Muuultiscale

Test: Ormsby Hype GTR 6 (Run 5)

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(Bild: Dieter Stork)

Ormsby legt gerade richtig los. Seitdem die Australier neben ihrem Custom Shop seit einigen Jahren auch in Fernost produzierte Gitarren anbieten, sieht man sie auf immer mehr Messen und in diversen Läden. Hoch lebe die moderne Multiscale-Gitarre.

Es muss so ca. 10 Jahre her sein, als die gesamte Metal-Welt gerne im Besitz einer Blackmachine gewesen wäre. Da Angebot und Nachfrage aber weit auseinandergingen, sprangen geschickte Geschäftsleute wie Perry Ormsby auf den Zug auf. Perry schuf die Hypemachine Serie und die Firma Ormsby wuchs und wuchs. Die mittlerweile abgewandelte Version „HypeGTR“ ist zweifelsohne eines der erfolgreichsten Modelle und liegt hier zum Test aus dem fünften Run und mit wunderschöner Macassar-Decke vor.

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Die Runs

Um die Gitarren einem größeren Publikum zugänglich zu machen, wurde die Produktion der Serieninstrumente zu World Musical Instruments in Korea ausgelagert. Anders als andere Hersteller, hat Ormsby allerdings keine festen Serien, sondern lässt immer in Chargen (engl.: „Batches“ oder eben „Runs“) bauen. Die Specs des jeweiligen Runs werden zuvor in einer Facebook-Gruppe besprochen und veröffentlicht. Somit haben die User die Möglichkeit, ihre Meinung zur Auswahl von Hölzern, Finishes, Pickups etc. kundzutun.

Natürlich gibt es grundlegende Modelle, wie die vorliegende Hype GTR, das Singlecut-Modell namens TX GTR oder das Headless Modell namens Goliath GTR. Alle Gitarren sind sehr modern ausgelegt und bieten oftmals Fanned-Frets, amerikanische Hardware, Edelstahlbünde etc. zu einem – die Serienproduktion macht es möglich – bezahlbaren Preis. Als besonderes Schmankerl wirbt Ormsby damit, dass alle Gitarren vor dem Versand in Australien geprüft und eingestellt werden.

Wurden die Specs für einen Run entschieden, so kann man die Wunschgitarre vorbestellen. Vom Moment der Vorbestellung bis zur tatsächlichen Lieferung kann aktuell auch mal über ein Jahr ins Land gehen. Da mittlerweile aber auch Händler mit den Gitarren versorgt werden, kann man auch ganz entspannt im Laden antesten und direkt kaufen.

Hardware und Verarbeitung

Sicher verpackt im ordentlichen Case kommt die Gitarre bei mir an. Der erste Gedanke nach dem Öffnen des Cases? „Wow!“ Ormsby lässt sich weder optisch noch technisch lumpen. Die vorliegende Hype GTR stammt aus der „Exotic“ Serie des fünften Runs und wird geziert durch eine traumhafte Makassar-Ebenholz-Decke. Doch der Reihe nach:

Unter der Decke versteckt sich ein zweiteiliger Korpus aus Sumpfesche. Die klarlackierten Zargen und die Rückseite lassen den Blick auf das Holz frei und so wirkt das gesamte Instrument sehr „organisch“.

Durch die Hipshot Hardware bleibt die Ormsby stimmstabil. Dank der wunderschönen Makassardecke macht sie auch optisch einiges her. (Bild: Dieter Stork)

Die Pickups wurden von Ormsby designt und in Korea gewickelt. In der Bridge-Position finden wir den Nunchuker A8, am Hals einen De La Creme A2. Die Brücke hingegen ist ein alter Bekannter von Hipshot und fügt sich mit ihrem Minimalismus perfekt ein. Der Hals besteht aus drei Teilen Ahorn und zwei Teilen Wenge und wurde perfekt in den Korpus eingeleimt.

Auf ihm findet sich ein Ebenholzgriffbrett mit 24 Jumbo-Bünden aus Edelstahl. Diese sind aufgefächert, als „Fanned Fret“ oder eben „Multiscale“. Während die meisten Seriengitarren hier zwischen 0,5″ und 1,5″ Unterschied zwischen tiefer und hoher E-Saite aufweisen, sind es bei Ormsby ganze 2″. So ergibt sich eine Mensur von 25,5″ – 27,5″. Als neutraler Bund (welcher so steht wie man das gewohnt ist) wurde der neunte Bund gewählt. Auf der Kopfplatte finden sich sechs akkurat eingepasste Hipshot Locking Tuner mit Ormsby-Schriftzug. Optisch passend, schließt das Griffbrett mit dem Sattel ab und steht nicht über, wie es heutzutage manchmal (z. B. bei Ibanez) vorkommt.

Die Ahorn/Wenige Kombination des Halses sieht nicht nur gut aus, sondern sorgt auch für die nötige Stabilität. (Bild: Dieter Stork)

Bei einer Korea-Gitarre für knapp unter € 2000 hört man aktuell natürlich noch immer die Frage: „Lohnt sich das? Sollte man für den Preis nicht lieber ein Instrument aus Amerika/Japan/… kaufen?“. Je öfter ich Instrumente aus Korea, insbesondere von World Musical Instruments, in der Hand halte, desto mehr denke ich, dass sich diese Art zu denken bald überholt haben wird. Und auch die HypeGTR bestätigt, dass die Koreaner sehr genau wissen, was sie tun.

An der Gitarre ist kein Mangel zu finden. Die verwendeten Hölzer sind optisch sehr ansprechend, perfekt eingepasst und auch die Bindings hätte man kaum besser hinbekommen können. Die Bünde sind angenehm verrundet und selbst die Pickup-Fräsungen sind technisch und optisch fehlerfrei. Spätestens beim Öffnen des E-Fachs zeigt sich die akkurate Arbeit:

Die Fräsungen sind so passgenau, dass man die Plastik-Auflagen gar nicht so einfach von der Gitarre bekommt. Unter der Haube wurde das Fach gut mit Abschirmlack ausgepinselt und bietet Platz für den 3-Wege-Toggle, einmal Volume und einmal Tone.

In der hand …

Die Ormsby ist mit etwas über 3 kg sogar einen Tick leichter als sie optisch wirkt und liegt wunderbar in der Hand. Das Halsprofil lässt sich als flaches D beschreiben und gibt einem genug Material in die Hand. Die Rückseite ist hierbei relativ flach, sodass sich eine angenehme Position für die Hand ergibt.

Ob es nun an der generell guten Verarbeitung oder der australischen Qualitätskontrolle liegt, lässt sich nur vermuten, aber die Hype ist nahezu perfekt eingestellt. Die Saiten liegen schön tief, ohne jede Tendenz zum Schnarren und lassen sich auf Wunsch sogar noch auf absolutes Shredding-Niveau bringen.

Die Shapings auf Vorder- und Rückseite dienen vermutlich eher optischen, als ergonomischen Zwecken. Es ist natürlich nett, nicht die harte 90°-Kante manch anderer Instrumente geboten zu bekommen, aber von der wirklichen Komfort-Verbesserung der Kontur einer Stratocaster oder anderen Instrumenten ist man hier noch ein Stück entfernt. Macht aber nichts und sieht vor allem sehr cool aus. Insbesondere, dass der hintere Gurtpin mit der Kontur endet und die Output-Buchse in die Mitte gewandert ist, bringt etwas Abwechslung in den Gitarrenalltag und gibt der Ormsby wiederum eine persönliche Note.

Sowohl ihm Sitzen, als auch im Stehen, zeigt sich die Gitarre als sehr angenehm zu spielen. Am Gurt zieht die Kopfplatte etwas gen Süden, aber selbst mit einfachsten Gurten ist das gut zu handhaben. Durch das große Fanning stehen die tiefen Bünde schon ziemlich schräg, was unter anderem dazu führt, dass mein Zeigefinger beim Spielen der tiefen Saiten im ersten Bund gerne mal den Sattel berührt. Ob das bei dir auch auftritt und wie sehr es stört, solltest du dringend testen. Persönlich wäre mir dementsprechend ein neutraler Bund in den tieferen Lagen lieber gewesen. An die hohen Bünde kommt man dank des Super-Strat-Cutaways angenehm heran. Hier ist es weniger kritisch, wie weit das Fanning der tiefen Saiten ausfällt.

Akustisch gespielt, zeigt sich ein sehr homogenes Klangbild mit ordentlichem Sustain. Die Bässe sind ein wenig zurückhaltend, was gut ins Konzept passen dürfte. Durch die längere Mensur und den entsprechenden Zug, wirken auch die tiefen Saiten sehr twangy und direkt. Akustisch liefert Ormsby also eine hervorragende Grundlage, die es nun an den Amp zu bringen gilt.

(Bild: Dieter Stork)

… und am Amp

Hören wir zunächst kurz in die Clean-Abteilung: Hier klingt der De La Creme Hals-Humbucker etwas verschnupft und mumpfig. Während das bei Akkorden noch gut funktionieren kann, ist es mir bei Singlenote-Licks etwas zu leblos. Abhilfe schafft hier die Mittelstellung der Pickups. Hier greift der Steg-Humbucker nur unwesentlich ins Geschehen ein, liefert aber die nötige Portion Höhen und Biss. So hat man auch clean einen gut funktionierenden Sound für sanftere Passagen. Der Nunchucker Bridge Pickup alleine gibt sich sehr bissig und giftig. Clean wohl eher für Zwischenparts bei härteren Songs – da aber sehr cool als Kontrast zu brauchen.

Ganz anders sieht die Sache schon aus, wenn auch nur ein leichter Crunch ins Spiel kommt. Gibt der Amp hierdurch den Biss hinzu, funktioniert der Hals-Pickup wunderbar und liefert fette, präsente Sounds, ohne im Bass zu mumpfen. Der Steg bleibt hier tendenziell schneidend und durchsetzungsfähig. Ein Sound, auf dem Effekte besonders gut funktionieren, wenn man trotzdem noch im Mix durchkommen möchte.

Kommen wir zur Paradedisziplin der Ormsby und vermutlich auch dem Segment, in dem sie von den meisten Playern genutzt wird: High Gain. Egal in welcher Pickup Position man sich befindet, man merkt, dass die Gitarre genau für diesen Zweck gebaut wurde. Der De La Creme am Hals sorgt jetzt durch seine von Haus aus etwas zurückgenommenen Höhen dafür, dass Lead-Lines nicht schrill werden, sondern sich fast schon sanft und fließend in den Gesamtkontext einfügen. Auch hier funktioniert es super, den Steg hinzuzuschalten und etwas mehr Präsenz ins Signal zu zaubern. In dieser Stellung klingt die Ormsby eher so wie die meisten Gitarren am Hals.

Klares Highlight ist aber der Nunchucker am Steg. Ich behaupte einfach mal, auch nur mit diesem Pickup würde die Hype viele Freunde finden. Die Kombination aus den verwendeten Materialien, der Multiscale-Bauweise und diesem zunächst erst mal eher bassarmen Pickup ohne übermäßigen Output sorgt dafür, dass einen die Noten geradezu anspringen. Beschreibungen wie „verwaschen“, „wenig durchsetzungsfähig“ oder Ähnliches wird man in diesem Zusammenhang wohl nie zu hören bekommen. Ich habe selten eine Gitarre erlebt, die so eine exzellente Notentrennung und Klarheit hat. Es ist fast egal, wie viel Gain man dazugibt, man kann immer die einzelnen Töne des Akkords hören.

Sucht man einen durchsetzungsfähigen, transparenten, aggressiven Sound, der durch alles schneidet, was ihm so vorgesetzt wird, so kann man die Ormsby bedenkenlos allein schon für dieses eine Feature kaufen.

Alternativen

Konkurrenten auszumachen, fällt gar nicht so leicht. Klar, es gibt mittlerweile diverse Custom Shops, die auf genau diese Art von Gitarren spezialisiert sind, allerdings landet man dann auch in anderen Preisklassen. Muss man nicht genau dieses Fanning haben, so bietet Ibanez mit der RGDIM6FM-CLF eine Multiscale-Alternative die für knapp die Hälfte des Preises (ca. € 850) sogar mit Fishman Fluence-Pickups daherkommt. Der Großteil der Konkurrenz widmet sich dem Thema Fanned-Fret erst ab sieben Saiten.

Resümee

Ormsby etabliert sich zusehends am Markt. Und das aus gutem Grund. Die Gitarren sind zwar nicht günstig, bieten aber tolle, durchdachte Features, sind tadellos verarbeitet und klingen auch so.

Klar, wenn der cleane Funk-Sound dein Zuhause ist, solltest du dich vielleicht woanders umschauen; bist du aber mit Herz und Seele dem High-Gain verschrieben, gibt es aktuell fast keine Konkurrenz mit diesen Specs. Der Bridge-Pickup setzt sich so unglaublich gut durch, dass es fast schon unverschämt ist. Durch die Fanned-Fret Bauweise kann es bei Noten im ersten Bund dazu kommen, dass der Sattel etwas im Weg ist. Abgesehen davon spielt die Konstruktion hier all ihre Vorteile aus und sorgt sowohl spielerisch als auch klanglich für Höchstleistungen.

Auch wenn einem die knapp € 1800 für ein koreanisches Instrument zunächst viel vorkommen, bietet Ormsby hier doch einzigartige Features und eine makellose Qualitätskontrolle, gepaart mit tollem Sound. Da ist es dann auch egal wo die Gitarre herkommt, oder? In diesem Sinne: Do believe the Hype GTR.

PLUS

  • Verarbeitung
  • Materialien
  • Bridge Humbucker
  • Gain-Sounds
  • Durchsetzungsfähigkeit

MINUS

  • Clean-Sounds des Neck-Pickups etwas langweilig
  • Sattel kann im ersten Bund im Weg sein

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2019)

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