(Bild: Dieter Stork)
Upgrade aus dem Hause Neunaber: Bei unserem Test-Trio handelt es sich um durchdachte Weiterentwicklungen bestehender Konzepte. Die Hall- und Delay-Pedale wurden dabei mit zusätzlichen Sound- und Bedien-Optionen ausgestattet, die sich dank eines cleveren Konzepts schnell und leicht erkunden lassen. Und das alles bei gleichbleibend kompakten Abmessungen.
Bekannt für technisch hochwertige Digital-Effekte, hat die Company aus Orange, Kalifornien, den drei Probanden ein paar feine Neuerungen spendiert. Neben einer nun einheitlichen Gehäusefarbe fallen zunächst die auf die Stirnseite gewanderten Anschlüsse auf, die bei knappem Platz auf dem Board für mehr Luft sorgen. Die drei Pedale sind mono gehalten und wurden im Vergleich zu einigen Vormodellen ausschließlich mit einem gebufferten Output versehen, das Originalsignal bleibt dabei jeweils analog. Neunaber vertritt die These, dass gebufferte Pedale am Anfang und am Ende der Effektkette das Audiosignal stabilisieren, und an diesem Ende stehen Hall und Delay ja normalerweise.
Wert legt man bei der Company auch auf die Tatsache, dass sich die drei Upgrades mit je 100mA Strom zufrieden geben und damit, anders als so manches Hi-End-Pedal, keinen besonders leistungsstarken Ausgang am Netzteil brauchen. Eine Versorgung per Batterie ist nicht möglich. Mit ihren leichten Alu-Gehäusen bleiben alle drei deutlich unterhalb der 200-GrammMarke. Hergestellt werden die Pedale in den USA.
Wie bei ihren Vorgängern werden die Parameter über drei Potis im MXR-Stil gesteuert, lediglich die Anordnung wurde etwas überarbeitet. Dadurch lassen sich die Pedale auf der ersten Ebene weiterhin intuitiv und klassisch bedienen, die zusätzlichen Beschriftungen weisen aber darauf hin, dass die Neuen noch einiges mehr zu bieten haben. Konzipiert wurden sie für den Stand-Alone-Betrieb, eine externe Steuerung per Pedal oder Taster ist nicht vorgesehen. Noch ein Wort zur Hardware: Sowohl die Fußschalter als auch die Potis machen einen sehr guten Eindruck und sorgen für angenehme und geräuschlose Bedienung.
WET REVERB V5
(Bild: Dieter Stork)
Als klassisches digitales Hallgerät präsentiert sich das Wet Reverb als das simpelste Konzept unseres Trios. Mittig oben sitzt der Mix-Regler, der den Effekt-Anteil steuert. Er ist so konzipiert, dass sowohl ein komplett effektfreies Signal (Linksanschlag) als auch lediglich der Effekt ohne Originalsignal (Rechtsanschlag) zu hören sein kann. Des Weiteren hat Neunaber die Mittelstellung zwischen Effekt- und Rohsignal auf die 15-Uhr-Position verlegt, wodurch der Regelmöglichweg bei einer Standard-Anwendung von dezentem bis mittelstarkem Effektanteil vergrößert wurde. Dieses Konzept gilt für alle hier vorgestellten Pedale.
Der Tone-Regler links steuert den Klang des Effektsignals von dunkel bis hell, „Depth“ regelt die Länge des Halls, also die Größe des virtuellen Raums. Zu diesen Möglichkeiten gesellt sich eine zweite Ebene, die wieder bei allen Pedalen gleich konzipiert wurde: Hält man den An/Aus-Schalter bei aktiviertem Effekt gedrückt, bekommen die beiden unteren Potis eine zweite Funktion. Der linke (Effect) wählt zwischen zwei Sound-Optionen, der rechte (Trails) schneidet auf Wunsch den Effekt ab, wenn das Gerät ausgeschaltet wird – oder lässt ihn eben ausklingen.
Um zwischen den Versionen zu wechseln, brauchen die Potis nur kurz in eine von zwei Richtungen bewegt werden. Beim Wet Reverb steht bei Linksdrehung der Sound der Vorgänger-Version zur Verfügung, anders herum wird der W3T-Algorithmus angewählt, den Neunaber seinem Immerse MK II Pedal entnommen hat. Entsprechend verändert sich die Farbe der Power-LED: Blau steht für die klassische Variante, grün für die aktualisierte.
Auch bei der Wahl der Effektfahne via Depth-Regler erstrahlt die LED, in diesem Fall nur während des Einstell-Vorgangs, in verschiedenen Farben. Bei Linksdrehung zeigt Magenta an, dass der Effekt im Bypass-Modus abgeschnitten wird. In die andere Richtung bewegt, leuchtet die Diode in Cyan und belegt, dass der Effekt ausklingt. Dieses zweite Farbenspiel ist bei all unseren Pedalen gleich.
SERAPHIM SHIMMER V2
(Bild: Dieter Stork)
Beim Seraphim kommt zum Hall nicht nur ein weiterer Effekt, sondern auch eine zusätzliche Bedienebene hinzu. Aber der Reihe nach. Zum Mix-Regler gesellt sich auch hier ein Depth-Poti. Der rechte Knopf mit der farblich abgesetzten „Shimmer“-Beschriftung regelt eben jenen Effekt, einen in der Tonhöhe veränderten Flächensound, hinzu – so dieser denn aktiviert ist.
Durch Gedrückthalten des Fußschalters kann man zwischen den Optionen „nur Hall“ oder „Hall mit Shimmer“ wechseln und diesen Ambientartigen Klang, der eine Oktave oberhalb des Originalsignals liegt, für spezielle Parts aktivieren und ansonsten „nur“ den Halleffekt nutzen. In diesem Fall ist der Shimmer-Regler inaktiv. Auch hier lässt sich via Effect wieder zwischen dem vom Vorgänger bekannten Sound oder der W3TVersion aus dem Immerse MK II wählen.
Insgesamt bietet das Seraphim also vier Grund-Optionen, die jeweils mit einer eigenen LED-Farbe angezeigt werden: nur Hall original (blau), Hall und Shimmer original (gelb), nur Hall W3T (grün) sowie Hall und Shimmer W3T (weiß). Es liefert für das gleiche Geld also mehr Optionen für Experimente und Soundlandschaften, die U2s The Edge in Zusammenarbeit mit dem Produzententeam Brian Eno und Daniel Lanois einst auf ‚The Unforgettable Fire‘ populär gemacht hat.
ECHELON ECHO V2
(Bild: Dieter Stork)
Die zweite Version von Neunabers Delay stellt neben „Mix“ zwei für diese Gattung typische Potis zur Verfügung: „Repeats“ kontrolliert die Anzahl der Wiederholungen, „Time“ regelt die Echo-Zeit von 50 Millisekunden bis zu einem maximalen Wert von einer Sekunde. Wie beim Seraphim gibt es auch hier weitere Möglichkeiten, in diesem Fall sind es zwei. Hält man den Fußschalter für eine Sekunde gedrückt, wechselt das Pedal in den Tap-Modus, der zunächst durch ein rotes Signal der LED und anschließend ein rhythmisches Blinken angezeigt wird. Hierbei lässt sich das Tempo per Fußtritt bestimmen.
Neben diesem verbreiteten Feature bringt der Modus auch die Option, die Notenwerte für die Delays zu verändern. Dabei wird der Time-Regler zum Div-Poti (steht für: Tap Divide), das zwischen den Optionen Triole, Achtel, punktierte Achtel und Viertel wählt. Will man diesen Modus wieder verlassen, muss man den Fußschalter erneut kurz gedrückt halten.
Zur Auswahl steht hier das aus der ersten Version bekannte Hi-Fi Tape Echo mit seiner Emulation der Bandsättigung und sanfter Modulation (LED gelb) sowie neu ein Lo-Fi Delay (LED weiß), das dem Sound eines alten Digital-Delays mit reduzierter Auflösung nachempfunden ist. Damit deckt das Pedal vom Slapback über rhythmische Begleiteinsätze bis hin zu massiven Echo-Kaskaden eine breite Palette ab. Neben den durchweg guten Sounds fällt auch angenehm auf, dass ein Drehen der Potis während des Effekts, anders als bei anderen Delays, keinerlei Störgeräusche erzeugt.
IM EINSATZ
Was im oberen Text eventuell kompliziert geklungen haben mag, erweist sich in der Praxis – auch dank der Farbgebung – als schnell verständliches Konzept. Die beiden Standard-Zusatzoptionen „Trails ja/nein“ sowie die Möglichkeit, zwischen zwei Sounds zu wählen, lassen sich wortwörtlich im Handumdrehen einbringen. Der Wet Reverb ist dabei besonders leicht zu durchschauen, beim Seraphim kommt auf Fußtritt zum Hall ein weiterer Effekt hinzu. Das Echelon ist das komplexeste Pedal der Reihe, aber ebenfalls sehr gut zu bedienen. Welchen Grund-Sound der Effekte man bevorzugt, bestimmen der persönliche Geschmack und der Einsatzzweck, aber beide Optionen bieten jeweils gute Möglichkeiten.
Das Fehlen von Anschlüssen zur externen Steuerung fällt nicht übermäßig ins Gewicht, schön gewesen wäre dieses Feature trotzdem. In Sachen Klang präsentieren sich die Pedale in einer sehr guten Form – nicht umsonst fällt beim Begriff Neunaber häufig die Formulierung von „Studio-Qualität in Pedalform“. Dieser hohe Anspruch macht sich allerdings auch im Preis bemerkbar.
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RESÜMEE
Die drei Upgrades bieten jede Menge Zusatznutzen und belegen dabei, dass sich auch auf kleinem Raum ohne Verlust der Übersicht einiges unterbringen lässt. Sound-mäßig spielen die Neunabers in der Oberklasse, die neuen Optionen lassen sich schnell und einfach ins Spiel bringen und erweitern so die Möglichkeiten im Vergleich zu den Vorgängern beträchtlich.
PLUS
● Klangqualität
● Auswahl zwischen verschiedenen Grund-Sounds
● zusätzliche Optionen (Echelon, Seraphim)
● wertige Hardware
MINUS
● keine Anschlüsse zur externen Steuerung
(erschienen in Gitarre & Bass 08/2022)