Ohne Schnickschnack

Test: Morley Analog Multi FX (AFX-1)

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(Bild: Dieter Stork)

Vor Kurzem spielte ich mit der Band einen Gig auf einem Festival in UK. Die Erfahrung, ein großes Pedalboard mit einem Dutzend Effekten, Kabeln, Schaltern etc. als Sperrgepäck ins Flugzeug und durch den deutschen wie auch britischen Zoll zu bringen, ist etwas, was ich nicht gerne wiederholen möchte. Nicht nur ein Mal wanderten meine Gedanken im Frust zu einer sonst von mir geschmähten Multieffekt-Lösung. Und siehe da, ein paar Tage später flattert – na gut, vielleicht nicht der richtige Ausdruck bei diesem soliden Teil – das Morley Analog Multi FX, kurz AFX-1, zur Tür herein.

GEBAUT FÜR DIE EWIGKEIT

Gewalzter Stahl, ein gewisses autoritäres Gewicht, unkaputtbare Verarbeitung und ein etwas retro-orientiertes Design: So kennt man Morley, und so lieben es die Fans. In der Beschreibung des AFX-1 verweist Morley auf die 1970er-Jahre – aber wenn ich mir die Knöpfe und die Schriftarten auf dem Gerät so anschaue, spüre ich eher 1990er-Jahre-Vibes. Laut Morley tuckern unter der Haube Schaltkreise im Stil der 70s – denn das AFX-1 ist ein rein analoges Multieffektgerät.

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Mit 175 mm Tiefe und 305 mm Länge ist es relativ kompakt, beinhaltet aber auch nur vier Effekte: Distortion, Chorus, Delay, das hier Echo genannt wird, und selbstverständlich ein Wah-Wah. Der Signalweg ist dabei: 1. Wah, 2. Distortion, 3. Chorus, 4. Echo. Zwischen Distortion und Chorus befindet sich ein FX-Weg, in dem man weitere Effekte einschleifen kann. Das Echo und der Chorus können auch in Stereo betrieben werden (das AFX-1 hat dafür zwei Ausgänge).

Das Wah arbeitet, wie von Morley gewohnt, ohne mechanischen Schalter und wird einfach aktiviert, wenn man den Fuß draufsetzt. Wie bei allen Morleys befindet man sich bei Betätigung des Wahs also im tiefen EQ-Bereich des Filters, nicht ganz „oben“ wie bei anderen Wahs, die man mit den Zehenspitzen aktiviert. Das kann für Nicht-Morley-User erst mal ungewohnt sein, ist aber eben ein Design-Merkmal von Morley.

Der Distortion-Effekt ist zweikanalig: Neben dem eigentlichen Grundsound gibt es noch den „Hi Gain“- Modus, mit dem man noch mal eine ordentliche Schippe drauflegen kann. Dieser ist nicht unabhängig vom Distortion betreibbar. Die Distortion-Einheit kann man mit einer Dreiband-Klangregelung steuern (High/Mid/Low); „Pre“ regelt den Verzerrungsgrad des Grundsounds, „Hi Gain“ den des, tja, Hi-Gain-Modus, und „Post“ ist ein Master-Volume.

Der Chorus kommt mit nur zwei Reglern: Depth und Rate, die jeweils den Effektgrad sowie die Geschwindigkeit der Modulation regeln. Echo daneben wartet mit drei Reglern auf: Mix regelt den Effektanteil, Repeats die Zahl der Wiederholungen und Echo die Länge des Delays – leider schweigt sich Morley darüber aus, aber da es sich um ein analoges Delay handelt, gehe ich von maximal 300ms aus (und so klingt es auch).

Das AFX-1 läuft mit 9V DC, ein Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen. Dem Gerät liegt eine extra Stromversorgung von True Tone bei, die das Teil mit 1.700 mA speist – das ist eine ganze Menge und will wohl bedacht werden, wenn man plant, das AFX-1 in ein Board zu integrieren und es mit einem Powerbrick füttern will. Denn in der Regel gehen die Ausgänge da nur bis 500 mA, wenn überhaupt.

Die Verwendung von kleinen Plastikfüßchen sagt uns ebenfalls, dass das AFX-1 nicht zwingend für den Betrieb auf einem Pedalboard konzipiert wurde, sondern als Do-it-All-, Standalone-Gerät. Ins Handgepäck würde es auf jeden Fall passen, die 1,8 kg Gewicht des AFX-1 würden da aber ordentlich das 8kg-Limit der Fluglinien ausreizen …

(Bild: Dieter Stork)

LET’S ROCK

Nach einem kurzen Kampf mit einem Wackelkontakt am Wah geht das Morley problemlos und geräuscharm in Betrieb. Einen Ein/Aus-Schalter hat es nicht, und selbst wenn alle Effekte deaktiviert sind, ist ein Buffer mit im Spiel – das AFX-1 ist nichts für True-Bypass-Fetischisten, auch das kennt man so von Morley. Ein Oldschool-Fuzz sollte man also wirklich davor packen.

Fangen wir mal mit dem Wah an: Wie immer bei Morley kann man es butterweich mit einem sanften Stupser der Fußsohle aktivieren; eine starke Feder zieht es sofort wieder in den Bypass zurück, wenn man den Fuß anhebt.

Wie so oft bei Morley heißt das: Es ist nicht möglich, das Pedal in einer „cocked Wah“-Soundposition zu belassen. Wer „Money for Nothing“ rezitieren will, muss mit dem Fuß auf der Klappe bleiben. Der Sound des Wahs ist im besten Sinne neutral, nicht zu spitz, und lässt sich für viele Anwendungen einsetzen. Er hat genau die richtige weiche vokale Note, die man in den meisten Fällen will. Für meine Ohren eher Vox-Wah als Cry-Baby-Soundkultur. Der etwas andere Regelweg ist dabei Gewöhnungs- und Geschmackssache – Morley-User kennen es so, andere müssen „dat Jefühl“ im Fuß vielleicht erst mal anpassen.

Lassen wir das Signal mal weiter zur Distortion laufen. Ein extrem leckerer, saftiger Zerrsound tönt hier aus den Boxen. Das Pre-Poti überzeugt dabei mit einem sehr geschmeidigen Regelweg: Von zart bis hart ist alles drin. Für mich muss ein gutes Distortion-Pedal auch bei Low Gain überzeugen, und das tun beileibe nicht viele; das Morley aber auf jeden Fall. Bryan Adams und AC/DC sind problemlos einstellbar, und die Dreiband-Klangregelung erlaubt ohnehin so gut wie jeden Sound, den man sich wünscht, selbst Tube-Screamer-Gefilde.

Wie aber klingt der Hi-Gain-Modus? Ebenfalls sehr satt und geschmeidig, es lässt sich allerdings eben nur der Verzerrungsgrad regeln, nicht die Lautstärke. Das bedeutet, dass der Hi-Gain-Modus als Solo-Boost nur bedingt taugt, und wir alle kennen es aus leidvoller Erfahrung: Mehr Gain bei gleichbleibender Lautstärke bedeutet, dass man im Bandkontext dann schnell mal untergeht. Hier hätte ich mir einfach noch ein separates, nachgeordnetes Volume-Poti gewünscht.

Klanglich erreicht man mit dem Hi-Gain-Modus auf jeden Fall 1980er-Hardrock- und Metal-Gefilde, und erneut erlaubt die Klangregelung sehr viel. Gut, einen Triple Rectifier kann man mit dem Teil nicht emulieren, aber so ziemlich alle anderen klassischen Bodentreter und Verzerrer-Sounds der 1970er- bis 1990er-Jahre.

Kommen wir mal zum Chorus. Hier überzeugt das AFX-1 leider nicht so wirklich. Aktiviert man den Chorus, fällt die gefühlte Lautstärke ab. Vermutlich, weil er die Bässe beschneidet und den Sound metallisch ausgedünnt klingen lässt. Das kann man durchaus so mögen, aber ein wohlig-dicker Chorus-Sound ist hier zumindest im Mono-Betrieb nicht drin. Mich erinnert das Geschehen eher an den Electro-Harmonix Small Clone mit eher „flangiger“ Note.

Der Depth-Regler hat nicht besonders viel Effekt auf den Sound. Auch Rate funktioniert anders, als man es erwartet: Die Geschwindigkeit lässt sich damit über ungefähr neun Zehntel des Regelwegs nur sehr langsam steigern, dann blubbert der Chorus recht unvermittelt los. Im Stereo-Modus klingt der Chorus sicherlich deutlich fetter, aber er müsste eben auch im normalen Mono-Betrieb gut klingen, denn nicht jeder hat ein Stereo-Setup.

So, nun zum Echo: Hier bekommt man klassische, analoge Delay-Sounds auf die Ohren, irgendwo zwischen Ibanez AD-9 und Electro-Harmonix Deluxe Memory Man. Wohl eher mehr Letzteres, denn die Klangkultur hat einen leicht metallischen Beigeschmack, der für Kenner durchaus den Reiz ausmacht. Nicht zu dumpf, nicht zu clean, aber irgendwie flashig. Ich schwelge mit nur einigen kurzen Einstellungen im Sound des frühen The Edge, so auf den ersten drei U2-Alben, als er noch mit recht kurzen und schnellen Delay-Einstellungen arbeitete. Das ist auf jeden Fall überzeugend.

Das Fehlen eines Tap-Tempos ist hier kein Makel, denn dieses Delay ist nicht dazu gedacht, exakt auf dem Beat eine Riff-Erweiterung zu bieten, sondern eher dazu, den Sound anzudicken und interessanter zu machen. Das macht es auf jeden Fall mit Bravour. Wie klingen alle zusammen? Tja, sehr gut aufeinander abgestimmt und schön miteinander einsetzbar, da gibt es nichts zu meckern. Der BassCut des Chorus macht übrigens im Zusammenspiel mit der Distortion wieder Sinn, denn die wartet mit sehr viel Bass-Anteilen auf. Metallischer Chorus + Distortion = 1990er-Grunge in seiner Reinform!

Auf der nächsten Seite: Alternativen & Resümee

(Bild: Dieter Stork)

ALTERNATIVEN

Vergleicht man das AFX-1 mit Konkurrenten ähnlicher Bauweise, sieht die Bilanz gemischt aus: Zuletzt hatte ja Blackstar mit der Amped-Serie (€ 499/599) für Furore gesorgt, und auch das Two Notes ReVolt (€ 389) kommt sofort in den Sinn – beide inklusive Amp/Cab-Sims. Und das sind nur zwei von vielen weiteren All-inOne-Lösungen. Die haben aber alle kein Morley Wah mit an Bord, dessen Preis (ich gehe hier von dem kleinformatigen Morley MTCSW Mini Classic Switchles für € 149 aus) noch dazukäme. Dennoch muss man schon beinharter Digital-Hasser sein, um das AFX-1 als die einzige Lösung zu akzeptieren.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Erfüllt das Morley AFX-1 denn nun die Anforderungen an einen Allrounder? Die Antwort ist ein klares „Jein“: Es kommt darauf an, was der User braucht. Wer Live mit Dutzenden von Sounds hantiert, wird mit dem Morley keinesfalls sein ausuferndes Pedalboard ersetzen können. Dafür bietet es zu wenige verschiedene Sounds und (mit Ausnahme der Distortion) Einstellmöglichkeiten.

Es richtet sich aber auch nicht an derartige User:innen, sondern eher an solche, die in den frühen 1980ern oder mit 1990er-Grunge sozialisiert wurden – und im Set nur zwei, drei Sounds brauchen. Ein Nirvana-Coverband-Gitarrist käme hiermit genauso gut klar wie ein Guns’n’Roses-Fan. Soll es dann noch etwas mehr sein, kann man das Morley ja immer noch im Verbund mit anderen Pedals, auch via dem eingebauten Einschleifweg, kombinieren.

Für den Einbau in ein Pedalboard ist es zwar an sich nicht konzipiert, aber erlaubt ist, was gefällt. Lediglich Gewicht und Stromhunger wollen dabei bedacht sein. Der erst mal heftig erscheinende Preis (€ 549 ) macht abschließend nachdenklich. Schwierig zu beurteilen ist, ob man mit dem Kauf von Einzeleffekten (inklusive Morley Wah), Mini-Pedalboard und Peripherie, billiger wegkäme – wohl nicht, allerdings könnte man sich so das Setup individueller (und einstellbarer) zusammenstellen. Klanglich ist das AFX-1 (bis auf den Chorus) über jeden Zweifel erhaben und bietet schöne Oldschool-Sounds ohne jeglichen modernen Schnickschnack.

PLUS

● Verarbeitung
● hervorragende Sounds (vor allem Wah und Distortion)
● einfachste Bedienbarkeit
● Stereo-Möglichkeiten
● FX-Weg

MINUS

● Chorus klingt etwas dünn
● Hi-Gain-Modus nicht in Lautstärke anpassbar
● Preis vs. Vielseitigkeit

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2023)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. 1700 mA, was soll da so viel Strom ziehen? Leute, ihr seid jetzt schon so lange dabei, da könnte man doch erwarten, dass das mal nachgemessen wird. Das ist keine Raketentechnologie und bei 9V auch nicht Lebensgefährlich. Sorry…

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  2. Habe auch ab und zuden Wackelkontakt im Wah, wie konnte dieser denn behoben werden? Ich habe bisher keinen Fehler gefunden…

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