Look mom, no hands!

Test: Nektar Pacer, NP-1 und NX-P

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(Bild: Dieter Stork)

Hands-free DAW & MIDI Control. Das Kontrollieren deiner Recording-Software und etwaiger MIDI-Geräte ganz ohne die Hände einzusetzen – das verspricht Nektar mit dem Pacer Board.

Beim ersten Anblick wirkt das Pacer der Fima Nektar wie ein stinknormales MIDI Board, wie es sie schon seit Jahrzehnten gibt. Stimmt auch irgendwie. Und dann halt doch wieder nicht. Denn schnell fällt auf, dass direkt auf dem Gerät schon Anzeigen für die Track- und Transportsteuerung vorhanden sind. Das Pacer möchte also gerne deine All-In-One (Home-)Studio Lösung werden. Tatkräftige Unterstützung erhält es dabei durch die Helferlein NP-1 und NX-P. Ein Fußtaster und ein Expression Pedal.

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Alle Geräte sind erstaunlich günstig. Schauen wir mal, ob dies ein Vorteil ist, oder ob hier an der falschen Ecke gespart wurde.

Äussere Eindrücke

In schlichter aber solider Verpackung kommen die drei Helferlein zu einem nach Hause. Ich hätte ja „kleine Helferlein“ geschrieben, aber zumindest auf das Pacer Board trifft das nicht zu. Hier haben wir es mit einer ausgewachsenen MIDI-Leiste zu tun. Diese bietet elf Taster und ein Endlos-Poti. Auf dem Display oben rechts wird das aktuelle Preset angezeigt. Wem das Board allein nicht reicht, der kann mit jeder Menge Peripherie glücklich werden.

Auf der Stirnseite finden sich zwei Stereo-Anschlüsse für Relays, zwei Stereo-Anschlüsse für Fußschalter, zwei Expression-Pedal-Anschlüsse und natürlich MIDI-Out, USB und der 9-V-Anschluss. In kompletter Ausbaustufe könnte man also vier weitere Fußschalter und zwei Expression Pedale anschließen und vier Amp-Funktionen per Relay steuern. Doch auch mit MIDI Out und USB kann man schon sehr viel erreichen.

(Bild: Dieter Stork)

Der Fußschalter NP-1 ist sympathisch klein, rutschfest auf Ober- und Unterseite und wirkt robust und optisch ansprechend. Es gibt zwar keinen definierten Druckpunkt, aber die Bedienung fühlt sich dennoch gut an und klappt dank der großen Trittfläche auch ohne Schuhe super.

Ähnliches gilt für das NX-P Expression Pedal. Es bietet eine gute Trittfläche ohne viel Platz zu vergeuden und hat einen angenehmen Widerstand. Allerdings ist auch etwas mehr Plastik verbaut, wodurch es einen weniger robusten Eindruck als das MIDI Board oder der Fußschalter macht.

Man kann hier die Polarität umschalten, leider stehen hierfür nur die Modi „1“ und „2“ zur Verfügung, ohne eine Erklärung, was dies bedeutet.

Der Fußschalter ist für seine € 19 ein absolutes Schnäppchen, gleiches gilt für das Expression Pedal mit € 25. Einziger Wermutstropfen sind die fest angebrachten Kabel. Diese haben aber eine angenehme Länge, die für fast alle Situationen angemessen sein sollte.

Funktionen

Selbst für ein „normales“ MIDI-Board wären die aufgerufenen € 250 ganz OK. Doch das Pacer hat ja noch einiges mehr zu bieten. Also mal im Netz nachschauen was geht. Wer mal eben die Website des Herstellers aufruft stellt schnell fest, dass sich die Firma üblicherweise gar nicht so viel mit Gitarristen beschäftigt. Also schnell die Keyboard-Website geschlossen und wieder rein ins Thema MIDI. Und ganz klar: MIDI Befehle kann das Pacer natürlich senden. Aber es bietet eben auch einen sehr umfangreichen DAW Support. Da wäre erst mal die Mackie MCU Unterstützung. Das entsprechende Format wird von fast allen Sound- und Recording-Tools unterstützt. Als Beispiel sei hier Ableton genannt.

Für bestimmte weitere DAWs bietet Nektar sogar eine tiefere Integration. Wer also Cubase, GarageBand, Logic, Nuendo, Reason, Reaper oder Bitwig im Einsatz hat, sollte noch umfangreichere Möglichkeiten erhalten.

Klingt ja super. Persönlich nutze ich Reaper, also schnell das Board registriert, die entsprechende Software gratis heruntergeladen und das Pacer per USB angeschlossen. Mein Rechner erkennt das Gerät auch ohne Probleme, doch die Steuerung der DAW wollte einfach nicht klappen. Selbst nach sehr umfangreichem und freundlichem Support des Herstellers haben wir es nicht zum Laufen gebracht, also habe ich mir die Berliner Software Bitwig heruntergeladen, für die ein Coupon beiliegt. Und siehe da: Hier klappt auf Anhieb alles super und ich kann endlich testen, ob das Pedal hält was es verspricht.

Kurz gesagt: Ja. Es ist schon super praktisch: Einfach den passenden Track in der DAW anwählen, fürs Recording scharfschalten, noch schnell das Metronom aktivieren und auf Aufnahme drücken. Und das alles ohne die Hände zu nutzen. So kann man ganz bequem in der idealen Recording-Haltung oder -Position verweilen und muss nicht immer zum Rechner sprinten. Wenn der Track passt, schaltet man diesen einfach auf Mute, springt zum nächsten, ändert nebenbei noch per Relay den Kanal am Amp und weiter geht’s.

Spannender wird es, wenn man zusätzlich noch MIDI-Geräte einbindet. Bisher haben wir ja nur über die USB-Verbindung zum Rechner gesprochen. Wer aber nicht gerade nur eine Schaltung für die DAW und Kanal-Switcher für den Amp sucht, wird auch an mehr interessiert sein. MIDI ist natürlich mittlerweile so alt und etabliert, dass hier einfach alles funktioniert. Zum Test habe ich mein Axe-Fx III angeschlossen und es per Pacer gesteuert. Für diverse Produkte wie das Axe-Fx II, oder ein Line6 Helix gibt es schon vorbelegte Presets, sodass man gar nichts mehr programmieren muss.

Doch auch so war das kein großes Problem. Es gibt nämlich einen Nutzer, der einen browserbasierten Patch-Editor gebaut hat. Es ist zwar schade, dass dieser nicht gleich von der Firma selber bereitgestellt wird, macht aber nichts, denn er funktioniert wunderbar. So kann man schnell alle nötigen Befehle einrichten und abspeichern. Und schon wechsle ich nicht nur Tracks in der Software und kann meine Spuren einpunchen, sondern schalte zwischendurch auch Amps und Effekte am Axe-Fx.

Das macht schon ziemlich Spaß und ist ja auch noch nicht alles. Beim Laden eines Presets können bis zu 16 MIDI-Befehle geschickt werden.

Man kann also sofort alles „einrichten“ und so umschalten, wie man es braucht, ohne einen Stepptanz durchführen zu müssen. Spätestens hier kommt der Firmen-Background zum Tragen und es ist schon beeindruckend, was noch alles möglich ist.

So dachte ich zunächst auch, dass mir schnell die Schalter ausgehen würden, aber es ist tatsächlich so gut durchdacht, dass man aus dem zur Verfügung stehenden Platz das Meiste herausgeholt hat. Und wenn es doch nicht reicht, gibt es ja noch die günstigen externen Fußschalter und Expression-Pedale. Diese funktionieren übrigens ohne jedwedes Problem und sind angenehm zu bedienen. Das Expression-Pedal bietet dabei einen praktikablen Regelweg und integriert sich sehr gut in das Hauptprodukt.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Nektar hat hier einen Preisbrecher mit unzähligen Funktionen auf den Markt geworfen. Zwar gab es bei mir Probleme mit Reaper, doch klappte die Verbindung zu Bitwig so schnell, dass ich davon ausgehen würde, dass dies ein ganz konkretes Problem in meinem Einzelfall war und bleibt. Die Möglichkeiten, alle wichtigen DAW-Funktionen per Fuß zu schalten und dann auch noch zwischendurch Amp-Kanäle und Effekte wechseln zu können, ist schon eine feine Sache.

Jeder, der sich schon mal darüber geärgert hat, bei einer Recording-Session immer zwischen Gitarre und Computer wechseln zu müssen, dürfte hier einen würdigen Sparringspartner finden. Verarbeitung, Preis und Funktion lassen das Pacer ganz klar zur Kaufempfehlung werden. Gleiches gilt – trotz leider fester Kabel – auch für das Expression Pedal und den Fußschalter.

PLUS

  • Preis
  • Daw-Integration
  • Vielseitigkeit

MINUS

  • Probleme bei der Verbindung mit Reaper

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2019)

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