoh bestückt (SG-360 Locking, verchromt). Die Saiten werden mit geradem Zug über den Sattel aus Knochen geführt. Bei der Brücke handelt es sich um eine spezielle Konstruktion aus beweglich auf die Korpusmitte montierten Aluminiumbolzen mit Saitenreitern aus Titan. Die Mensur umfasst 648 mm. Die in Kappen aus geöltem Walnussholz platzierten Pickups – Häussel HB Hot am Hals und Häussel HB Tozz in der Stegposition – sind auf die Schiene aus poliertem Aluminium in der Korpusmitte beweglich montiert, in ihrer Position also verschiebbar.

Über den Pickup-Wahlschalter, platziert zwischen die zwei Regler für Lautstärke (vorn) und Tonbedämpfung (hinten), lassen sich die Pickups jeweils einzeln, sowie parallel oder seriell verschaltet, aufrufen. Die großen von Hand gefertigten Reglerknöpfe sind dezent skaliert. Wer es anders will, bekommt die Orion natürlich auch mit dem klassischen 3-Wege-Schalter. Tiefe Passion und handwerklicher Ehrgeiz strahlen aus jeder Pore dieses gedanklich sehr durchdrungenen Orion-Modells. Die detailversessene Ausführung lässt viele Stunden akribischer Arbeit erahnen.

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ERGONOMIE UND FLEXIBILITÄT

Das vorliegende Orion-Modell ist von der Klangabstimmung her bewusst Rock/Metal-lastig ausgelegt. Mit anderen Komponenten wäre auch eine weichere, tendenziell Blues-orientiertere Ausrichtung möglich. Zunächst einmal ist die stimmige Ergonomie des Instruments zu loben. Die samtig glatten Korpusflügel bieten perfekte Anpassung an den Spieler. Der obere Flügel wölbt sich hinten genau richtig unter den rechten Arm, die mittlere Kehlung im unteren Part garantiert die komfortable Handhabung auch im Sitzen.

Die samtweiche Haptik setzt sich dann ganz organisch beim enorm griffigen Hals fort. Mit eher flachem Profil von bester seitlicher Verrundung und aufsteigend nur wenig an Stärke zunehmend, fällt er uns geradezu ermutigend in die Hand. Die Edelstahlbünde von Wagner entsprechen in etwa dem beliebten 6105-Format von Dunlop und sind in Perfektion verarbeitet. Allerdings wurden die Bundenden beim vorgelegten Exemplar der Orion bewusst steil abgerichtet. Das bietet mehr Auflagefläche für die Saiten, fühlt sich aber recht eckig an. Das ist eine Frage der individuellen Handhaltung und nach Kundenwunsch auch anders zu haben, also kein Grund zur Klage.

Zu erwähnen ist nicht zuletzt noch die optimale Freistellung des Halses, was beste Bespielbarkeit der hohen Lagen gewährleistet. Mit dem Hals in dieser ansonsten schon stabilen Konstruktion lässt sich der Ton im Übrigen auch modulieren. Der musikalisch freidenkerische Saitenartist Bill Frisell etwa hat das als Stilmittel schon früh mit seiner Gibson SG praktiziert, dabei auch ganze Akkorde in leichtes Vibrato versetzt.

Die akustischen Anlagen der Orion sind von guter Schwingintensität, offensiver Präsenz und insgesamt leicht kühlem Klangverhalten mit ordentlich Draht im Ton gekennzeichnet. Die schon erwähnte Ausrichtung auf metallische Spielweisen ist nicht zuletzt auch an den verwendeten Pickups abzulesen. Die Hot- und Tozz-Humbucker von Harry Häussel sind keine Kinder von Traurigkeit.

Häussel-Pickups verschiebbar auf Aluschiene montiert (Bild: Dieter Stork)

Der AlNiCo5-Humbucker Hot am Hals ist ein Pickup mit angehobenem Output. Dennoch übersetzt er ein klar zeichnendes, sauber aufgelöstes Klangbild mit guten Mitten und offenen Höhen. Im Overdrive sorgt er für saftige Sounds mit satter Obertonentfaltung. Damit ist auf jeden Fall gut Singen!

Der Tozz am Steg bietet jede Menge Druck und Präsenz, hat stramm definierte Bässe, gar nicht mal so übertrieben ausgeprägte Mitten, aber ungemein offensiv zupackende Höhen im Angebot. Keramische Magnet-Power par excellence! Glasig klar zeichend im Clean-Bereich bringt er rhythmisch gespielte Akkorde zum Tanzen. Im höheren Gain-Bereich verschafft er der Orion dann eine gehörige Angriffslust. Mit scharfem Aufriss sind über ihn kompakte Powerchords effektiv zu inszenieren.

Den virtuosen Saitenturner bläst er von hinten kraftvoll an, gibt ihm perkussiv abledernde Linien mit einer dezidierten, also genau richtigen kleinen Mittennase an die Hand. Das macht natürlich in engagierten Spielweisen des Metal-Genres hohen Sinn, wo schnelle Ansprache und saftige Umsetzung für alles zwischen Shredding, Sweeping und Tapping gefragt ist. Klangfarblich sind die Pickups in gewissem Rahmen durch Rückungen auf ihrer Schiene auch noch nach Geschmack abstimmbar.

In den Schaltstellungen P = Parallel und S = Seriell sind die Pickups entsprechend verschaltet. Hier liegen dann noch zwei weitere Sounds an, wovon vor allem der Parallel-Sound überzeugt. Der Klang der seriellen Verschaltung beider Humbucker ist dagegen nicht ganz so effektiv, gibt ein recht bedämpftes Signal heraus. Der P-Sound ist mit seiner Öffnung und leichten Kehligkeit höchst nützlich, der S-Sound kommt jedoch bei klar eingestelltem Amp wenig prägnant rüber, eignet sich aber für flaumiges Linienspiel.

Die Konstruktion nimmt alles in allem schon Einfluss auf das Klanggeschehen. Auch wenn wir eine hart abgestimmte Version der Orion vorliegen haben, werden bei einer eher weicheren Auslegung wohl auch noch drahtige, transparent durchsichtige Aspekte den Basisklang dieses Modells prägen. Den Sound einer Mahagonikonstruktion wird hier wohl auch niemand erwarten und denselben nachzubauen wäre ja auch das falsche Ziel für ein avanciertes Instrument wie dieses.

 

RESÜMEE

Interessant, was sich aus der modularen Bauweise, erfunden für eine schnelle und kostensparende Montage vorgefertigter Teile, bis heute so alles entwickelt hat. Die Orion-Konstruktion des Peter Bachmaier ist nun wirklich das Gegenstück zum rudimentär und ruckzuck für die Massenproduktion erstellten Fabrikat. Eher haben wir es mit einem kunstvoll und besonders fein ausgeklügelten Instrument zu tun, das sich lediglich noch das modulare Grundprinzip zu eigen macht. Die aufwendige Konstruktion und feinziselierte Kunstfertigkeit mit integriertem Griffbrett, beweglichen Pickups etc. unterwirft sich dabei in erster Linie dem Bedürfnis des Spielers nach einem in haptischer und ergonomischer Hinsicht optimalen Handwerkszeug, das nicht zuletzt auch mit maßgeschneiderten Toneigenschaften für den jeweiligen Kunden ausgestattet wird.

Ohne Frage muss so ein besonderes Instrument, das auf Grundlage originär von Hand gefertigter Komponenten aufwendig und detailreich erstellt wurde, im gehobenen Preisbereich angesiedelt sein. Die Orion fragt selbstredend nach dem Spieler mit Sinn für Exklusivität, moderne Konstruktion und ungewöhnliche Sounds, der aber dafür auch das nötige Geld aufbringen kann. Nun ja, man schaue sich nur einmal die aufgerufenen Preise für konventionelle Modelle aus den US-Custom Shops an. Wie gut, dass es passionierte Leute wie Peter Bachmaier mit Drang zu Neuem gibt.

PLUS

● Design
● Bauweise
● Schwingeigenschaften
● Pickups auf Schiene
● variable Sounds
● Schaltoptionen
● Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)

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