Gourmet-Zerre

Test: Origin Effects DCX Boost Tone Shaper & Drive

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(Bild: Dieter Stork)

Inspiriert vom legendären Universal Audio 610 Studio Mikrofon-Röhren-Preamp entwickelte die britische Firma Origin Effects den für E-Gitarre abgestimmten DCX Boost, der als Clean Booster, Aktiv-Klangreglung und Overdrive-Pedal eingesetzt werden kann, und bei extremen Settings sogar Fuzz-ähnliche Klänge erzeugt.

Exakt ein Pfund bringt die handgebaute, super-robuste Stompbox auf die Waage. Da erscheint es beinahe paradox, dass der Hersteller das Pedal penibel verpackt in Karton, Schaumstoffflocken und stabilem Umkarton verschickt hat, allseitig versehen mit „Fragile“-Aufklebern. Nun ja, sicher ist sicher. Das matt geschliffene Gehäuse, aus zwei gebogenen 1,5 mm Edelstahlblechen verschraubt und oben drauf zusätzlich mit einem beschrifteten Alublech versehen, beeindruckt schonmal vorab.

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Unten drunter vier rutschhemmende Gummipads, stirnseitig zwei Klinkenbuchsen und der DC9V-Netzteilanschluss, auf dem Bedienfeld verschraubte massive Aluknöpfe, zwei kleine Kippschalter, eine leuchtstarke rote Status-LED und ein hochwertiger geräuschloser Fußtaster mit komfortablem Druckwiderstand. Drinnen zwei übereinander angeordnete, sorgfältig montierte Platinen und ausnahmslos High-End-Komponenten. Kurz, Verarbeitung auf höchstem Niveau.

Wie bereits den Origin-Effects-Pedalen Halcyon und M-EQ Driver hat der Hersteller auch dem DCX Boost die bewährte Adaptive Circuitry implementiert, die ausschließlich im EQ-Mode aktiv ist und sowohl die dynamische als auch klangliche Reaktion auf die Arbeit mit dem Gitarren-Volume und die Anschlagsintensität erhöht. Die Bedienfläche bietet die Regler Level (Output), Drive (Zerrintensität), L.F. (Low Frequency) und H.F. (High Frequency) sowie die Schalter Mode und Voice.

(Bild: Dieter Stork)

REINHÖREN

Die aktiven Cut/Boost-Klangregler bleiben in der 12-Uhr-Position neutral, zeigen also in diesem Fall keine Wirkung. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Potis in Mittelstellung leicht einrasten. Geschützt durch die Reglerknöpfe finden wir mittig die Schalter Mode (EQ/OD) und Voice (Dark/Flat/Medium).

Der EQ-Mode ermöglicht niedrigere Gain-Settings und verfügt über die besagte adaptive Schaltung. Hier bietet Drive ein Spektrum von cleanem Boost bis zu Crunch-OD, dessen harmonisch warmer Zerrcharakter an den eines gesättigten UA 610 Röhren-Preamps angelehnt ist. Je höher die Drive-Einstellung, umso intensiver reagiert die adaptive Schaltung auf das Volume-Poti der Gitarre und die Anschlagsintensität, die Klang und Verzerrungsgrad maßgeblich beeinflussen.

Im EQ-Mode zeigt der Voice-Schalter, der die drei Treble Roll-Off Levels Flat, Medium oder Dark aktiviert, bei leichtem Saitenanschlag zunächst eher subtile Wirkung, die jedoch mit zunehmender Attack intensiver wird. Auf diese Weise lassen sich weiche Übergänge von brillanten Clean- bis zu warmen Overdrive-Sounds allein mit Hilfe der Spieldynamik und/oder des Volume-Potis erzielen. By the way: Als Treble-Roll-Off bezeichnet man Höhenverluste, die bei Pegelabsenkung – hier am Gitarren-Poti – bzw. sanfterem Saitenanschlag entstehen.

Der Voice-Schalter liefert im EQ-Betrieb eher subtile Ergebnisse, nimmt indes im OD-Mode deutlicheren Einfluss auf das Klangbild. Die Position Flat gibt sich dabei neutral und zeigt geschmackvoll abgestimmte Höhen und transparente, durchsetzungsstarke Overdrive-Sounds. Medium senkt die Höhen leicht ab und unterstützt die Mitten, während Dark durch eine starke Höhenabsenkung warme, singende Zerrsounds bereithält. Bei Bedarf können für Feinabstimmungen die wirkungsvoll agierenden Klangregler hinzugezogen werden, die dank geschmackvoller und praxisorientierter Abstimmung diese Aufgabe vorzüglich erledigen.

Das Drive-Poti startet mit leichter Röhrensättigung bzw. erstem Anzerren und steigert die Zerrintensität völlig kontinuierlich bis zu Classic-Rock-Lead. Insgesamt erzeugt der DCX Boost wunderbar homogene, sahnige, vor allem aber natürliche und sehr dynamisch reagierende Verzerrungen mit Röhrencharakter und beeindruckendem Durchsetzungsvermögen. Dreht man Drive, L.F. und H.F. voll auf und bringt Voice in die Dark-Position, sind sogar Fuzzähnliche Klänge zu vernehmen, die an den voll ausgesteuerten Eingang eines alten Recording-Pultes erinnern und sich durch dezente Kompression, präzise Attack, lebendige Transparenz und Definition auszeichnen.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Qualitativ knüpft das DCX Boost nahtlos an die bereits von uns ausgiebig vorgestellten Halcyon und M-EQ Driver an. Klanglich vom legendären UA 610 Studio-Röhren-Preamp inspiriert, hat Origin Effects dem Pedal vielfältige Möglichkeiten der Sound- und Overdrive-Gestaltung spendiert.

So kann es als neutraler Clean Booster, als Low- und High-Gain-Verzerrer mit Röhrencharakteristik, als aktive 2-Band-Klangreglung und bei hohen Reglerstellungen sogar als Fuzz-Alternative eingesetzt werden, allesamt nebengeräuscharm, mit erstklassigen inspirierenden Ergebnissen, exzellenter Dynamik und hohem Durchsetzungsvermögen. Eine echte Empfehlung für Sound-Gourmets.

PLUS

● authentische Röhrenverzerrung
● Ansprache & Dynamik
● adaptive Schaltung
● High-End-Komponenten
● extrem nebengeräuscharm
● Bedienung
● Verarbeitung
● Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2024)

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