James, die Bass-Anlage bitte!

Test: Orange The Bass Butler

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Früher war alles ganz einfach: Auch als Bassist war man Rockstar und hatte Roadies, die wahre Gebirge von Bassanlagen vom Sattelschlepper auf die Bühne wuppten. Da war es dann ein Leichtes, den alten Studiotrick umzusetzen, bei dem ein Gitarrenverstärker mitlief, und neben den fetten Bassboxen für knallige Höhen und/oder ordentliche Zerre sorgte. Und heutzutage? Wie wäre es denn statt Roadie mit einem Butler? Lassen wir uns von James einen Earl Grey reichen und lauschen den zarten Klängen des neuesten Orange-Pedals.

Zu verdanken haben wir das Pedal Morgan Nicholls, Live-Keyboarder für Muse, wo er aber auch schon Chris Wolstenholme am Bass vertreten hat, als der sich 2004 das Handgelenk gebrochen hatte. 2012 stand er, zur Abschlussfeier der Olympischen Spiele, ebenfalls als Bassist mit The Who auf der Bühne. Mit Adrian Emsley von Orange zerbrach er sich den Kopf darüber, wie man den massiven Ton ohne Materialschlacht hinbekommen könnte.

Anzeige

ES IST ANGERICHTET

Der Orange Bass Butler firmiert als „Bi-Amp Bass Pre“. Im Gegensatz zum Bi-Amping der 80er, wo der Basston in zwei Frequenzbereiche aufgeteilt und, für einen noch saubereren Ton, an spezialisierte Boxen für Bässe und Höhen weitergegeben wurde, sind hier zwei parallel laufende Verstärker gemeint, die in der Summe alles andere als klar klingen können und dürfen.

Zentraler Klanggeber ist die untere Reihe mit den vier etwas größeren Reglern. Hier wird der saubere Grundsound eingestellt. Versehen mit den Orange-typischen Piktogrammen, ist hier die Lautstärke einzustellen, Höhen, Bässe und ein optischer Kompressor, der mit einer LED und einem lichtempfindlichen Widerstand arbeitet und für seine warme und transparente Arbeitsweise beliebt ist. Dieser Kanal ist immer an.

Die Reihe darüber, die Gitarren-Sektion, ist mit dem Fußschalter zuschaltbar. Hier finden sich Gain, Master, Bass, Mitten und Höhen. Auffällig ist, dass der Blend-Regler, sonst ein zentrales Feature der mittlerweile doch recht häufig anzutreffenden Bassverzerrer, fehlt.

Der Bass Butler ist anders konzipiert, wie sich an den Anschlüssen an der Stirnseite des super soliden Metallgehäuses ablesen lässt. Neben einem Eingang gibt es nämlich gleich zwei Ausgänge mit XLR-Buchsen, einen für jeden Kanal. Diese sind mit jeweils passender Boxensimulation versehen, um beste Ergebnisse direkt ans Pult zu liefern. Per Klinke geht es ohne Cabsim an eine Bass-Anlage, das Mischungsverhältnis der Kanäle ergibt sich über Lautstärke- bzw. Master-Regler.

Ein weiterer Anschluss steht für ein Expression-Pedal bereit, und die Netzteilbuchse für den mitgelieferten 18V-Adapter darf auch nicht fehlen. Last but not least gibt es noch einen Groundlift-Schalter, der Brummschleifen auflösen kann.

(Bild: Dieter Stork)

MAN REICHE MIR DAS INSTRUMENT

Schließen wir das Pedal doch erst mal an die Bass-Anlage an. Ich habe mir beim Basskanal ja Sorgen gemacht, weil kein Mittenregler vorhanden ist. Das legt sich aber schnell, die kommen gut durch, flankiert von satten Bässen, bei deren Anhebung man etwas Vorsicht walten lassen sollte, und sehr flexibel regelbaren Höhen. Das geht von schön strahlend bis angenehm abgerundet. Trotz 18 dB in jede Richtung links und rechts der nicht einrastenden Mittelstellung, ist hier der ganze Regelweg nutzbar.

Auch der Kompressor gefällt mir ausnehmend gut. Obwohl der Optokoppler nur ein winziges Bauteil auf der ansonsten das Gehäuse ausfüllenden Platine ist, macht er großen Ton. Seine Aktivität zeigt die LED über dem Fußschalter mit rotem Flackern an, wobei der Klang schon hörbar dichter und fetter wird, bevor die LED anspringt.

Mit einem Tritt auf den Schalter wechselt die LED zu grün (wobei die Arbeit des Kompressors weiter zu sehen ist), und der Gitarrenkanal wird zugeschaltet. Um diesen solo zu hören, drehe ich den Basskanal komplett raus und stelle fest: Bass über einen Gitarren-Amp geht selten gut …

Das tiefe Fundament fehlt, selbst der Bassregler setzt recht hoch an und kann das nicht ausbügeln, die Mitten sitzen schon im Präsenz-Bereich und die Höhen noch darüber. Mit dem Gain-Regler kann der Kanal nun zwischen Clean und fetziger Distortion eingestellt werden, der Master gibt die Ausgangslautstärke vor.

Einen Blumenpott kann man nur mit diesem Kanal nicht gewinnen – was mit einer Gitarre schon wieder ganz anders aussieht, aber dafür ist das Pedal ja nicht gedacht. Das Aha-Erlebnis stellt sich mit aufgedrehtem Basskanal ein. Jetzt geht der Spaß nämlich erst richtig los.

Auf einen eher weich eingestellten Bass kann man oben aggressive, aber cleane Höhen setzen, oder einem perlend-sauberen Sound leicht angezerrtes Knurren in den Mitten verpassen, alles abhängig von den Klangreglern und der Lautstärkeeinstellung zueinander. Der Treble-Regler des Gitarrenkanals hat fast etwas Exciter-haftes und produziert Höhen selbst da noch, wo der Bass an sich schon mit zugedrehter Tonblende eher dumpf in den Butler geht.

Gain-mäßig darf ruhig der gesamte Bereich genutzt werden, der Basskanal kann immer ein sauberes Fundament legen. Matschig wird es schon deshalb nicht, weil der Zerrkanal (wie beschrieben) gar nicht in den Keller runtergeht, während in den höheren Klangbereichen fröhlich gebastelt werden darf. Am Mischpult oder Recording-Interface potenzieren sich die Möglichkeiten noch. Die Boxensimulationen runden den Zerr-Sound angenehm ab und geben dem Basskanal schönen Druck, jetzt können die beiden Kanäle extern aneinander angepasst und feingestimmt werden.

Was mich an diesem Pedal wirklich begeistert, ist, wie problemlos und organisch sich die beiden „Verstärker“ mischen. Überstrapaziertes Wort, ich weiß, aber ich denke jeder, der sich mit Bass-Verzerrern auseinandersetzt, von denen es mittlerweile ja etliche gibt, kennt das Problem: Trotz Blend-Regler für die stufenlose Mischung von Clean-Signal und Zerre, stehen die beiden Sounds irgendwie nebeneinander. Das passiert hier nicht.

Der Praxiswert wird noch enorm dadurch gesteigert, dass in einem weiten Bereich das Zuschalten des Dirt-Kanals zwar den Sound ändert, der Ausgangspegel aber praktisch gleich bleibt, solange man den Kanal nicht wahnsinnig aufreißt. Phänomenal!

Eine Buchse habe ich bis jetzt dezent ignoriert, dabei macht sie richtig Laune. Mit einem Expression-Pedal kann das Gain des „Gitarren-Amps“ ferngesteuert werden. Der Schweller fungiert als Gaspedal, das, abgeregelt vom Poti am Bass Butler, den maximalen Zerrgrad vorgibt. Hat das Expression-Pedal einen Regler fürs Minimum-Volume, kann noch der minimale Zerrgrad fein voreingestellt werden.

Je nach EQ der beiden Kanäle, kann man damit Wah- und Filter-ähnliche Effekte erzielen, vor allem kann aber der zweite Kanal sehr präzise fernbedient werden, was den Spaß jenseits des einfachen An/Aus-Tretens noch potenziert.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Ich bin begeistert! Schon der reine Basston des Immer-An-Kanals ist einfach klasse. Aber natürlich liegt der eigentliche Sinn und Zweck des Pedals in der konsequent zweikanaligen Auslegung als Bi-Amp Bass-Pre. Egal ob clean oder deftig verzerrt dazu gegeben wird – außer bei extremen Einstellungen klingt das organisch und tatsächlich so, als hätte man ein Verstärker-Massiv im Betrieb, ohne dergleichen schleppen zu müssen.

Richtig klein ist der Bass Butler nicht, und auch nicht billig, aber seinen Preis als originelles und solides Pedal Made in UK absolut wert und immer noch klein genug, um seinen Platz zum Recording auf dem Schreibtisch einzunehmen. Macht das mal mit einer fetten Bass-Anlage und dazu parallel einem ordentlichen Röhren-Combo für Gitarre … absoluter Antest-Tipp!

PLUS

● Konzept
● Sounds!
● Ausstattung
● solide Bauweise

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2020)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.