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Test: Nepomuk Amplification Fünfzehn Ltd. Edition

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Nepomuk Amplification 15 Ltd. Edition(Bild: Dieter Stork)

Wer hätte das gedacht? Fünfzehn Jahre existiert nun schon die österreichische Edelverstärkerschmiede in Weng nahe der deutschen Grenze. Gebührend feiert Firmenchef Martin Schmitzberger dieses Jubiläum mit der limitierten Auflage eines ganz speziellen Nepomuk-Combos.

Von ein paar klangneutralen Halbleitern im Reverb-Schaltkreis abgesehen, basiert der 15-Watt-Combo auf reiner Röhrentechnologie. Hier findet sowohl die bewährte Clean-Vorstufe des Nepomuk 08/18, Pico bzw. Scrambler, als auch die Boost-Röhrenstufe des Letzteren Verwendung.

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Weitere Goodies sind ein röhrenbetriebenes Tremolo und ein massives in allerfeinster Tischlermanier gefertigtes, seidenmatt lackiertes Walnussgehäuse mit penibel intarsiertem Anniversary-Emblem an der linken Seite und strapazierfähigem Flechtrohrgewebe mit Walnusslogo vorne. Ein robuster Zweifachfußschalter mit Walnusswangen und ein gepolstertes Kunstleder-Cover zählen ebenso zum Lieferumfang wie die sehr ausführliche Bedienungsanleitung.

Nepomuk Amplification 15 Ltd. Edition
Anniversary-Emblem (Bild: Dieter Stork)

SCHMUCKSTÜCK

Die wohnzimmergerechte Optik des Nepomuk Fünfzehn soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass der kleine Combo dem physischen Stress des Road-Alltags problemlos gewachsen ist. Das schwalbenschwanzverzahnte Walnussgehäuse wird durch zusätzliche Vierkantleisten, die Schall- und Rückwand sowie das Stahlblechchassis der Amp-Sektion stabilisiert. Wegen der stark verrundeten Kanten, vor allem aber aus optischen Gründen, hat Martin Schmitzberger auf Eckenschutz verzichtet.

Trotz des massiven Holzgehäuses bringt der kleine Combo gerade mal 13 kg (ohne Netzkabel, Fußschalter und Cover) auf die Waage, was einen leichten Lautsprecher vermuten lässt. In der Tat wiegt der von hinten montierte Jupiter-12-Zöller mit seinem kleinen Keramikmagnet schlappe 1,69 kg. Sowohl das versenkte Bedienfeld als auch die Rückseite des Amp-Chassis hat man mit Walnussplatten versehen, Letztere per Alufolie abgeschirmt.

Überall garantieren Edelstahlschrauben und Einschlaggewinde bzw. Käfigmuttern zuverlässige Verbindungen. Im von innen verschraubten Stahlblechchassis – außen stören nirgendwo Schraubenköpfe die Optik – trifft man auf moderne, solide Platinenbauweise, hochwertige Bauteile und gesteckte bzw. verlötete Kabelverbindungen. Die Beschriftungen der Bedienelemente und Anschlüsse hat man gelasert oder graviert. Wie auch immer, sie sind auf den Walnussplatten gut zu erkennen. Aufbau und Verarbeitung lassen hohe Ansprüche an Qualität und Fertigungsniveau erkennen.

Während in der Vorstufe eine 12AX7WB und zwei ECC83S zum Einsatz kommen, beschäftigt die Class-AB-Gegentaktendstufe zwei EL84-Röhren. Selbige hängen gesichert in ihren Sockeln und werden zusätzlich durch einen Lochblechkäfig geschützt. Die horizontal nach vorne eingesetzten Vorstufenröhren sind indes schwer zugänglich, wodurch sich ein eventueller Austausch extrem umständlich gestaltet. Bei entsprechender Behandlung (Aufheizen/ Abkühlen) müssen diese jedoch erfahrungsgemäß erst nach 10-15 Jahren ersetzt werden.

Das Bedienfeld startet rechts mit dem Klinkeneingang, es folgen die Regler Gain, Tone, Tremolo Speed (mit LED-Anzeige), Tremolo Depth, Reverb (Level) und (Master-)Volume sowie die Schalter Bright, Boost, Tremolo Fast/Slow, Standby (Full/Half Power) und Power (beleuchtet).

Auf der Rückseite finden wir den Netzanschluss, zwei Sicherungshalterungen, Line Out (Signalabgriff hinter dem Speaker-Ausgang), External Speaker 16 Ohm (interner Lautsprecher wird abgeschaltet), External Speaker 8 Ohm (interner Lautsprecher bleibt aktiv), Boost Gain Trim und zwei Footswitch-Anschlüsse. Über die TRS-Buchse 1 aktiviert der Zweifach-Fußschalter Tremolo und Reverb, über Buchse 2 Boost und Tremolo. Belegt man Buchse 2, lässt sich der Federhall mit dem Reverb-Regler kontrollieren.

Nepomuk Amplification 15 Ltd. Edition(Bild: Dieter Stork) Nepomuk Amplification 15 Ltd. Edition(Bild: Dieter Stork)

MEISTER DER VIELFALT

Die Empfehlungen der Hersteller beim Einschalten eines Röhren-Amps variieren mitunter beträchtlich. Während die einen ca. 30 Sekunden bis zum Aktivieren des Standby-Schalters für ausreichend halten, empfehlen andere 2 Minuten. Martin Schmitzberger belässt es bei 1-2 Minuten. In jedem Fall aber verlängert die Aufheizphase das Röhrenleben erheblich. Ebenso sollte man den Glaskolben vor dem Transport 5-10 Minuten zum Abkühlen geben, da heiße Röhren höchst empfindlich gegen Erschütterungen sind.

Nachdem der Nepomuk also aufgewärmt ist, verlangt der Standby-Schalter die Entscheidung, ob er mit 15 oder 7 Watt Endstufenleistung betrieben werden soll. Selbstverständlich kann man – über Standby – ohne Wartezeit zur halben bzw. vollen Leistung wechseln.

Ich entscheide mich zunächst für 15 Watt und drehe das Endstufen-Volume auf 8 (Skaleneinteilung 0-10). Damit Vintage-PAF-Type-Humbucker bei hartem Saitenanschlag dem 15th-Anniversary-Nepomuk absolut glasklare Clean-Sounds bei Akkord- und Solospiel entlocken, stelle ich Gain auf 2. Es zeigt sich, dass der Kleine im Zusammenspiel von Endstufe, 12-Zöller und Massivholzgehäuse ein gesundes, differenziertes Fundament hinlegt, das selbst den Hals-Humbucker adäquat und mit beeindruckender Wärme überträgt. Der Tone-Regler greift überaus beherzt ins Klanggeschehen ein und bietet ein breites Spektrum von bass- bis höhenlastig.

Apropos: Der Bright-Switch befindet sich derweil in Off-Position. Die PAFs betreffend, gefällt mir die Tone-Position 5 am besten. Es gibt also noch jede Menge Luft nach unten wie nach oben. Dreht man Volume auf 10, nimmt der Ausgangspegel nur noch leicht zu, die Klangfülle jedoch beträchtlich, und zwar ohne dem Amp Klarheit und Definition zu nehmen.

Während Volume auf 10 bleibt, erhöhe ich Gain auf 3. Die Lautstärke nimmt ordentlich zu, und bei intensiver Attack betritt erstes Anzerren die Szene. Kraftvolle Powerchords und dynamisch variierendes Soloclean bis -zerren erfreuen mein Ohren. Ich erhöhe Gain auf 4. Hier dürfte jeder Blues-Purist seinen favorisierten Sound-Bereich finden, denn jetzt bestimmen allein Gitarren-Volume und Anschlagsdynamik Klangfarbe und Zerrintensität. Gleichzeitig zeigen die Endröhren erste Sättigung.

Erhöht man Gain weiterhin schrittweise, nimmt die Zerrintensität kontinuierlich zu, bis sie in einem wunderbar singenden Leadsound der Kategorie Bonamassa endet. Ausdrucks- und durchsetzungsstark, klar, differenziert, lebendig und – Achtung (!) – extrem nebengeräuscharm. Die Interaktionsfähigkeiten des kleinen Combos bleiben übrigens noch bis zur Gain-Vollaussteuerung erhalten, soll heißen, der Amp reagiert auch bei extremeren Zerr-Settings nahezu uneingeschränkt auf Spieldynamik und Gitarrenpotis.

Beim Wechsel zu einer Vintage-Strat sind Pegel- und Klanganpassungen schnell erledigt. Tone um 2 Striche runter auf 3, Gain immer 2 Striche höher als bei der Paula. Der Bright-Schalter betont abhängig vom Gain-Setting die Brillanz der Höhen. Je höher Gain umso geringer die Brillanzanhebung, die ab Position 8-9 nicht mehr wahrzunehmen ist.

Mit der Boost-Funktion wird eine zusätzliche Röhrenstufe aktiviert. Dazu muss der kleine Boost-Schalter in die linke Position gebracht werden. Abhängig von der Einstellung des Gain-Potis erhöht Boost nicht nur die Zerrintensität, sondern auch die Lautstärke. Um per Boost-Funktion dem Sound einen Overdrive-Anstieg mit praktikablem durchsetzungsstarken Lead-Pegel zu verleihen, empfiehlt es sich, Gain auf 5 und den rückseitigen Boost-Level-Trimmer voll aufzudrehen. Sind beide Potis auf Rechtsanschlag, ist zwar der Lautstärkezugewinn sehr gering, die Zerrstruktur wird jedoch deutlich dichter. Im Auslieferungszustand befindet sich der Boost-Level-Trimmer in Mittelposition.

Der röhrenbetriebene Tremolo-Effekt gestattet die Wahl von zwei Speed-Bereichen, sodass ein breites Spektrum von Tremolo-Geschwindigkeiten zur Verfügung steht. Genau dort wo der Slow-Bereich nach oben hin endet, beginnt das Fast-Spektrum. Simultan wird Tremolo Speed sowohl am Nepomuk als auch am Fußschalter durch eine synchron pulsierende rote LED angezeigt.

Über den Depth-Regler lässt sich der Effekt stufenlos von sphärisch und weich bis zu stakkato-artig abgehackter Modulation variieren. Steht der Fußschalter nicht zur Verfügung, ist das Tremolo permanent in Betrieb. In diesem Fall lässt es sich durch Abdrehen des Depth-Potis deaktivieren.

Soll der mitgelieferte Fußschalter statt Boost und Tremolo (Fußschalteranschluss 1) Tremolo und Reverb aktivieren, muss er mit Buchse 2 verbunden werden. Aufgrund seiner Dichte und Wärme klingt der Federhall sehr natürlich. Der Reverb-Regler kontrolliert den Effektpegel und mischt diesen dem Direktsignal zu.

Selbst bei voll aufgedrehtem Poti klingt der Hall (Decay Time etwa 4 Sekunden) sauber und klar bei vernachlässigbaren mechanischen Nebengeräuschen. Für meinen Geschmack hat Martin Schmitzberger mit dem Jupiter 12SC für den Nepomuk 15 Ltd. eine gute Speaker-Wahl getroffen. Dieser harmoniert hervorragend mit den sehr variablen Klangeigenschaften des Amps und beschert ihm in Kooperation mit dem Holzgehäuse ein gesundes praxisgerechtes Fundament, durchsetzungsfähige Mitten und gleichermaßen luftige wie lebendige Höhen.

Nepomuk Amplification 15 Ltd. Edition
Hochsolide Verarbeitung (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit überaus harmonischem Zerrverhalten, herausragender Dynamik und geringen Nebengeräuschen kann der in limitierter Stückzahl handgefertigte Nepomuk-Fünfzehn-Combo auf ganzer Linie überzeugen. Angesichts des vielfältigen Sound-Angebots und der Ausgangsleistung von 15 bzw. 7 Watt ist man geneigt, den Einsatzbereich des Kleinen – und überraschend Leichten (!) – aufs Recorden zu beschränken.

Doch Nepomuk kann ordentlich Alarm machen, sofern man ihn nicht auf cleane Sounds festlegt. Die Ohren können sich über ein breites Gain-Spektrum, ein sehr variabel einstellbares Röhren-Tremolo, natürlich klingenden Federhall, die röhrenbetriebene Boost-Schaltung und einen effizienten Tone-Regler freuen, während die Augen das massive Walnussgehäuse mit Flechtrohr-Front genießen werden. Quasi als Geburtstagsgeschenk legt der Hersteller noch ein gepolstertes Kunstleder-Cover und einen soliden Doppelfußschalter drauf. Kurz: Klasse Amp zum überaus fairen Preis

PLUS

  • Sounds
  • klanglich sehr variabel
  • harmonisches Zerrverhalten
  • Dynamik, Ansprache, Durchsetzungsvermögen
  • Hall­ und Tremolo­-Klang
  • regelbarer Röhren­-Boost
  • nebengeräuscharm
  • Qualität der Bauteile
  • exzellente (Hand­)Verarbeitung
  • Fußschalter und gepolstertes Cover inklusive

MINUS

  • Wechsel der Vorstufenröhren umständlich

Nepomuk Amplification 15 Ltd. Edition

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2020)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich hatte das Glück, noch einen Amp dieser limitierten Serie zu ergattern.
    Ich kann den Testbericht voll inhaltlich bestätigen. Spiele seit gut 40 Jahren live in Cover- und Rockbands. Habe einige alte Vintage-Amps zuhause, kann somit auch gut vergleichen.
    Dieser 15er Nepomuk hat mich wirklich positiv überrascht. Ich dachte nicht daß dieser in einem Vergleich mit Fender-Tweed und – Blackface Amps bestehen kann. Besonders hervorheben möchte ich die unglaubliche Dynamik, selbst bei stärkerer Zerre. Selbst das Klangbild meines alten einkanaligen JCM800 Marshall-Combo läßt sich reproduzieren.
    Die Reaktion auf das Volumenpoti der Gitarre ist vorbildhaft, man braucht hier nicht mehrere Kanäle, richtig oldschool! Was mir aufgefallen ist, ein Treble Bleed in der Gitarre ist gar nicht notwendig, die Reaktion ist ähnlich einem vorgeschaltetem Treble-Booster, wer das kennt.
    Ich kenne auch keinen anderen Amp bei dem die Boost-Stufe gleich laut oder sogar leiser einzustellen geht. Man könnte den Amp auch als Zweikanaler ansehen. Ohne Boost warmer, sauberer, charaktervoller Clean-Ton. Mit Boost etwas höhenreicher und tighter, Zerre je nach Stellung des Gainreglers. Das eben nicht unbedingt lauter wenn man möchte.
    Das Tremolo möchte ich noch hervorheben. Den Vergleich mit Vox und Fender 60`s hält der Amp stand.
    Sehr gefallen hat mir die professionelle Beratung bei Nepomuk. Ich wollte einen etwas stärkeren Speaker, mir wurde von Martin Schmitzberger der Jupiter-12″er mit 50 Watt empfohlen und eingebaut. War die richtige Wahl für mich.
    Ein Röhrencombo macht gerne Nebengeräusche bei größerer Lautstärke. Dieser Nepomuk ist äußerst stabil gebaut, selbst die elektr. Bauteile (Kondensatoren usw.) sind zusätzlich geklebt und gesichert. Kein Rasseln, Scheppern und dergleichen. Die Holz-Naturoptik ist wunderschön, auch die Lackierung ist vorbildhaft. Ein Wohnzimmermöbel!
    Ein äußerst wertiges Produkt, so stellt man sich einen Boutique-Amp vor.
    Ich kann die Marke Nepomuk aus Österreich nur empfehlen. Siehe auch die User-Liste auf der interessanten Homepage.

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