Zwischen Silberglanz und Selbstzerstörung

Test: Origin Effects DCX Bass

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(Bild: Dieter Stork)

In Zeiten fortschreitender Digitalisierung und immer sauberer werdenden Signalketten wünschen sich viele den gewissen analogen Charme, die kontrollierbaren Unvollkommenheiten des Signals zurück. Diesem Wunsch kommt Origin Effects mit dem DCX Preamp in gewohnt hoher Qualität nach.

Inspiriert vom legendären UA610 Studio Preamp bietet die Effektschmiede aus UK zwei auf den Namen DCX getaufte Pedale an, eins für Gitarre und ein auf den Einsatz am Bass optimiertes. Letztgenanntes liegt nun bei mir auf dem Tisch. Dabei soll das Pedal ausdrücklich nicht nur als EQ oder dezenter Sättigungseffekt funktionieren, sondern auch als ausgewachsener Verzerrer.

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ÜBERSICHT

Beim UA610 handelt es sich eigentlich um einen Röhren-Preamp mit trafosymmetriertem Eingang. Im DCX finden sich weder Trafo noch Röhre, der Signalweg ist vollständig in Halbleitertechnik aufgebaut. Inwiefern die Schaltung generell vom 610 abweicht, vermag ich nicht zu sagen. Mangels originalem 610 kann ich auch keinen Direktvergleich anstellen, daher werde ich den DCX ohne große Voreingenommenheit testen.

Bisher ist mir nicht ein Gerät aus dem Hause Origin Effects untergekommen, das nicht mindestens das Prädikat „sehr gut“ verdient hätte. Trotzdem will ich versuchen, vorweg keine allzu starke Erwartungshaltung aufzubauen. Wie gewohnt glänzt das Gerät mit tadelloser Verarbeitung und zeitlosem Design. Leider auch mit einem gewohnt hohen Gewicht. Etwa 500g bringt die kleine Kiste aufgrund ihres Gehäuses aus Edelstahl auf die Waage. Natürlich macht es haptisch so gut was her, auf dem Pedalboard läppert sich sowas dann aber irgendwann …

Dafür überzeugen die Bedienelemente mit angenehmem Widerstand beim Drehen und deutlichem Einrasten beim Umlegen der Schalter. Der Fußtaster für den Bypass ist ziemlich schwergängig, aber lautlos. Die Chance, das Pedal so aus Versehen zu (de-) aktivieren, sinkt damit deutlich im Vergleich zu herkömmlichen Tastern. Übrigens: Der Bypass bei diesem Gerät ist nicht als mechanischer „True Bypass“ ausgeführt, stattdessen sorgt eine hochwertige Bufferschaltung in Verbindung mit Halbleiterrelais für 100% verlust- sowie knackfreies Umschalten.

Mechanisch bzw. haptisch ist somit alles im grünen Bereich und ich kann noch ein wenig auf eine Besonderheit des Pedals eingehen. Während die Beschriftungen der Bedienelemente recht eindeutig sind, verbirgt sich hinter dem Poti für die hohen Frequenzen eine clevere Zusatzfunktion. Wobei das Poti selbst eigentlich gar nichts damit zu tun hat.

Konkret geht es darum, dass die Schaltung im EQ-Modus adaptiv auf den Signalpegel reagiert. Im Prinzip funktioniert das Höhenband wie ein dynamischer EQ, bei dem die Höhen mit steigendem Pegel etwas abgesenkt werden. In der Theorie soll das für glasklare Low-Gain-Sounds sowie weniger harsche angezerrte Sounds sorgen.

VEREDLER

In der Praxis fallen mir zuerst die wirklich massiven Lautstärke- und Gain-Reserven auf. Wirklich clean ist der Sound allerdings nur im ersten Drittel des Regelwegs des Gain-Potis, darüber hinaus stellt sich eine immer stärkere Sättigung bzw. sogar Verzerrung ein. Und das im EQ-Modus! Rauschen ist hier kein Thema, erst bei wirklich hohem Gain macht sich eine leichte Rauschfahne bemerkbar. In der Praxis absolut unproblematisch.

Clean eingestellt wird die Aufgabe als simpler 2-Band-EQ anstandslos erfüllt, wobei sich das dynamische Höhenband sogar ohne Verzerrung bereits als gewinnbringend erweist. Eher seicht gespielte Akkorde und Melodien können so mit einem Höhenboost nach vorn gebracht werden, während z.B. Slapping, das bei gleicher Einstellung zu aufdringlich wäre, etwas gezähmt wird. Natürlich wäre es etwas schade, ein Gerät, das extra für seine Qualitäten als Verzerrer entwickelt worden ist, nur clean zu betreiben.

Auch im EQ-Modus lassen sich dem Pedal mit steigendem Gain Sättigungseffekte entlocken, die wunderbar dynamisch eingesetzt werden können und tatsächlich an heißer angefahrene Studio-Preamps bzw. Pulte erinnern. Aufgrund des weiten Dynamikbereichs ist der „edge of breakup“-Bereich recht weit, das ist der Bereich, in dem die Verzerrung erst bei stärkerem Anschlag hörbar einsetzt.

Über den „Voice“-Schalter können zwei unterschiedlich starke Höhenabsenkungen hinzugeschaltet werden, das ist insbesondere bei Treblestarken Wiedergabeketten recht angenehm. Aufgrund des praxisnahen Regelbereichs der Klangregelung ist es fast unmöglich, dem DCX „schlechte“ Sounds zu entlocken. Allerdings sind daher auch keine wirklich extremen Klänge möglich. Dub-artige oder komplett bassfreie Klänge gehören nicht zum Repertoire.

Es geht bei diesem Preamp wirklich darum, dem Instrumentensignal das gewisse Extra zu verleihen und nicht um extremes Verbiegen des Frequenzgangs, dazu greift man besser zu einem „richtigen“ EQ- oder Filter-Pedal.

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(Bild: Dieter Stork)

OVERDRIVE

Im Overdrive-Modus ist der Dynamic-EQ abgeschaltet und die Absenkung der Höhen stattdessen permanent aktiviert. Andernfalls wäre der Sound wohl etwas zu harsch, was aber nicht heißen soll, dass der Grund-Sound jetzt dumpf wäre. Im Gegenteil, im unteren Gain-Bereich präsentiert sich der DCX als präsenter, aufgeräumter Overdrive, der mir insbesondere mit Plektrum viel Spaß macht. Selbst im Bassbereich liefert das Pedal angenehm viel Druck, ohne zu matschen und ich erwische mich immer wieder dabei, Riffs und Licks von Tool zu spielen.

Mit steigendem Gain wird der Charakter zunehmend fuzziger, was – je nach Position des Voicing-Schalters sowie des Höhenreglers – in Klängen zwischen vintage anmutenden, nasalen Fuzzes oder einem rohen Brett à la Black Map bzw. Stoner Metal/Rock resultiert. An Lautstärkereserven mangelt es auch im Overdrive -Modus nicht. Wer möchte, kann so ziemlich jedes Verstärker-Frontend mit dem DCX in die Knie zwingen, zum Guten wie zum Schlechten.

Einerseits lassen sich gerade Röhrenverstärkern so noch mehr Sounds entlocken, andererseits ist der Regelbereich zwischen „zu leise“ und „knapp über Unity-Gain“ relativ klein, was beim Einpegeln von Transistorvorstufen manchmal etwas Fingerspitzengefühl erfordert. Wer den DCX als Veredler in der Signalkette nutzt, wird das Gerät aber wohl eh nicht ausschalten wollen, wodurch Lautstärkeunterschiede zwischen Bypass und Effektsignal nicht so ins Gewicht fallen.

RESÜMEE

Es gibt einige Booster/Overdrive-Pedal, die in der Basswelt gern als Klangveredler genutzt werden. Xotic RC Booster, Rodenberg 707B, JPTRFX Jive, BB Bass Preamp, EBS Multicomp (im Tubesim-Modus), Solidgold Beta und die Liste ist noch viel länger. Sie alle haben ihre Daseinsberechtigung und bieten unterschiedliche Charaktere und Geschmäcker an Sättigung.

Auffällig ist der DCX in meinen Ohren mit einerseits der großen Bandbreite an Sounds, aber vor allem mit einem prägnanten Obertoncharakter, wie ich ihn mit Studioequipment assoziiere. Viele Pedale neigen zu sehr abrupten Übergängen zwischen Clean und Verzerrt oder sie weisen eine derart weiche Sättigung auf, dass sie dem Ton die Artikulation und Direktheit nehmen. Mit dem DCX ist Origin in dieser Hinsicht ein großartiger Spagat gelungen.

Für die derzeit aufgerufenen € 279 erhält man mit dem DCX Bass Tone Shaper einen erstklassigen Preamp im Pedalformat, der sich hinter großen Rackgeräten nicht zu verstecken braucht. Dank zweier Betriebsmodi ist das Pedal flexibel einsetzbar und deckt die Bandbreite zwischen „unauffälliger Klangveredlung“ und „roher Entstellung“ des Signals ab. Eine effektiv umgesetzte Klangregelung sorgt dabei für eine Klangvielfalt von Metal bis James Jamerson Tribute.

Dass Origin Effects nach wie vor in UK fertigen, und das mit höchster Qualität sowie Detailverliebtheit, spricht mich persönlich sehr an. Den für einen „nur“ Overdrive recht hohen Preis empfinde ich daher durchaus als gerechtfertigt und kann das Pedal guten Gewissens weiterempfehlen.

PLUS

● Funktionen (Höhenregler)
● Sound
● Verarbeitung
● Haptik

MINUS

● Level-Poti teilweise feinfühlig

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2023)

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